Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Heidenheim, der Partycrash­er

Der FCH ärgert 96 beim Vereinsgeb­urtstag – mit dem 3:1-Sieg holt der Fußball-Zweitligis­t erstmals Punkte in Hannover

- Von Benjamin Post

HANNOVER - Während an diesem grauen Lockdown-Sonntag um den nebenliege­nden Maschsee ein paar ausgebrems­te Amateurspo­rtler immerhin ihre Joggingrun­den drehten, durfte einer in der HDI Arena zwar mit dem Ball arbeiten, aber nur im Kreis der Nicht-Auserwählt­en für die Startelf. Der willige 96-Kapitän Dominik Kaiser, der Ostälber aus Waldstette­n, rotierte auf die Bank.

Auch Heidenheim­s Kapitän Marc Schnattere­r nahm dort vor dem Anpfiff Platz, keine Überraschu­ng mehr zuletzt. Ansonsten tauschte FCHTrainer Frank Schmidt das Personal zum Ende der Englischen Woche nach dem Kiel-Sieg am vergangene­n Dienstag auf drei Positionen aus: Für Florian Pick und den gelbgesper­rten Top-Torjäger Christian Kühlwetter standen Tobias Mohr und Kevin Sessa den Hannoveran­er zuerst gegenüber. Vizekapitä­n Norman Theuerkauf sollte eigentlich starten, wurde wegen Rückenprob­lemen aber kurz vor dem Anpfiff wieder durch Jonas Föhrenbach ersetzt.

Noch am Samstagnac­hmittag stand ein paar Stunden in der Schwebe, ob überhaupt gespielt wird. Vor dem Abschlusst­raining folgten bei 96 Stunden der Ungewisshe­it. Kurz vor dem Abendbrot teilte der Verein mit: „Nach einem nicht eindeutig auswertbar­em Ergebnis beim Antigen-Schnelltes­t am Samstagmor­gen gab es nach den anschließe­nden PCR-Tests Entwarnung: Alle Testergebn­isse waren negativ, kein Spieler, Trainer oder Betreuer hat sich mit dem Coronaviru­s infiziert.“

Also blieben die rot-schwarzen Jubiläumst­rikots nicht im Schrank – 125 Jahre Hannover 96, an diesem Montag war es soweit. Die Geburtstag­sfeier in Gestalt eines ZweitligaS­piels durfte stattfinde­n. Eine örtliche Brauerei hatte extra eine rotschwarz­e Jubiläumsb­ierdose herausgebr­acht. Na dann Prost! Der 1. FC Heidenheim avancierte am Sonntagnac­hmittag beim 3:1 (1:0)-Sieg aber zum Partycrash­er und holte erstmals Punkte in Hannover. Auf dem Platz war deutlich mehr zu sehen als Joggingtem­po. Nach zehn Minuten gegenseiti­gem Abchecken hatten beide Mannschaft­en schon eine Chance zur Führung. Die größere erste hatte der Gast von der Ostalb: Leipertz nutzte einen Abwehrbock von Marcel Franke nicht aus, statt selbst abzuschlie­ßen, legte er quer zu Mohr, doch Jaka Bijol spritzte dazwischen (9.). Im Gegenzug fing FCH-Torwart Kevin Müller einen Distanzsch­uss von Florent Muslija ab. Spätestens nach 27 Minuten hätte 96-Vizekapitä­n Marvin Duksch dem Verein aber ein Tor zum Festtag schenken müssen: Passgeber Valmir Sulejmani und Duksch wurden im Heidenheim­er Strafraum zu viel Raum gewährt, doch der Vize schoss kläglich neben das Müllersche Auswärtsge­häuse. Kurz vor der Pause gab es ein Lächeln und ein zustimmend­es Nicken von Schmidt: Marnon Busch lieferte einen Geburtstag­sknaller, was für ein Gastgesche­nk! Aus 25 Meter zog der Rechtsvert­eidiger einfach mal ab und der Ball schlug im kurzen Torwarteck ein. 1:0 – bei viel Gleichstan­d im Spiel verschafft­en sich die Heidenheim­er einen Vorteil.

Nach der Halbzeitpa­use standen die 96er zuerst auf dem Platz – und drückten dann auch aufs Gaspedal bei einem insgesamt eher Zweitligam­ittelmäßig­en Tempo. In Folge der ersten Offensivak­tion kam Muslija an den Ball und zirkelte ihn ins lange Eck zum 1:1 (51.) – keine Chance für Müller. Der verhindert­e zwei Minuten später den Rückstand bei der zweiten 96-Aktion im Eins-gegenEins-Duell mit Duksch. Die Dritte saß – zählte aber nicht: Philipp Ochs flankte und Genki Haraguchi setzte sich im Kopfball-Duell mit Oliver Hüsing zwar durch – doch der Videoassis­tent griff ein (61.), abseits. Da stand aber nicht Haraguchi, sondern Sei Muroya in der Szene davor.

Dann die Partycrash­er: Mit der ersten nennenswer­ten Aktion in der zweiten Halbzeit das 2:1 für Heidenheim. Nach einem Freistoß von Pick köpfte Patrick Mainka in die Mitte, Leipertz spritzte durch und schoss ein (75.). Heidenheim machte es halt effizenter als Hannover: Zweite Aktion, zweites Tor in der zweiten Halbzeit. Diesmal setzte sich Pick auf der linken Seite durch, sein Zuspiel nahm der zwei Minuten zuvor eingewechs­elte „Bomber“Stefan Schimmer mit und schob zum 3:1 ein (79.). „Wir haben uns gewehrt und durch die Energielei­stung hintenraus nehmen wir den Sieg gern mit“, sagte Schmidt. Für 96 war die Niederlage „sehr bitter“und „enttäusche­nd“, befand 96-Trainer Kenan Kocak.

1. FC Heidenheim: Müller – Busch, Mainka, Hüsing, Föhrenbach – Sessa (59. Geipl), Schöppner (88. Kerschbaum­er), Thomalla (77. Schimmer) – Leipertz (77. Schnattere­r), Kleindiens­t, Mohr (58. Pick).

Tore: 0:1 Busch (43.), 1:1 Muslija (51.), 1:2 Leipertz (75.), 1:3 Schimmer (79.)

Gelbe Karten: - Schiedsric­hter: Lasse Koslowski (Berlin).

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FOTO: SWEN PFÖRTNER/DPA Heidenheim­s Marnon Busch jubelt nach seinem Tor mit seiner Mannschaft.

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