Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
8,5 Tonnen Altkleider verlassen Westerheim Richtung Burundi
Kleider, Tücher und Bettwäsche werden jetzt in der Sammelzentrale in Laupheim sortiert und dann auf den Weg gebracht
WESTERHEIM - Mehr als acht Tonnen an Altkleider und Bettwäsche sind auf dem Weg von Westerheim in die burundische Hauptstadt Bujumbura. Knapp 20 Helfer haben am Samstagvormittag einen Lastwagen und Anhänger voll beladen. Der Missionsausschuss der katholischen Kirchengemeinde Westerheim hatte eine Altkleidersammlung für das Gesundheitszentrum „Nouvelle Espérance“in Bujumbura organisiert, das der Westerheimer Pater Benno Baumeister mit aufgebaut hat. Genau 8478 Kilogramm zeigte die Waage in der Sammelzentrale in Laupheim an, als die Hilfsgüter aus Westerheim gewogen wurden.
„Die Spendenbereitschaft war enorm. Wir haben sehr viel an Altkleider und Bettwäsche erhalten“, erklärt Franz Lemmermeyer vom Missionsausschuss und ist voll des Lobes für die Unterstützung und Mithilfe: sei es seitens der Spender aus Westerheim und darüber hinaus, aber auch seitens der Helfer. Die haben in den vergangenen Wochen die Säcke und Kartons mit den Kleidern entgegengenommen und nun am Samstagvormittag auf einen Lastwagen und Anhänger geladen. Das Sammelgut war in den Garagen bei der Marienburg oder auf einigen Wagen von Landwirt Ansgar Baumann zwischengelagert. Die Menge war weit mehr als zunächst in Westerheim geschätzt: Denn 8478 Kilogramm an Gewicht zeigte die große Waage in Laupheim an, als der Lastwagen und Anhänger auf ihr platziert wurden.
Fast 20 Helfer fanden sich am Samstag ein, um beim Beladen mitzuhelfen, vor allem Ministranten und Jugendliche. „Das war vorbildlich und verdient viel Lob. Spontan haben sich viele junge Menschen aus der Gemeinde gemeldet und sich für die gute Sache eingesetzt“, betont Franz Lemmermeyer, der mit Juliane von Nathusius die Sammlung federführend organisierte und leitete.
Die Helfer warfen sich in einer Kette die Säcke und Kartons zu, um sie auf dem Laster oder Anhänger zu verstauen. Proppenvoll waren sie, als
LKW-Fahrer Horst Wiedmann zurück nach Laupheim fuhr. Er ist einer von sechs Lastwagenfahrern, die die Sammelzentrale bei Abholfahrten ehrenamtlich unterstützt. So ist nur die Miete von rund 150 Euro für das Fahrzeug zu entrichten.
Den Transport der Altkleider und Bettwäsche nebst anderen Hilfsgütern organisiert die Sammelzentrale Aktion Hoffnung, die zu der 1974 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Missions- und Entwicklungshilfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart gehört. Rund 100 katholische Kirchengemeinden sind ihr in zehn Verbänden – darunter die Caritas, das Kolpingswerk oder die KAB – angeschlossen und veranstalten das Jahr über unterschiedliche Sammelaktionen für hilfsbedürftige Länder.
Gekommen nach Westerheim auf die Alb ist Roman Engelhart, der Leiter und Geschäftsführer der Laupheimer Sammelzentrale, der das Engagement und den Einsatz der Westerheimer lobt. Er hat in den vergangenen Jahren schon mehrmals für die katholische Kirchengemeinde
Westerheim oder den Burundikreis um Franz Schweizer und Franz Lemmermeyer Hilfsaktionen nach Zentralafrika organisiert. Auf diesem Gebiet bringt er sehr viel Erfahrung mit, denn seit Jahren ist er für die Sammelzentrale tätig. Container von Laupheim aus gehen vor allem nach Südamerika und Afrika, seit einigen Jahren auch Richtung Osteuropa und Vorderasien, so nach Bulgarien, Rumänien, Armenien oder Georgien.
„Mehr als 500 Tonnen Hilfsgüter, neben Kleidung und Schuhen auch Gebrauchsgüter werden jährlich über die Laupheimer Sammelzentrale an karitative, soziale Organisationen und Einrichtungen in Entwicklungsländern verschickt“, informiert Engelhart. Ihm stehen zum Sortieren der Waren rund 1000 Freiwillige in 90 Helfergruppen aus der gesamten Diözese zur Seite, vor allem aus dem Raum Aalen, Ulm, Laupheim und Biberach. Jährlich mehr als 20 000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit bringen die Helfer zusammen, lässt der Geschäftsführer wissen und spricht von einem enormen Einsatz.
