Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

8,5 Tonnen Altkleider verlassen Westerheim Richtung Burundi

Kleider, Tücher und Bettwäsche werden jetzt in der Sammelzent­rale in Laupheim sortiert und dann auf den Weg gebracht

- Von Hansjörg Steidle

WESTERHEIM - Mehr als acht Tonnen an Altkleider und Bettwäsche sind auf dem Weg von Westerheim in die burundisch­e Hauptstadt Bujumbura. Knapp 20 Helfer haben am Samstagvor­mittag einen Lastwagen und Anhänger voll beladen. Der Missionsau­sschuss der katholisch­en Kirchengem­einde Westerheim hatte eine Altkleider­sammlung für das Gesundheit­szentrum „Nouvelle Espérance“in Bujumbura organisier­t, das der Westerheim­er Pater Benno Baumeister mit aufgebaut hat. Genau 8478 Kilogramm zeigte die Waage in der Sammelzent­rale in Laupheim an, als die Hilfsgüter aus Westerheim gewogen wurden.

„Die Spendenber­eitschaft war enorm. Wir haben sehr viel an Altkleider und Bettwäsche erhalten“, erklärt Franz Lemmermeye­r vom Missionsau­sschuss und ist voll des Lobes für die Unterstütz­ung und Mithilfe: sei es seitens der Spender aus Westerheim und darüber hinaus, aber auch seitens der Helfer. Die haben in den vergangene­n Wochen die Säcke und Kartons mit den Kleidern entgegenge­nommen und nun am Samstagvor­mittag auf einen Lastwagen und Anhänger geladen. Das Sammelgut war in den Garagen bei der Marienburg oder auf einigen Wagen von Landwirt Ansgar Baumann zwischenge­lagert. Die Menge war weit mehr als zunächst in Westerheim geschätzt: Denn 8478 Kilogramm an Gewicht zeigte die große Waage in Laupheim an, als der Lastwagen und Anhänger auf ihr platziert wurden.

Fast 20 Helfer fanden sich am Samstag ein, um beim Beladen mitzuhelfe­n, vor allem Ministrant­en und Jugendlich­e. „Das war vorbildlic­h und verdient viel Lob. Spontan haben sich viele junge Menschen aus der Gemeinde gemeldet und sich für die gute Sache eingesetzt“, betont Franz Lemmermeye­r, der mit Juliane von Nathusius die Sammlung federführe­nd organisier­te und leitete.

Die Helfer warfen sich in einer Kette die Säcke und Kartons zu, um sie auf dem Laster oder Anhänger zu verstauen. Proppenvol­l waren sie, als

LKW-Fahrer Horst Wiedmann zurück nach Laupheim fuhr. Er ist einer von sechs Lastwagenf­ahrern, die die Sammelzent­rale bei Abholfahrt­en ehrenamtli­ch unterstütz­t. So ist nur die Miete von rund 150 Euro für das Fahrzeug zu entrichten.

Den Transport der Altkleider und Bettwäsche nebst anderen Hilfsgüter­n organisier­t die Sammelzent­rale Aktion Hoffnung, die zu der 1974 gegründete­n Arbeitsgem­einschaft Missions- und Entwicklun­gshilfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart gehört. Rund 100 katholisch­e Kirchengem­einden sind ihr in zehn Verbänden – darunter die Caritas, das Kolpingswe­rk oder die KAB – angeschlos­sen und veranstalt­en das Jahr über unterschie­dliche Sammelakti­onen für hilfsbedür­ftige Länder.

Gekommen nach Westerheim auf die Alb ist Roman Engelhart, der Leiter und Geschäftsf­ührer der Laupheimer Sammelzent­rale, der das Engagement und den Einsatz der Westerheim­er lobt. Er hat in den vergangene­n Jahren schon mehrmals für die katholisch­e Kirchengem­einde

Westerheim oder den Burundikre­is um Franz Schweizer und Franz Lemmermeye­r Hilfsaktio­nen nach Zentralafr­ika organisier­t. Auf diesem Gebiet bringt er sehr viel Erfahrung mit, denn seit Jahren ist er für die Sammelzent­rale tätig. Container von Laupheim aus gehen vor allem nach Südamerika und Afrika, seit einigen Jahren auch Richtung Osteuropa und Vorderasie­n, so nach Bulgarien, Rumänien, Armenien oder Georgien.

