Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Unfassbare Szenen, überforderte Polizei
Mutmaßliches Superspreader-Event: Hunderte Jugendliche feierten auf Ulmer Parkplatz
ULM - Straßenparty ohne Masken, ohne Abstand: Es sind angesichts des Ernstes der Lage unfassbare Szenen, die sich unlängst in Ulm abgespielt haben. Hunderte Jugendliche feiern in den Abendstunden auf Parkplätzen rund um die Osterfeiertage, als gäbe es kein Morgen. Die Polizei war überfordert. Was kann sie unternehmen, solche mutmaßlichen Superspreader-Events künftig zu verhindern?
Als hätte Deutschland oder ein anders Land gerade die WM gewonnen: Zahlreiche junge Menschen grölen, singen, hüpfen herum und halten sich an den Händen. Motoren heulen auf, orientalische Musik wummert. Plötzlich Blaulicht, die Polizei versucht, die ausgelassene Corona-Party auf dem Parkplatz des Hornbach-Marktes in der Blaubeurer Straße mit einer Durchsage zu beenden. Was die Menge zunächst aber nur noch weiter anzustacheln scheint.
Zu sehen sind diese Bilder in einem Video, das in den Sozialen Netzwerken kursiert, wohl nur eines von vielen. Aufgenommen wurde es am Osterwochenende in Ulm. Neben der unglaublichen Verantwortungslosigkeit zeigt es vor allem eines: die Machtlosigkeit der Polizei gegenüber Menschen, die sich nicht darum zu scheren scheinen, dass wegen Corona zunehmend die Intensivstationen volllaufen und weiter viele Menschen sterben.
Zwar lässt die Ulmer Polizei nach dem aus dem Ruder gelaufenen Corona-Oster-Wochenende in Ulm wissen, dass Hunderte Menschen wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln angezeigt würden. Zufrieden ist sie damit aber nicht.
Eine Polizei-Sprecherin teilt der „Schwäbischen Zeitung“auf Anfrage zu besagtem Einsatz auf dem Baumarkt-Parkplatz mit: Man habe das gemacht, „was wir tun konnten“. „Leider“sei dies in Einzelfällen nicht ausreichend gewesen. Konnte es womöglich aber auch gar nicht. Denn das Hauptproblem bestand darin, dass die angerückten Beamten einfach viel zu vielen feiernden Menschen gegenüber standen (von denen ein Großteil der Autotuner-Szene angehören soll).
Gegen die Corona-Regeln wurde rund um Ostern in Ulm im größeren Stil nicht nur auf Parkplätzen verstoßen. Nicht erlaubte Menschenansammlungen und zu geringer Abstand verzeichnete die Polizei auch an der Donau oder anderen Bereichen in der Stadt. Das gute Wetter hatte viele nach draußen gelockt.
Am eklatantesten fällt die relative Machtlosigkeit der Staatsgewalt gegenüber renitenten Corona-Ignorierern jedoch bei der Parkplatz-Party auf. Den verhältnismäßig wenigen
Beamten gelingt es nicht, die große Ansammlung wegen der Gefahr vieler Virus-Übertragungen umgehend zu beenden, die Feiernden sofort voneinander zu trennen. Immerhin stellt die Polizei irgendwann Ruhe her. Nach Mitternacht seien die Partys aufgelöst gewesen, so die Polizeisprecherin. Außerdem sei niemand verletzt worden, die Parkplatz-Feier relativ friedlich verlaufen.
Doch solche soll es nicht mehr geben, zumindest nicht im Ausmaß wie zuletzt. Allein durch die Ausgangssperre, die in Ulm ab Mittwoch zwischen 21 und 5 Uhr gilt, sieht die Ulmer Polizei die Gefahr größerer Zusammenrottungen abends oder in der Nacht als recht gering an. Trotzdem hat sie aus den Vorfällen gelernt. Die „Kräfte wurden hochgefahren“, sagt die Polizeisprecherin.
Außerdem wurden die großen Parkplätze, auf denen die Treffen stattfanden, in Absprache mit der Stadt gesperrt. Das soll in erster Linie die Autoposer abhalten. Hilfreich sei es auch, dass nicht nur in Ulm eine Ausgangssperre gelte, sondern auch im Kreis Biberach und Göppingen, wo Teile des in Ulm Party machenden Volkes wohnten, so die Polizeisprecherin. Was die Polizei ansonsten tun kann: Videos sichten, in denen das rücksichtslose Treiben wie auf besagtem Parkplatz festgehalten ist. Womöglich, so die Polizeisprecherin, können im Nachhinein so noch Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz festgestellt und Anzeigen auf den Weg gebracht werden. Wobei sie zu bedenken gibt: In der Regel handelt es sich „nur“um Ordnungswidrigkeiten.