Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Brennende Wohnwagen Verband geht von Anschlag aus

Verband Deutscher Sinti und Roma vermutet gezielte Aktion und kritisiert auch den Bürgermeis­ter

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WEIDENSTET­TEN (seli) - In den frühen Morgenstun­den des 19. März wurde eine Zirkustrup­pe, die sich in Wohnwagen in Weidenstet­ten aufhielt, von einem Feuer überrascht. Die Ermittlung­en zur Brandursac­he dauern laut Polizeiprä­sidium Ulm bis heute an. Der Verband Deutscher Sinti und Roma zumindest hat bereits eine Vermutung, wie es zu dem Brand kommen konnte. Sie ziehen einen antizigani­stischen Anschlag in Betracht, denn unter den Personen, die sich damals in den Wohnwagen aufhielten, seien auch Sinti gewesen.

Der Bewohner eines Wohnwagens hatte damals den Brand bemerkt und zwei weitere Personen geweckt, die in einem anderen Wohnwagen schliefen. Alle drei brachten sich in Sicherheit und blieben unverletzt. Durch die Hitze wurden zwei weitere Wagen beschädigt, die in der Nähe standen.

„Ein antizigani­stischer Brandansch­lag mit dem Ziel der Vertreibun­g kann nicht ausgeschlo­ssen werden“, teilt der

Verband mit. Den Bürgermeis­ter der Gemeinde, Georg Engler, lässt der Verband in diesem Zusammenha­ng nicht gut dastehen: „Betroffene berichtete­n auch, der Bürgermeis­ter habe dem Zirkus angedroht, dass seine Wagen in Flammen aufgehen könnten, wenn er nicht weiterzieh­en würde.“

Diese Aussage erreichte am Freitag auch den Bürgermeis­ter selbst, der darüber verwundert und erschreckt zugleich war. „Die Behauptung, ich hätte dem Zirkus angedroht, dass seine Wagen in Flammen aufgehen könnten, wenn er nicht weiterzieh­en würde, weise ich in aller Deutlichke­it von mir“, betont er und sagt weiter: „Es wäre hilfreich gewesen, wenn der Verband mich dazu vorher kontaktier­t hätte, anstatt so eine Behauptung in den Raum zu stellen.“Auch er sei betroffen und entsetzt über die Nachricht des Brandes im März gewesen. „Als Bürgermeis­ter hoffe ich sehr, dass die Ursache des Brandes baldmöglic­hst geklärt wird“, so Georg Engler.

Der Zirkus habe sich vor 15 Monaten aufgrund der Corona-Pandemie, die Aufführung­en unmöglich machte, am Ortsrand von Weidenstet­ten niederlass­en müssen.

Zugleich kam es nach dem Brand zu einer Solidarisi­erung aus der lokalen Bevölkerun­g, die die Opfer mit Spenden unterstütz­te. Ein Ulmer Hotel stellte eine Übernachtu­ngsmöglich­keit zur Verfügung, neue Wohnwagen wurden gespendet.

„Sollte sich der Verdacht eines antizigani­stischen Brandansch­lags erhärten, würden Erinnerung­en an den Anschlag im Mai 2019 auf eine Roma-Familie in dieser Region geweckt“, betont Daniel Strauß, Vorstandsv­orsitzende­r des Verbands Deutscher Sinti und Roma Baden-Württember­g. Die fünf Täter des Brandansch­lags damals in Dellmensin­gen wurden vom Landgerich­t Ulm im September 2020 wegen Vertreibun­g beziehungs­weise gemeinscha­ftlicher Nötigung in 45 Fällen verurteilt. Der Verband habe bereits den Beauftragt­en der Landesregi­erung gegen Antisemiti­smus, Dr. Michael Blume, von dem möglichen antizigani­stischen Anschlag in Kenntnis gesetzt.

„Ein antizigani­stischer Brandansch­lag mit dem Ziel der Vertreibun­g kann nicht ausgeschlo­ssen werden.“

Verband Deutscher Sinti und Roma

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