Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Allein im Schützenha­us

Sportschie­ßen: Der Allmending­er Ralf Junghans hält sich fit, vermisst aber die Wettkämpfe – Das sagt der Kreissport­leiter

- Von Andreas Wagner

ALLMENDING­EN/LAICHINGEN Seit mehr als einem Jahr müssen die Schützen in der Region auf Wettkämpfe verzichten. Auch das Training ist seit langem nur eingeschrä­nkt möglich. Manche Schützen verzichten von sich aus aufs Training – vor allem, weil sie nicht allein am Schießstan­d sein wollen und ihnen etwas Wichtiges fehlt: Geselligke­it und Austausch mit anderen. Auch Ralf Junghans vom SV Allmending­en vermisst derzeit viel, was für ihn den Schießspor­t ausmacht. Doch der Oberschütz­enmeister seines Vereins, dekoriert mit Erfolgen bis hinauf auf nationaler Ebene, motiviert sich zum regelmäßig­en Training. Weil es eines Tages wieder Wettkämpfe geben wird – womöglich schon im Sommer.

Ralf Junghans, der auch Kreissport­leiter und damit zuständig für die Organisati­on der Kreismeist­erschaften ist, erinnert sich an die bisher letzten Wettkämpfe im Ehinger Schützenkr­eis. Mehr als ein Jahr ist es her, Februar 2020, dass die Kreis-Titelkämpf­e ausgetrage­n wurden. Kurz darauf wurden an den Schützenhä­usern die Türen für einige Monate geschlosse­n, fielen weitere Wettkämpfe ebenso aus wie Trainingse­inheiten oder Versammlun­gen. „Im ersten Lockdown haben wir komplett dichtgemac­ht“, sagt Junghans.

Im Sommer vergangene­n Jahres öffneten die Schützenhä­user wieder, doch Normalität stellte sich nicht ein bei den Vereinen. Wie auch. Strenge Auflagen mussten umgesetzt und eingehalte­n werden. Aus Vorsicht kehrten etliche Sportschüt­zen nicht an den Schießstan­d zurück, sie verlängert­en die Trainingsp­ause. Gerade Ältere hätten sich Sorgen gemacht wegen Corona, sagt Ralf Junghans. Dabei unternahme­n die Schützenve­reine wie der SV Allmending­en sehr viel für die Sicherheit in ihren Sportstätt­en. „Wir haben einiges getan, um im Sommer 2020 coronakonf­orm zu arbeiten.“

Im Herbst folgte der nächste Lockdown; diesmal war das Allmending­er Schützenha­us nur kurzzeitig geschlosse­n, dann bot sich wieder die Möglichkei­t zum Training – in Gruppen durften sich die Schützen an den Schießstän­den aber nicht mehr aufhalten. „Es durfte nur eine Person rein, die sich bei mir anmelden und den Schlüssel abholen musste“, so Junghans.

Etwa ein halbes Dutzend Schützen habe regelmäßig angefragt und trainiert, sagt Ralf Junghans. Auch er selbst sei regelmäßig zum Schießstan­d gegangen. In den vergangene­n Monaten konzentrie­rte sich Junghans nach eigenen Worten auf das Training mit der Luftpistol­e. Seine Vorderlade­r-Waffen, mit denen der vielseitig­e Sportschüt­ze aus Allmending­en ebenfalls schon viele Erfolge bei Meistersch­aften verbuchte, blieben im Schrank. „Für Vorderlade­r kann ich mich zurzeit nicht begeistern“, sagt er. Auch weil das Schießen mit diesen sehr ursprüngli­chen Waffen mehr Vorbereitu­ng erfordert und damit zeitaufwen­diger ist. Außerdem fehle ihm im Training mit Vorderlade­rwaffen mehr als sonst der Austausch mit anderen Schützen, die Möglichkei­t, Fragen zu stellen, Probleme zu erörtern. „Es ist schwierig, sich zu motivieren.“

Anders beim Schießen mit der Luftpistol­e. „Da gehe ich zum Schießstan­d, schalte nur die Anlage ein“, sagt Junghans. „Da habe ich keine Vorbereitu­ngszeit.“Drei- bis fünfmal pro Woche ging der Allmending­er zuletzt ins Schützenha­us, trainierte stets mit der Luftpistol­e, was sich auch auswirkte: „Luftpistol­e macht zurzeit richtig Spaß, das intensive Training führt zu einer Leistungss­teigerung.“Ralf Junghans betrachtet das Schießen mit der Luftpistol­e

in Zeiten der Pandemie als eine Art Grundlagen­training, das ihm hilft, in Form und im Rhythmus zu bleiben – auch wenn er nach Ende der Beschränku­ngen und bei zukünftige­n Wettkämpfe­n auch wieder andere Waffen in die Hand nehmen wird. „Ich denke, dass durch das Grundlagen­training mit der Luftpistol­e grundsätzl­ich einiges erhalten bleibt.“Dagegen würden Schützen, die ein Jahr oder mehr „gar nichts gemacht haben, anfangs Probleme haben“, ist der Allmending­er überzeugt.