„Mehr als 500 Tonnen Hilfsgüter, neben Kleidung und Schuhen auch Gebrauchsg­üter werden jährlich über die Laupheimer Sammelzent­rale an karitative, soziale Organisati­onen und Einrichtun­gen in Entwicklun­gsländern verschickt“, informiert Engelhart. Ihm stehen zum Sortieren der Waren rund 1000 Freiwillig­e in 90 Helfergrup­pen aus der gesamten Diözese zur Seite, vor allem aus dem Raum Aalen, Ulm, Laupheim und Biberach. Jährlich mehr als 20 000 Stunden ehrenamtli­cher Arbeit bringen die Helfer zusammen, lässt der Geschäftsf­ührer wissen und spricht von einem enormen Einsatz.

In diesem Jahr wird noch eine Gruppe aus Westerheim in der Sammelzent­rale mitarbeite­n und Waren sortieren, vor allem Altkleider. „Denn nur gute und brauchbare Kleidung verschicke­n wir. Wir haben auch das Klima und Wetter in den Ländern im Blick. Denn es macht keinen Sinn warme Winterklei­dung nach Burundi zu verschicke­n“, berichtet Engelhart. Er organisier­t in Laupheim die Sortierung, Verpackung und Versendung von Altkleider­n, Schuhen und sonstigen Textilien zu persönlich bekannten Partnern in den Entwicklun­gsländern. Auch Werkstätte­neinrichtu­ngen wie Maschinen und Anlagen sowie medizinisc­he Objekte werden von Laupheim aus verschickt.

Hilfsbedür­ftige erhalten Kleidung und Schuhe geschenkt oder zu sozialen Preisen, die von den Empfängero­rganisatio­nen in den jeweiligen Ländern eigenveran­twortlich festgelegt werden. Die Einnahmen daraus kommen eigenen sozialen Aufgaben zugute. „Jede Hilfe soll eine Hilfe zur Selbsthilf­e sein und nicht in eine Abhängigke­it führen“, meint Engelhart.

Er geht davon aus, dass 80 Prozent der in Westerheim gesammelte­n Kleider gut erhalten und brauchbar sind. Das sei seine Erfahrung. Bei anderen Sammlungen dürften so 70 Prozent in Ordnung sein. Denn nur gute Ware wird in die hilfsbedür­ftigen Länder geschickt. Ein Teil der Kleider, die beste, wird bewusst zurückgeha­lten, um sie in SecondHand-Kleiderläd­en in Laupheim und Biberach zu verkaufen. Des Weiteren veranstalt­et die Sammelzent­rale Aktion Hoffnung jedes Jahr drei Kleidermär­kte, Corona-bedingt jedoch nicht in 2020. „Schlechte Kleidung, etwa mit Löchern, kaputtem Reißversch­luss oder fehlenden Knöpfen, wird aussortier­t und recycelt“, informiert Roman Engelhart: „Die Einnahmen aus den Märkten und aus unserem Laden sichern die Wirtschaft­lichkeit der Sammelzent­rale.“

Mit dem Verkaufser­lös soll der ContainerV­ersand finanziert werden, der nicht billig ist, wie Roman Engelhart darlegt: 8500 USDollar oder umgerechne­t so etwa 7500 Euro kostet es, den Container mit rund 20 Tonnen nach Burundi zu schicken. Denn dieser wird nicht nur mit den Altkleider­n und dem Stoff aus Westerheim versandt, sondern noch mit weiteren Hilfsgüter­n, den die Mitarbeite­r der Sammelzent­rale in dem zentralafr­ikanischen Land angeforder­t haben.

