Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wenn es piepst und quiekt
So läuft die private Wildtierhilfe von Sabrina Schrauf – Beiträge in der SZ geplant
LAICHINGER ALB/MERKLINGEN In ihrer Brust schlägt weiter ein Helferherz. Ihr Wohnzimmer hat sich allerdings wieder verändert. Sabrina Schrauf aus Merklingen hatte im vergangenen Jahr die private Wildtierhilfe Merklingen eröffnet. In ihrem Wohnzimmer piepste es mächtig. Die 31-Jährige, die hauptberuflich beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Region Alb & Stauferland arbeitet, hatte sich einer weiteren Rettung verschrieben: die der Vögel (wir berichteten). Doch seither hat sich einiges verändert und ein Wunsch ist bei Sabrina Schrauf aufgekommen: ihr Wissen weiterzugeben. Die „Schwäbische Zeitung“möchte sie dabei unterstützen. Regelmäßig soll es von der Merklingerin Beiträge über die unterschiedlichsten Tiere – vorwiegend Vögel – der Region, die Eigenarten und Besonderheiten geben – gepaart mit Informationen über die Nahrungsaufnahme, Tipps und Tricks und Hilfsmöglichkeiten für Finder der gefiederten Tiere (siehe Informationskasten).
Alles begann im Juni vergangenen Jahres. „Ich war Anfang Juni beim Zahnarzttermin. Auf einer Hauptstraße habe ich eine kleine Rabenkrähe entdeckt. Sie saß dort völlig ausgetrocknet. Eine Anwohnerin berichtete, dass sie schon den ganzen Tag dort sitzt. Sie war noch gar nicht fertig befiedert. Da wurde mein Helferherz aktiv.“Sabrina Schrauf nahm die Rabenkrähe mit. Frieda war ihr erster Notfall. Die Merklingerin nahm Kontakt zu einer Aufnahmestelle auf. Die hatte allerdings Aufnahmestopp. Ihr sei Mut zugesprochen worden. Sabrina Schrauf vernetzte sich.
„Am Anfang ging es nur um Vögel“, erzählt sie nun rückblickend. Weitere Tiere, vor allem auch Igel, wollte sie eigentlich nicht aufnehmen. „Dieses Vorhaben ist auch gut gegangen, bis dann eben der erste Igel Hilfe brauchte“, so Schrauf. Über den Winter habe sie nun insgesamt gut 60 Igel „durchgeschleust“. Soll heißen: Teilweise gab sie die Igel an die Finder zurück, wenn die Tiere soweit aufgepäppelt waren, dass es „nur noch um die Überwinterung“ging. Drei Igel seien derzeit noch da. 14 Siebenschläfer überwinterten, zwei davon werden „Dauergäste“bleiben, weil sie blind sind. „In ihrer gewohnten Umgebung in der Voliere kommen sie aber gut zurecht“, sagt die 31-Jährige. Verletzte Vögel oder auch zwei Steinmarder wurden wieder fit gemacht und so mancher Feldhase wurde zu einer Herausforderung. „Das sind sehr stressempfindliche Tiere“, weiß Schrauf.
Es habe nicht nur schöne Momente gegeben. „Durch die Igel habe ich viel Leid gesehen. Es gab Tiere, bei denen man einfach nichts mehr machen konnte“. Dann sei es daran, realistische Entscheidungen zu treffen. Sabrina Schrauf hat ihre Hände gefaltet. Traurigkeit ist in ihrem Gesicht zu sehen. Sie sagt aber auch: „Ich kann nur Tiere wieder auswildern, wenn diese dann auch wieder zurecht kommen.“
Schnell sei klar gewesen: Das Wohnzimmer konnte nicht der Ort für die private Wildtierhilfe bleiben. „Ich habe jetzt ein komplettes Tierzimmer. Dort können die Tiere eben auch zur Ruhe kommen“, sagt sie – beispielsweise mit Blick auf die Feldhasen. Unterschiedliche Tiere würden auch verschiedene Päppelungen benötigen. Wieder ist Sabrina Schrauf realistisch: „Ich kann nicht endlos Tiere aufnehmen.“Das heiße aber nicht, dass sie nicht helfen könne. Sollten ihre Pflegeboxen belegt sein, so gibt es weitere Pflegestellen. Helfer seien gut vernetzt. „Es kann also eigentlich immer geholfen werden“, so Schrauf, und sei es mit der Information, wo es diese entsprechende Hilfe gibt.
Hilfe, Wissen und Austausch biete da beispielsweise die Wildtierhilfe Baden-Württemberg. Diese wurde im Jahr 2019 gegründet. „Wir sind keine Wildtierstation, sondern bestehen aus vielen einzelnen Pflegestellen“, heißt es auf der Homepage. Insgesamt gibt es im Netzwerk derzeit 173 Pflegestellen, die für Beratung und Betreuung zur Verfügung stehen. Zum Verein zählen im Kreis Ravensburg, Bodensee, Sigmaringen, Biberach, Konstanz und Umgebung über 30 Stellen; zudem habe die Wildtierhilfe Baden-Württemberg Kontakte von offiziellen Wildtierstationen, Vereinen und privaten Pflegestellen zusammengetragen. „Wir haben so Zugriff auf ein großes Netzwerk in Baden-Württemberg und zwischenzeitlich auch über die Landesgrenzen hinaus. Dadurch sind wir Anlaufstelle bei der Betreuung und Vermittlung in entsprechende Einrichtungen von hilfsbedürftigen und verletzten Wildtieren vieler Arten“, ist auf der Internetseite zu lesen.
Voraussetzungen für eine private Wildtierhilfe? Sabrina Schrauf musste sich damals beim Veterinäramt und der Unteren Naturschutzbehörde melden. Sie darf Tiere aufnehmen und aufpäppeln. „Private Wildtierhilfe heißt aber auch, dass ich auf Spenden angewiesen bin“, merkt die Merklingerin an. Futter, Voliere, Tierarztkosten: Die Pflege eines Vogels bis zur Auswilderung könne gut 100 Euro in Anspruch nehmen. Jedes Tier verdiene eine Möglichkeit und dennoch: „Manchmal gehört auch die Entscheidung dazu, dass man ein Tier gehen lassen muss.“Da ist und bleibt Sabrina Schrauf realistisch – so sehr ihr Helferherz auch schmerzt.