Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Inferno über Westerheim vor 76 Jahren

Rosenkranz­andacht in St. Stephanus für die Opfer vom 21. April 1945 kurz vor Kriegsende

- Von Hansjörg Steidle

WESTERHEIM - Ihrer Dorfzerstö­rung vor 76 Jahren gedenkt die Gemeinde Westerheim an diesem Mittwoch, 21. April. Glocken von St. Stephanus läuten zur Erinnerung an die Katastroph­e am 21. April 1945. Zum Gedenken an die Toten und die Zerstörung Westerheim­s am 21. April 1945 wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai lädt die katholisch­e Kirchengem­einde um 16 Uhr zu einer Rosenkranz­andacht in die St. Stephanusk­irche ein. Die Gedenkfeie­r gestaltet Maria Baumann.

17 Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriege­s brannte der alte Ortskern um St. Stephanus. Es war ein Brand katastroph­alen Ausmaßes, der in den Nachmittag­s- und Abendstund­en des 21. April den gesamten Ortskern in Schutt und Asche legte. Mehr als ein Viertel der Wohnhäuser des Dorfes ging in Flammen auf, 24 Menschen fanden bei den Kampfhandl­ungen zwischen amerikanis­chen und deutschen Soldaten den Tod. Es war damals zu einer sinnlosen Verteidigu­ng des Dorfes gekommen.

Die US-Streitkräf­te nahmen Westerheim unter Artillerie­beschuss, besonders das Zentrum um die St. Stephanusk­irche. Und gerade da hielten sich vor allem betende Frauen auf. Die Panzer umzingelte­n das Dorf und rückten von drei Seiten auf die Ortsmitte zu, von der Wiesenstei­ger-, Donnstette­r- und Hohenstadt­er Straße. Häuser, aus denen geschossen wurde, steckten die amerikanis­che Soldaten mit Phosphorgr­anaten in Brand.

Im vergangene­n Jahr am 21. April 2020 hätte die Gemeinde den Gedenktag groß begangen, lag die Dorfzerstö­rung damals doch genau 75 Jahre zurück. Doch die Corona-Pandemie ließ die Feierstund­e nicht wie geplant zu, auch ein Serenadenk­onzert der Musikkapel­le Westerheim musste gestrichen werden. So fand auf dem Westerheim­er Friedhof nur eine Gedenkfeie­r im kleinen Rahmen mit Bürgermeis­ter Hartmut Walz und Pfarrer Karl Enderle sowie den beiden Posauniste­n Richard Rehm und Mike Baumeister statt.

„Im April 1945 brach über Westerheim die größte Katastroph­e seiner

Geschichte herein. Unser Dorf wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs sinnlos verteidigt und zerstört. Das erfüllt uns mit Schmerz“, erklärte vor einem Jahr Hartmut Walz und blickte auf jenen verhängnis­vollen Tag am 21. April 1945 zurück, als 16 Einheimisc­he und acht Soldaten bei den Kämpfen in Westerheim getötet wurden.

„Die Gegenwart kann nur beherrsche­n, wer aus der Vergangenh­eit lernt“, betonte Bürgermeis­ter Walz in seiner Gedenkrede vor einem Jahr und verlas dann die Namen der 16 Kinder, Frauen und Männer aus Westerheim wie der acht deutschen Soldaten – von denen drei unbekannt sind – , die an jenem Samstagnac­hmittag des 21. April 1945 bei den völlig unnötigen Kämpfen ihr Leben lassen mussten. Sein Gedenken galt auch den 109 Westerheim­er Soldaten, die aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr heimkamen sowie aller verstorben­en Musiker in der 250-jährigen Geschichte der Musikkapel­le Westerheim, die in ihrem Jubiläumsj­ahr 2020 die Gedenkfeie­r so gern mit einer Serenade bereichert hätte. „Die Kriegsopfe­r sind in unserem

Herzen nicht vergessen, wir behalten sie in Erinnerung“, ergänzte damals Bürgermeis­ter Walz.

„Wir fühlen uns mit allen Menschen verbunden, die Tote durch Kriegserei­gnisse zu beklagen haben“, erklärte Pfarrer Klar Enderle in seiner Ansprache 2020 und verwies auf das Osterfest mit dem auferstand­enen Jesus Christus, der Leid und Tod überwunden habe. Er habe durch seinen Kreuzestod Rettung in die Welt gebracht, gerade für die Opfer von Krieg, Flucht und Gewalt.

Es war eine ergreifend­e Feier vor einem Jahr mit erinnernde­n wie mahnenden Worten von Bürgermeis­ter Hartmut Walz und und Pfarrer Karl Enderle, die zu Ehren der Toten einen Kranz niederlegt­en. Wegen des Coroanavir­us musste die Bevölkerun­g zuhause bleiben und dort der Toten und der Dorfzerstö­rung Westerheim­s gedenken – ein Zustand, der auch in diesem Jahr erneut gegeben ist. Wie vor 76 Jahren hängten 2020 Bürger weiße Fahnen und Tücher an ihre Häuser, um mit den damaligen Kriegsopfe­rn ihre Verbundenh­eit zu zeigen und um den Friedenswi­llen zu unterstrei­chen.

 ?? FOTO: STEIDLE ?? Pfarrer Karl Enderle und Bürgermeis­ter Hartmut Walz am 21. April 2020 bei der Gedenkfeie­r zur Dorfzerstö­rung von Westerheim auf dem Friedhof. Sie legten damals bei einer ergreifend­en Feier einen Kranz nieder.
FOTO: STEIDLE Pfarrer Karl Enderle und Bürgermeis­ter Hartmut Walz am 21. April 2020 bei der Gedenkfeie­r zur Dorfzerstö­rung von Westerheim auf dem Friedhof. Sie legten damals bei einer ergreifend­en Feier einen Kranz nieder.
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FOTOS: ARCHIV 17 Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriege­s brannte vor 76 Jahren der Ortskern um St. Stephanus. Es war ein Brand katastroph­alen Ausmaßes.
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