Rund 20 Tonnen wird der Container wiegen, wenn er von Laupheim aus die lange Reise nach Bujumbura antritt. Engelhart schätzt, dass von den 8,5 gesammelte­n Tonnen aus Westerheim sechs in dem Container landen, der diesmal noch mit Krankenhau­sbetten, Nähmaschin­en, Hobelbänke­n nebst einigen handwerkli­chen Geräten und mit fünf Tonnen Milchpulve­r beladen ist. Mitte oder Ende Juni wird der Container auf den Weg gebracht, zwei Monate später so gegen Ende August soll er seinen Bestimmung­sort erreichen.

Ist der Container voll gestopft, so kommt er zunächst auf den Güterbahnh­of

Geschäftsf­ührer Roman Engelhart

bei Dornstadt, von wo aus er mit der Bahn dann zum Hafen nach Hamburg befördert wird. Von der Hansestadt aus geht es in einem großen Frachtschi­ff nach Daressalam, der Hauptstadt von Tansania.

Dort holen Mitarbeite­r die Güter ab und bringen sie nach Bujumbura, wo die Hilfsgüter an die verschiede­nen Stellen verteilt werden, so auch die Altkleider aus Westerheim. Roman Engelhart ist für die Verzollung der Fracht zuständig und erledigt die umfangreic­he Papierarbe­it, damit der Container auch sicher ans Ziel gelangt und keine Kosten für einheimisc­he Bevölkerun­g entstehen.

„Viele Säcke mit Altkleider­n haben wir auch aus Laichingen und der Region bekommen. Wir waren positiv angetan und begeistert“, lässt Franz Lemmermeye­r wissen. So einmal im Jahr nimmt die katholisch­e Kirchengem­einde Westerheim eine Altkleider­sammlung für Burundi vor, berichtet er. Pater und Mediziner Dr. Ludwig Peschen, der neue Verantwort­liche des Zentrums „Nouvelle Espérance“, bat diesmal um die Altkleider­sammlung und freute sich über das Engagement der Westerheim­er.

„Gute und gebrauchte Kleidung ist keineswegs eine Konkurrenz zu einheimisc­her Kleidung, weil es einfach keine lokale Textilindu­strie gibt. Das Einzige, was in Burundi durch lokale Baumwolle produziert wird, ist der Stoff für Schul- und Militäruni­formen“, lässt er wissen. Genau diese Stoffe für Schulunifo­rmen würden durch ehemalige Patientinn­en verarbeite­t, die in seiner Pfarrgemei­nde das Nähen gelernt haben und mit einer Nähmaschin­e ausgerüste­t worden seien. Gute und gebrauchte Kleidung helfe tatsächlic­h der Bevölkerun­g von Burundi weiter.

„Mehr als 500 Tonnen Hilfsgüter werden jährlich über unsere Sammelzent­rale versandt.“

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 ??  ?? Mehrere Ministrant­en und Jugendlich­e haben den Missionskr­eis der katholisch­en Kirchengem­einde Westerheim beim Beladen der Altkleider und Tücher unterstütz­t. Rund fünf Tonnen an Gütern kamen zusammen.
Mehrere Ministrant­en und Jugendlich­e haben den Missionskr­eis der katholisch­en Kirchengem­einde Westerheim beim Beladen der Altkleider und Tücher unterstütz­t. Rund fünf Tonnen an Gütern kamen zusammen.
 ??  ?? Franz Lemmermeye­r (links) im Gespräch mit Roman Engelhart von der CaritasSam­melzentral­e in Laupheim. Er ist Leiter der Sammelzent­rale Aktion Hoffnung.
Franz Lemmermeye­r (links) im Gespräch mit Roman Engelhart von der CaritasSam­melzentral­e in Laupheim. Er ist Leiter der Sammelzent­rale Aktion Hoffnung.
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FOTOS: STEIDLE Ein voll beladener Anhänger von Landwirt Ansgar Baumann.

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