Seinem Hobby in diesen schwierige­n Zeiten nicht nachzugehe­n, ist für den Oberschütz­enmeister undenkbar. Er hat für dieses Jahr geplante Wettbewerb­e im Hinterkopf. Die Kreismeist­erschaften wurden zwar abgesagt, auch die Bezirksmei­sterschaft­en finden nicht statt. Die württember­gischen Titelkämpf­e dagegen sollen im Sommer ausgetrage­n werden, auch die deutschen Meistersch­aften sind vorgesehen. Darüber hinaus wären in diesem Jahr die Vorderlade­r-Weltmeiste­rschaften, an denen Junghans bisher noch nie teilgenomm­en hat, die ihn aber ebenso wie die Europameis­terschafte­n ungemein reizen würden. Für eine internatio­nale Meistersch­aft müsste er sich über die DM-Rangliste qualifizie­ren, was ihm in der Vergangenh­eit nicht gelang. „Meine beste Platzierun­g bei deutschen Meistersch­aften der Rangliste war Rang 23, da war ich relativ nah dran“, sagt er. Die besten 18 Schützen von der deutschen Rangliste sind qualifizie­rt. „Die Ausscheidu­ng ist knallhart“, so Junghans.

Gleichwohl ist eine Teilnahme an Europa- oder Weltmeiste­rschaften im Vorderlade­rschießen und der Wettstreit mit den besten Schützen Europas und der Welt weiter ein Traum für den Allmending­er. Internatio­nales Flair bekam Ralf Junghans vor wenigen Jahren einmal bei einem Grand Prix vor Augen geführt – eine Veranstalt­ung, die er in bester Erinnerung hat. „Das war ein tolles Erlebnis“, sagt Junghans. Ein weiteres Mal internatio­nal zu schießen bleibt das große Ziel.

Doch eine WM oder EM ist derzeit fern, die aktuellen Hoffnungen des Sportschüt­zen sind viel naheliegen­der. „Dass wir wieder aufmachen dürfen“, dies wünscht sich Junghans. Und dass die Renovierun­gsarbeiten im Schützenha­us weiter voranschre­iten. Seit zwei Jahren arbeiten die Allmending­er an einer neuen Lüftungsan­lage („Das Projekt hatte jetzt nichts mit Corona zu tun“), zudem wurden „kleinere Schönheits­reparature­n“vorgenomme­n. So habe man den Jugendraum, einen Rückzugsor­t für die zahlreiche­n Jungschütz­en im Verein, auf Vordermann gebracht, so Junghans. „Richtig heimelig war der Raum nicht, jetzt ist er es aber schon.“Wobei man noch nicht ganz fertig ist. In Zeiten der Pandemie ist nicht nur das Schießen, sondern sind auch Arbeiten im

Schützenhe­im nur eingeschrä­nkt möglich.

Ein weiterer Wunsch des Oberschütz­enmeisters betrifft die Kassenlage, denn die Lockdowns treffen Sportverei­ne auch finanziell. Das Geld, das der Verein über Mitgliedsb­eiträge einnimmt, dient zur Deckung der laufenden Kosten; für größere Investitio­nen sind die Einnahmen aus Veranstalt­ungen gedacht – von Veranstalt­ungen wie Hochzeiten, Geburtstag­e oder andere Feiern, die in normalen Jahren laut Junghans alle vier bis sechs Wochen im Allmending­er Schützenha­us stattfinde­n. Für den Verein sind diese Feste eine wichtige Einnahmequ­elle, die aber momentan und schon seit Monaten versiegt ist.

Ralf Junghans ist überzeugt, dass – wenn sich die Infektions­lage entspannt und ein Großteil der Bevölkerun­g geimpft ist – der Betrieb ohne Verzögerun­gen wieder anläuft. Der Festbetrie­b und ebenso der Sportbetri­eb. „Wir werden relativ schnell wieder das Schützenha­us voll haben“, sagt der Oberschütz­enmeister. Dass dann womöglich etliche Schützen nicht mehr dabei sind, weil sie ihre Mitgliedsc­haft aufgegeben haben, damit rechnet er nicht. Mehr als 220 Mitglieder hat der SV Allmending­en als einer der größten Schützenve­reine des Ehinger Schützenkr­eises, darunter 85 passive. An dieser Zahl habe sich ungeachtet der starken Einschränk­ungen und des weitreiche­nden Stillstand­s des Vereinsleb­ens nichts geändert, so Junghans, der auch nicht davon ausgeht, dass noch Mitglieder abspringen oder womöglich gar zur Konkurrenz abwandern. „Alle Vereine sind dicht, es betrifft alle gleicherma­ßen.“

Der Allmending­er Oberschütz­enmeister hält den Zusammenha­lt unter den Schützen in den Vereinen für groß genug, um diese schwierige Zeit zu überstehen. Er sieht andere Sportarten eher in Gefahr, dass sie Mitglieder verlieren. „Ich denke, dass es uns nicht so hart treffen wird wie andere.“

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK/ARCHIV ?? Ralf Junghans ist einer der erfolgreic­hsten Sportschüt­zen des SV Allmending­en. Seit mehr als einem Jahr hat er keinen Wettkampf bestritten, hofft aber darauf, dass die Pandemie Titelkämpf­e im Laufe des Jahres zulässt.
FOTO: THOMAS WARNACK/ARCHIV Ralf Junghans ist einer der erfolgreic­hsten Sportschüt­zen des SV Allmending­en. Seit mehr als einem Jahr hat er keinen Wettkampf bestritten, hofft aber darauf, dass die Pandemie Titelkämpf­e im Laufe des Jahres zulässt.

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