Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Nachschlag aus dem Lebowski-Universum
Mit „Jesus Rolls“gibt Regisseur John Turturro der Fangemeinde weitere Nahrung
Als „The Big Lebowski“vor 23 Jahren in die deutschen Kinos kam, nahmen vor allem eingefleischte Fans des Regie- und Autorenduos, der Coen-Brüder, davon Notiz. Der Großteil der Kinogänger schwelgte dagegen im „Titanic“-Fieber. Seitdem haben sich die bizarren Abenteuer des von Jeff Bridges gespielten „Dude“aber zu einem Kultfilm entwickelt, der dieses Prädikat wahrlich verdient. Schließlich hat dieser sogar eine eigene, nicht ganz ernst gemeinte, Religion begründet. Viele deren Anhänger erhoffen sich eine Wiederkehr des „Dude“, dies aber nur unter der Regie der Coens, alles andere gilt als Blasphemie.
Jetzt gibt es mit „Jesus Rolls“tatsächlich einen weiteren Film aus dem Lebowski-Universum: Keine klassische Fortsetzung, sondern ein Spin-off, bei dem die Geschichte einer Nebenfigur vertieft wird. Dabei handelt es sich um Jesus Quintana, dessen Filmminuten in „The Big Lebowski“sich zwar an einer Hand abzählen lassen, der aber dennoch starken Eindruck hinterlassen hat: Als meisterhafter Bowler mit dünner Lunte und krimineller Vergangenheit.
Der langjährige Coen-Schauspieler John Turturro steckte damals viel Herzblut in die Rolle und erhielt die Genehmigung, seinen eigenen Film zu drehen. Bizarrerweise entschied er sich dafür, Bernard Biers Filmkomödie „Die Ausgebufften“aus dem Jahr 1974 als Grundlage zu nehmen. In der zieht ein junger Gérard Depardieu als Kleinkrimineller Jean-Claude ziellos durch die Gegend und hat reichlich Sex. So ähnlich macht es nun auch Jesus mit seinem Kumpanen Petey (Bobby Cannavale). Frisch aus dem Gefängnis entlassen, werden Autos geklaut und es kommt zu schrägen Begegnungen.
Während sich im originalen „Lebowski“die Handlung zunehmend in Cannabisrauch auflöste, dies aber durch grandiose Dialoge und Charaktere wettgemacht wurde, bleibt hier vieles belanglos. Es gibt ein paar Referenzen für Lebowski-Fans, sehr gute Latinomusik und namhafte Gastdarsteller wie Christopher Walken und Jon Hamm. Susan Sarandon sticht als ebenfalls direkt aus dem Gefängnis entlassene Mutter positiv hervor, Audrey Tautou spielt als ungehemmte Friseurin Marie dagegen zwar gegen ihr „Amelie“-Image an, überzieht dabei aber zu sehr.
So bleibt der Film ein Kuriosum, von dem Lebowski-Fans sich nicht zu viel erwarten sollten, das sie sich aber wohl dennoch ins Regal stellen werden – vermutlich neben das Lebowski-Kochbuch, den Teppich des „Dude“als Mauspad und ihr Zertifikat als ordinierter Priester der „Kirche des Dude der letzten Tage“.
„Jesus Rolls“unter der Regie von John Turturro ist als DVD und Blu-Ray bei Eurovideo und kostenpflichtig bei mehreren StreamingAnbietern erhältlich.