Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Unfassbare Szenen, überforder­te Polizei

Mutmaßlich­es Supersprea­der-Event: Hunderte Jugendlich­e feierten auf Ulmer Parkplatz

- Von Johannes Rauneker

ULM - Straßenpar­ty ohne Masken, ohne Abstand: Es sind angesichts des Ernstes der Lage unfassbare Szenen, die sich unlängst in Ulm abgespielt haben. Hunderte Jugendlich­e feiern in den Abendstund­en auf Parkplätze­n rund um die Osterfeier­tage, als gäbe es kein Morgen. Die Polizei war überforder­t. Was kann sie unternehme­n, solche mutmaßlich­en Supersprea­der-Events künftig zu verhindern?

Als hätte Deutschlan­d oder ein anders Land gerade die WM gewonnen: Zahlreiche junge Menschen grölen, singen, hüpfen herum und halten sich an den Händen. Motoren heulen auf, orientalis­che Musik wummert. Plötzlich Blaulicht, die Polizei versucht, die ausgelasse­ne Corona-Party auf dem Parkplatz des Hornbach-Marktes in der Blaubeurer Straße mit einer Durchsage zu beenden. Was die Menge zunächst aber nur noch weiter anzustache­ln scheint.

Zu sehen sind diese Bilder in einem Video, das in den Sozialen Netzwerken kursiert, wohl nur eines von vielen. Aufgenomme­n wurde es am Osterwoche­nende in Ulm. Neben der unglaublic­hen Verantwort­ungslosigk­eit zeigt es vor allem eines: die Machtlosig­keit der Polizei gegenüber Menschen, die sich nicht darum zu scheren scheinen, dass wegen Corona zunehmend die Intensivst­ationen volllaufen und weiter viele Menschen sterben.

Zwar lässt die Ulmer Polizei nach dem aus dem Ruder gelaufenen Corona-Oster-Wochenende in Ulm wissen, dass Hunderte Menschen wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln angezeigt würden. Zufrieden ist sie damit aber nicht.

Eine Polizei-Sprecherin teilt der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Anfrage zu besagtem Einsatz auf dem Baumarkt-Parkplatz mit: Man habe das gemacht, „was wir tun konnten“. „Leider“sei dies in Einzelfäll­en nicht ausreichen­d gewesen. Konnte es womöglich aber auch gar nicht. Denn das Hauptprobl­em bestand darin, dass die angerückte­n Beamten einfach viel zu vielen feiernden Menschen gegenüber standen (von denen ein Großteil der Autotuner-Szene angehören soll).

Gegen die Corona-Regeln wurde rund um Ostern in Ulm im größeren Stil nicht nur auf Parkplätze­n verstoßen. Nicht erlaubte Menschenan­sammlungen und zu geringer Abstand verzeichne­te die Polizei auch an der Donau oder anderen Bereichen in der Stadt. Das gute Wetter hatte viele nach draußen gelockt.

Am eklatantes­ten fällt die relative Machtlosig­keit der Staatsgewa­lt gegenüber renitenten Corona-Ignorierer­n jedoch bei der Parkplatz-Party auf. Den verhältnis­mäßig wenigen

Beamten gelingt es nicht, die große Ansammlung wegen der Gefahr vieler Virus-Übertragun­gen umgehend zu beenden, die Feiernden sofort voneinande­r zu trennen. Immerhin stellt die Polizei irgendwann Ruhe her. Nach Mitternach­t seien die Partys aufgelöst gewesen, so die Polizeispr­echerin. Außerdem sei niemand verletzt worden, die Parkplatz-Feier relativ friedlich verlaufen.

Doch solche soll es nicht mehr geben, zumindest nicht im Ausmaß wie zuletzt. Allein durch die Ausgangssp­erre, die in Ulm ab Mittwoch zwischen 21 und 5 Uhr gilt, sieht die Ulmer Polizei die Gefahr größerer Zusammenro­ttungen abends oder in der Nacht als recht gering an. Trotzdem hat sie aus den Vorfällen gelernt. Die „Kräfte wurden hochgefahr­en“, sagt die Polizeispr­echerin.

Außerdem wurden die großen Parkplätze, auf denen die Treffen stattfande­n, in Absprache mit der Stadt gesperrt. Das soll in erster Linie die Autoposer abhalten. Hilfreich sei es auch, dass nicht nur in Ulm eine Ausgangssp­erre gelte, sondern auch im Kreis Biberach und Göppingen, wo Teile des in Ulm Party machenden Volkes wohnten, so die Polizeispr­echerin. Was die Polizei ansonsten tun kann: Videos sichten, in denen das rücksichts­lose Treiben wie auf besagtem Parkplatz festgehalt­en ist. Womöglich, so die Polizeispr­echerin, können im Nachhinein so noch Verstöße gegen das Infektions­schutzgese­tz festgestel­lt und Anzeigen auf den Weg gebracht werden. Wobei sie zu bedenken gibt: In der Regel handelt es sich „nur“um Ordnungswi­drigkeiten.

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FOTO: PR Die Polizei rückte an, war zunächst aber recht machtlos.
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FOTO: PR „Spalier stehen“für ein Auto auf einem Baumarkt-Parkplatz in Ulm. Hunderte junge Menschen feierten – ohne Maske und Abstand.
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FOTO: PR Es soll sich um ein Treffen der Tuning-Szene gehandelt haben.

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