In diesem Jahr wird noch eine Gruppe aus Westerheim in der Sammelzentrale mitarbeiten und Waren sortieren, vor allem Altkleider. „Denn nur gute und brauchbare Kleidung verschicken wir. Wir haben auch das Klima und Wetter in den Ländern im Blick. Denn es macht keinen Sinn warme Winterkleidung nach Burundi zu verschicken“, berichtet Engelhart. Er organisiert in Laupheim die Sortierung, Verpackung und Versendung von Altkleidern, Schuhen und sonstigen Textilien zu persönlich bekannten Partnern in den Entwicklungsländern. Auch Werkstätteneinrichtungen wie Maschinen und Anlagen sowie medizinische Objekte werden von Laupheim aus verschickt.
Hilfsbedürftige erhalten Kleidung und Schuhe geschenkt oder zu sozialen Preisen, die von den Empfängerorganisationen in den jeweiligen Ländern eigenverantwortlich festgelegt werden. Die Einnahmen daraus kommen eigenen sozialen Aufgaben zugute. „Jede Hilfe soll eine Hilfe zur Selbsthilfe sein und nicht in eine Abhängigkeit führen“, meint Engelhart.
Er geht davon aus, dass 80 Prozent der in Westerheim gesammelten Kleider gut erhalten und brauchbar sind. Das sei seine Erfahrung. Bei anderen Sammlungen dürften so 70 Prozent in Ordnung sein. Denn nur gute Ware wird in die hilfsbedürftigen Länder geschickt. Ein Teil der Kleider, die beste, wird bewusst zurückgehalten, um sie in SecondHand-Kleiderläden in Laupheim und Biberach zu verkaufen. Des Weiteren veranstaltet die Sammelzentrale Aktion Hoffnung jedes Jahr drei Kleidermärkte, Corona-bedingt jedoch nicht in 2020. „Schlechte Kleidung, etwa mit Löchern, kaputtem Reißverschluss oder fehlenden Knöpfen, wird aussortiert und recycelt“, informiert Roman Engelhart: „Die Einnahmen aus den Märkten und aus unserem Laden sichern die Wirtschaftlichkeit der Sammelzentrale.“
Mit dem Verkaufserlös soll der ContainerVersand finanziert werden, der nicht billig ist, wie Roman Engelhart darlegt: 8500 USDollar oder umgerechnet so etwa 7500 Euro kostet es, den Container mit rund 20 Tonnen nach Burundi zu schicken. Denn dieser wird nicht nur mit den Altkleidern und dem Stoff aus Westerheim versandt, sondern noch mit weiteren Hilfsgütern, den die Mitarbeiter der Sammelzentrale in dem zentralafrikanischen Land angefordert haben.
Rund 20 Tonnen wird der Container wiegen, wenn er von Laupheim aus die lange Reise nach Bujumbura antritt. Engelhart schätzt, dass von den 8,5 gesammelten Tonnen aus Westerheim sechs in dem Container landen, der diesmal noch mit Krankenhausbetten, Nähmaschinen, Hobelbänken nebst einigen handwerklichen Geräten und mit fünf Tonnen Milchpulver beladen ist. Mitte oder Ende Juni wird der Container auf den Weg gebracht, zwei Monate später so gegen Ende August soll er seinen Bestimmungsort erreichen.
Ist der Container voll gestopft, so kommt er zunächst auf den Güterbahnhof
Geschäftsführer Roman Engelhart
bei Dornstadt, von wo aus er mit der Bahn dann zum Hafen nach Hamburg befördert wird. Von der Hansestadt aus geht es in einem großen Frachtschiff nach Daressalam, der Hauptstadt von Tansania.
Dort holen Mitarbeiter die Güter ab und bringen sie nach Bujumbura, wo die Hilfsgüter an die verschiedenen Stellen verteilt werden, so auch die Altkleider aus Westerheim. Roman Engelhart ist für die Verzollung der Fracht zuständig und erledigt die umfangreiche Papierarbeit, damit der Container auch sicher ans Ziel gelangt und keine Kosten für einheimische Bevölkerung entstehen.
„Viele Säcke mit Altkleidern haben wir auch aus Laichingen und der Region bekommen. Wir waren positiv angetan und begeistert“, lässt Franz Lemmermeyer wissen. So einmal im Jahr nimmt die katholische Kirchengemeinde Westerheim eine Altkleidersammlung für Burundi vor, berichtet er. Pater und Mediziner Dr. Ludwig Peschen, der neue Verantwortliche des Zentrums „Nouvelle Espérance“, bat diesmal um die Altkleidersammlung und freute sich über das Engagement der Westerheimer.
„Gute und gebrauchte Kleidung ist keineswegs eine Konkurrenz zu einheimischer Kleidung, weil es einfach keine lokale Textilindustrie gibt. Das Einzige, was in Burundi durch lokale Baumwolle produziert wird, ist der Stoff für Schul- und Militäruniformen“, lässt er wissen. Genau diese Stoffe für Schuluniformen würden durch ehemalige Patientinnen verarbeitet, die in seiner Pfarrgemeinde das Nähen gelernt haben und mit einer Nähmaschine ausgerüstet worden seien. Gute und gebrauchte Kleidung helfe tatsächlich der Bevölkerung von Burundi weiter.
„Mehr als 500 Tonnen Hilfsgüter werden jährlich über unsere Sammelzentrale versandt.“