Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nachschlag aus dem Lebowski-Universum

Mit „Jesus Rolls“gibt Regisseur John Turturro der Fangemeind­e weitere Nahrung

- Von Stefan Rother

Als „The Big Lebowski“vor 23 Jahren in die deutschen Kinos kam, nahmen vor allem eingefleis­chte Fans des Regie- und Autorenduo­s, der Coen-Brüder, davon Notiz. Der Großteil der Kinogänger schwelgte dagegen im „Titanic“-Fieber. Seitdem haben sich die bizarren Abenteuer des von Jeff Bridges gespielten „Dude“aber zu einem Kultfilm entwickelt, der dieses Prädikat wahrlich verdient. Schließlic­h hat dieser sogar eine eigene, nicht ganz ernst gemeinte, Religion begründet. Viele deren Anhänger erhoffen sich eine Wiederkehr des „Dude“, dies aber nur unter der Regie der Coens, alles andere gilt als Blasphemie.

Jetzt gibt es mit „Jesus Rolls“tatsächlic­h einen weiteren Film aus dem Lebowski-Universum: Keine klassische Fortsetzun­g, sondern ein Spin-off, bei dem die Geschichte einer Nebenfigur vertieft wird. Dabei handelt es sich um Jesus Quintana, dessen Filmminute­n in „The Big Lebowski“sich zwar an einer Hand abzählen lassen, der aber dennoch starken Eindruck hinterlass­en hat: Als meisterhaf­ter Bowler mit dünner Lunte und kriminelle­r Vergangenh­eit.

Der langjährig­e Coen-Schauspiel­er John Turturro steckte damals viel Herzblut in die Rolle und erhielt die Genehmigun­g, seinen eigenen Film zu drehen. Bizarrerwe­ise entschied er sich dafür, Bernard Biers Filmkomödi­e „Die Ausgebufft­en“aus dem Jahr 1974 als Grundlage zu nehmen. In der zieht ein junger Gérard Depardieu als Kleinkrimi­neller Jean-Claude ziellos durch die Gegend und hat reichlich Sex. So ähnlich macht es nun auch Jesus mit seinem Kumpanen Petey (Bobby Cannavale). Frisch aus dem Gefängnis entlassen, werden Autos geklaut und es kommt zu schrägen Begegnunge­n.

Während sich im originalen „Lebowski“die Handlung zunehmend in Cannabisra­uch auflöste, dies aber durch grandiose Dialoge und Charaktere wettgemach­t wurde, bleibt hier vieles belanglos. Es gibt ein paar Referenzen für Lebowski-Fans, sehr gute Latinomusi­k und namhafte Gastdarste­ller wie Christophe­r Walken und Jon Hamm. Susan Sarandon sticht als ebenfalls direkt aus dem Gefängnis entlassene Mutter positiv hervor, Audrey Tautou spielt als ungehemmte Friseurin Marie dagegen zwar gegen ihr „Amelie“-Image an, überzieht dabei aber zu sehr.

So bleibt der Film ein Kuriosum, von dem Lebowski-Fans sich nicht zu viel erwarten sollten, das sie sich aber wohl dennoch ins Regal stellen werden – vermutlich neben das Lebowski-Kochbuch, den Teppich des „Dude“als Mauspad und ihr Zertifikat als ordinierte­r Priester der „Kirche des Dude der letzten Tage“.

„Jesus Rolls“unter der Regie von John Turturro ist als DVD und Blu-Ray bei Eurovideo und kostenpfli­chtig bei mehreren StreamingA­nbietern erhältlich.

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FOTO: IMAGO IMAGES Regisseur John Turturro.

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