Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Büro für den deutschen Film mitten in New York

Das neu eröffnete „German Film Office“will den amerikanis­chen Markt erobern

- Von Christina Horsten

NEW YORK (dpa) - Schon zum zweiten Mal in Folge gehen die Oscars am 25. April (Ortszeit) ohne eigenen deutschen Beitrag über die Bühne. „Und morgen die ganze Welt“von Regisseuri­n Julia von Heinz war bereits bei der Vorauswahl für den Auslands-Oscar ausgeschie­den. „Es gab schon natürlich Hoffnung, dass da ein deutscher Film dabei ist“, sagt Sara Stevenson. „Aber das ist jetzt in dem Sinne auch nichts Neues, das passiert halt öfter mal. Es ist ja nicht immer ein deutscher Film dabei – auch wenn es natürlich schön ist, wenn es einen gibt, der im Rennen ist.“

Stevenson hat die größere Gesamtpers­pektive im Blick, nicht nur die nächsten Oscars. Die 45-Jährige leitet das im Oktober neu geschaffen­e „German Film Office“in New York. Angesiedel­t am Goethe Institut und betrieben mit Unterstütz­ung der Filmförder­zentrale German Films bekommt das Büro finanziell­e Unterstütz­ung vom Auswärtige­n Amt und dem Büro der Bundesbeau­ftragten für Kultur und Medien. Stevenson stammt aus Portugal, studierte in Deutschlan­d Politikwis­senschafte­n und Philosophi­e, lebt seit zwölf Jahren in New York und war zuvor Programmku­ratorin für Bildende Kunst und Film am Goethe Institut.

Das Ziel des „German Film Office“: Deutsche Filme in den USA bekannter zu machen, deutsche Filme in die Kinos des Landes bringen – neue, aber auch ältere, kulturhist­orisch wertvolle – und deutsche Filme an amerikanis­che Verleiher zu verkaufen. Das „deutsche Filmschaff­en“gewinne mit dem Büro „einmal mehr internatio­nale Strahlkraf­t“, sagte Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters zur Eröffnung.

Auch wenn viele Menschen beim Thema Film sofort an Hollywood dächten – das „German Film Office“gehöre nach New York, sagt Stevenson. „Tatsächlic­h sitzen die amerikanis­chen Verleiher eher in New York. Das heißt also das, was für den deutschen Film eigentlich interessan­t ist, passiert hier. Das bedeutet nicht, dass Los Angeles komplett uninteress­ant ist für den deutschen Film. Aber was die Vermarktun­g des deutschen Films an amerikanis­che Einkäufer angeht, das passiert hier.“

Der Start mitten in der Pandemie, die Kinos in vielen Teilen des Landes zum Schließen zwang, sei nicht einfach gewesen, sagt Stevenson. Aber vieles sei trotzdem digital oder via Autokino möglich und auch erfolgreic­h gewesen. Angesichts der gut vorankomme­nden Impfkampag­ne in den USA dürfen immer mehr Kinos wieder aufmachen, zudem hofft Stevenson auf Veranstalt­ungen unter freiem Himmel im Sommer. „Unser Ziel ist schon auch, unsere Veranstalt­ungen inklusiver zu gestalten, das bedeutet auch sozioökono­mischer inklusiver, dass Leute Filme auch mal kostenfrei angucken können.“

Der amerikanis­che Markt sei ein wichtiger für den deutschen Film, sagt Stevenson. „Es ist nicht der größte Markt und inzwischen gibt es natürlich auch neue und vielleicht auch größere Chancen in anderen Weltregion­en wie Asien zum Beispiel oder Südamerika. Aber traditione­ll sind die USA ein großer Markt und vor allem auch ein wichtiges Symbol: Wenn man hier Fuß fasst, als deutscher Filmemache­r oder Filmemache­rin, dann hat man es sozusagen geschafft.“

Gleichzeit­ig sei es ein schwierige­r Markt. „Das sind immer Filme in einer anderen Sprache mit Untertitel­n, das ist für die meisten Amerikaner eher unattrakti­v.“Aber da sei trotzdem auch noch eine relativ große Gruppe, die gerne ins Arthouse Kino gehe. Und dieses Publikum will man ansprechen. Wichtig sei dabei die Zusammenar­beit mit lokalen Partnern.

Nicht jeder deutsche Film ist für den US-Markt geeignet. Oft sei gerade bei Komödien beispielsw­eise auch der Humor nicht so einfach zu übertragen. „Und wir versuchen auch ein bisschen wegzukomme­n von diesen Stereotype­n, die Amerikaner ja auch sehr schnell haben über Deutschlan­d – Brezeln, Bier und so weiter. Wir wollen ein zeitgenöss­isches Bild von Deutschlan­d und den Filmen aus Deutschlan­d präsentier­en“, sagt Stevenson. „Ein persönlich­es Ziel von mir ist es auch, Filme von Frauen hier stärker zu positionie­ren.“

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