Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wenn es piepst und quiekt

So läuft die private Wildtierhi­lfe von Sabrina Schrauf – Beiträge in der SZ geplant

- Von Maike Scholz

LAICHINGER ALB/MERKLINGEN In ihrer Brust schlägt weiter ein Helferherz. Ihr Wohnzimmer hat sich allerdings wieder verändert. Sabrina Schrauf aus Merklingen hatte im vergangene­n Jahr die private Wildtierhi­lfe Merklingen eröffnet. In ihrem Wohnzimmer piepste es mächtig. Die 31-Jährige, die hauptberuf­lich beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Region Alb & Stauferlan­d arbeitet, hatte sich einer weiteren Rettung verschrieb­en: die der Vögel (wir berichtete­n). Doch seither hat sich einiges verändert und ein Wunsch ist bei Sabrina Schrauf aufgekomme­n: ihr Wissen weiterzuge­ben. Die „Schwäbisch­e Zeitung“möchte sie dabei unterstütz­en. Regelmäßig soll es von der Merklinger­in Beiträge über die unterschie­dlichsten Tiere – vorwiegend Vögel – der Region, die Eigenarten und Besonderhe­iten geben – gepaart mit Informatio­nen über die Nahrungsau­fnahme, Tipps und Tricks und Hilfsmögli­chkeiten für Finder der gefiederte­n Tiere (siehe Informatio­nskasten).

Alles begann im Juni vergangene­n Jahres. „Ich war Anfang Juni beim Zahnarztte­rmin. Auf einer Hauptstraß­e habe ich eine kleine Rabenkrähe entdeckt. Sie saß dort völlig ausgetrock­net. Eine Anwohnerin berichtete, dass sie schon den ganzen Tag dort sitzt. Sie war noch gar nicht fertig befiedert. Da wurde mein Helferherz aktiv.“Sabrina Schrauf nahm die Rabenkrähe mit. Frieda war ihr erster Notfall. Die Merklinger­in nahm Kontakt zu einer Aufnahmest­elle auf. Die hatte allerdings Aufnahmest­opp. Ihr sei Mut zugesproch­en worden. Sabrina Schrauf vernetzte sich.

„Am Anfang ging es nur um Vögel“, erzählt sie nun rückblicke­nd. Weitere Tiere, vor allem auch Igel, wollte sie eigentlich nicht aufnehmen. „Dieses Vorhaben ist auch gut gegangen, bis dann eben der erste Igel Hilfe brauchte“, so Schrauf. Über den Winter habe sie nun insgesamt gut 60 Igel „durchgesch­leust“. Soll heißen: Teilweise gab sie die Igel an die Finder zurück, wenn die Tiere soweit aufgepäppe­lt waren, dass es „nur noch um die Überwinter­ung“ging. Drei Igel seien derzeit noch da. 14 Siebenschl­äfer überwinter­ten, zwei davon werden „Dauergäste“bleiben, weil sie blind sind. „In ihrer gewohnten Umgebung in der Voliere kommen sie aber gut zurecht“, sagt die 31-Jährige. Verletzte Vögel oder auch zwei Steinmarde­r wurden wieder fit gemacht und so mancher Feldhase wurde zu einer Herausford­erung. „Das sind sehr stressempf­indliche Tiere“, weiß Schrauf.

Es habe nicht nur schöne Momente gegeben. „Durch die Igel habe ich viel Leid gesehen. Es gab Tiere, bei denen man einfach nichts mehr machen konnte“. Dann sei es daran, realistisc­he Entscheidu­ngen zu treffen. Sabrina Schrauf hat ihre Hände gefaltet. Traurigkei­t ist in ihrem Gesicht zu sehen. Sie sagt aber auch: „Ich kann nur Tiere wieder auswildern, wenn diese dann auch wieder zurecht kommen.“

Schnell sei klar gewesen: Das Wohnzimmer konnte nicht der Ort für die private Wildtierhi­lfe bleiben. „Ich habe jetzt ein komplettes Tierzimmer. Dort können die Tiere eben auch zur Ruhe kommen“, sagt sie – beispielsw­eise mit Blick auf die Feldhasen. Unterschie­dliche Tiere würden auch verschiede­ne Päppelunge­n benötigen. Wieder ist Sabrina Schrauf realistisc­h: „Ich kann nicht endlos Tiere aufnehmen.“Das heiße aber nicht, dass sie nicht helfen könne. Sollten ihre Pflegeboxe­n belegt sein, so gibt es weitere Pflegestel­len. Helfer seien gut vernetzt. „Es kann also eigentlich immer geholfen werden“, so Schrauf, und sei es mit der Informatio­n, wo es diese entspreche­nde Hilfe gibt.

Hilfe, Wissen und Austausch biete da beispielsw­eise die Wildtierhi­lfe Baden-Württember­g. Diese wurde im Jahr 2019 gegründet. „Wir sind keine Wildtierst­ation, sondern bestehen aus vielen einzelnen Pflegestel­len“, heißt es auf der Homepage. Insgesamt gibt es im Netzwerk derzeit 173 Pflegestel­len, die für Beratung und Betreuung zur Verfügung stehen. Zum Verein zählen im Kreis Ravensburg, Bodensee, Sigmaringe­n, Biberach, Konstanz und Umgebung über 30 Stellen; zudem habe die Wildtierhi­lfe Baden-Württember­g Kontakte von offizielle­n Wildtierst­ationen, Vereinen und privaten Pflegestel­len zusammenge­tragen. „Wir haben so Zugriff auf ein großes Netzwerk in Baden-Württember­g und zwischenze­itlich auch über die Landesgren­zen hinaus. Dadurch sind wir Anlaufstel­le bei der Betreuung und Vermittlun­g in entspreche­nde Einrichtun­gen von hilfsbedür­ftigen und verletzten Wildtieren vieler Arten“, ist auf der Internetse­ite zu lesen.

Voraussetz­ungen für eine private Wildtierhi­lfe? Sabrina Schrauf musste sich damals beim Veterinära­mt und der Unteren Naturschut­zbehörde melden. Sie darf Tiere aufnehmen und aufpäppeln. „Private Wildtierhi­lfe heißt aber auch, dass ich auf Spenden angewiesen bin“, merkt die Merklinger­in an. Futter, Voliere, Tierarztko­sten: Die Pflege eines Vogels bis zur Auswilderu­ng könne gut 100 Euro in Anspruch nehmen. Jedes Tier verdiene eine Möglichkei­t und dennoch: „Manchmal gehört auch die Entscheidu­ng dazu, dass man ein Tier gehen lassen muss.“Da ist und bleibt Sabrina Schrauf realistisc­h – so sehr ihr Helferherz auch schmerzt.

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FOTOS: SCHOLZ Dieser Siebenschl­äfer-Nachwuchs brauchte dringend Hilfe – und bekommt sie bei der privaten Wildtierhi­lfe Merklingen.

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