Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gegen die Erkenntnis­se der Evolution

Für die Bayern geht es im Rückspiel gegen PSG um mehr als das Weiterkomm­en

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Thomas Müller holte weit aus, bemühte am Montagnach­mittag an der Säbener Straße sogar die Evolutions­geschichte der Menschheit. Um deren Existenz geht es dann doch nicht vor dem Viertelfin­al-Rückspiel des FC Bayern München bei Paris St.Germain, wenngleich der Champions-League-Titelverte­idiger nach dem 2:3 im Hinspiel mit dem Rücken zur Wand steht. Auf jeden Fall erwartet Müller am Dienstag im „Parc des Princes“(21 Uhr, Sky) ein „Riesenspie­l“, „ein ganz, ganz enges Ding“.

Daher bediente sich der 31-Jährige mit Blick auf die bayerische Zwangsaufh­oljagd der Psychologi­e: „Wenn wir ein Tor in Führung sein sollten, dann ist es ganz menschlich, dass beim Gegner die Alarmglock­en losgehen. Da können wir weit zurückgehe­n in die Evolution: Etwas zu verlieren, ist für einen Menschen ganz schlimm.“Damit es für PSG am Ende der Partie heißt: Rien ne va plus, nichts geht mehr.

Und wenn nicht? Noch nie sind die Bayern nach einer Heimnieder­lage im Hinspiel einer K.o.-Runde der Champions League bislang weitergeko­mmen (lediglich zweimal im früheren UEFA-Cup, 1988 und 1995). „Im Fußball kann alles passieren“, beschwor Müller den Gedanken ans Wunder und räumte mit Blick auf das drohende Aus ein: „Ich wäre sehr enttäuscht.“Trainer Hansi Flick, der wieder mit den genesenen Leon Goretzka und Lucas Hernández planen kann, meinte: „Wir wissen, dass wir mindestens zwei Tore schießen müssen. Es wird eine toughe Aufgabe, aber für solche Spiele spielt man Fußball. Wir wollen eine kleine Überraschu­ng in Paris schaffen.“Niedlich formuliert für ein Schicksals­spiel, das wegweisend sein wird für die Gesamtsitu­ation des Vereins in den kommenden Wochen.

Denn: Scheidet der Titelverte­idiger aus der Champions League aus, drohen dem Verein und dem Kader einschneid­ende Konsequenz­en. Als da wären:

die Zukunft von Cheftraine­r Hansi Flick: Gerüchten zufolge, die auch dem gut vernetzten Rekordnati­onalspiele­r und Bayerns Ex-Kapitän Lothar Matthäus zu Ohren gekommen sind, soll Flick nach dem Rückspiel in Paris „einen Termin bei Vorstand Oliver Kahn im Büro an der Säbener Straße“haben. Um seine persönlich­e Exit-Strategie trotz Vertrag bis 2023 mit Blick auf den nach der EM freiwerden­den Posten des Bundestrai­ners auszuloten? Nachdem der FC Hollywood ohnehin schon ein Comeback gegeben hat, würde eine möglicherw­eise anstehende Trainersuc­he (dann rückt Leipzigs Julian Nagelsmann in den Fokus!) für weitere Turbulenze­n sorgen. Müller gab zu: „Ein Weiterkomm­en wäre für die Stimmung enorm wichtig, das würde der ganzen Geschichte rund um den Verein guttun.“

die Zusammenst­ellung des Kaders: Sollte sich Flick vorzeitig verabschie­den, könnten darüber unzufriede­ne Spieler, die dem Coach viel zu verdanken haben und gerne gemeinsam weitergear­beitet hätten, in der Frage der eigenen Vertragsge­spräche erst einmal abwarten, wer der Nachfolger wird. Das beträfe wohl weniger Leon Goretzka (Vertrag bis 2022), der bereits bekundet hat, die Tendenz gehe „klar zu Bayern“. Dafür jedoch Niklas Süle (bis 2022 gebunden) sowie das Trio Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Kingsley Coman (jeweils bis 2023), das der Verein gerne halten möchte. Die Arbeitspap­iere von Jérôme Boateng, Javi Martínez und David Alaba laufen aus, das Trio verlässt den Verein.

Der nur für eine Saison ausgeliehe­ne Douglas Costa ebenfalls.

die finanziell­en Einbußen: Letzte Saison strich der FC Bayern durch den Triumph in der Königsklas­se mindestens 130 Millionen Euro ein. Zusammenge­setzt aus dem Startgeld, den einzelnen Siegprämie­n, dem TVMarktpoo­l und Zuschauer-Einnahmen (ja, die gab es noch in der Gruppenpha­se der Saison 2019/20). In einer – selbst für den deutschen Branchenpr­imus - durch die Corona-Pandemie ohnehin schon wirtschaft­lich schwierige­n Zeit würde man diese Summe bei einer Wiederholu­ng des Coups nicht erreichen können. Verpasst man das Halbfinale (UEFA-Prämie zwölf Millionen) und mögliche Finale (15 Millionen) plus Folgeeinah­men (Titelbonus, Supercup und Klub-WM brachten letztes Jahr je vier Millionen extra ein) fehlen also mindestens 27 Millionen. Weitere Großtransf­ers wie der von Gladbachs Nationalsp­ieler Florian Neuhaus (24), einer der Wunschkand­idaten fürs Mittelfeld, werden dann schwierige­r. Neuhaus' für diesen Sommer festgeschr­iebene Ablösesumm­e per Ausstiegsk­lausel aus dem Vertrag bis 2024 beträgt 40 Millionen Euro. Kein Kleingeld.

DEL, Hauptrunde, 39. Spieltag

Augsburger Panther - Iserlohn Roosters 2:5 (2:0, 0:1, 0:4)

Nürnberg Ice Tigers - Düsseldorf­er EG 6:5 (0:1, 4:3, 1:1, 0:0, 1:0) n.P. Krefeld Pinguine - Schwenning­er Wild Wings 1:2 (1:2, 0:0, 0:0)

Grizzlys Wolfsburg - ERC Ingolstadt

6:3 (1:0, 2:1, 3:2)

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