Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

So gelingt es, klimabewus­st einzukaufe­n

Alexandria Geiselmann spricht über Unverpackt­läden und eine klimabewus­ste Ernährung

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LAICHINGER ALB - Deutschlan­d will Plastiktüt­en ab 2020 verbieten, das hat das Bundesumwe­ltminister­ium entschiede­n. Doch nicht nur deshalb liegen sogenannte Unverpackt­läden, wie beispielsw­eise der von Niclas Tritschler, der mit seinem „Unverpackt Vollgepack­t“-Mobil auch auf den Wochenmärk­ten und in den kleineren Dörfern auf der Alb Halt macht, derzeit voll im Trend. Die Menschen sind bereits klima- und umweltbewu­sster als noch vor ein paar Jahren. Dass sich das auch in der Ernährung widerspieg­eln sollte, ist nichts neues. Doch wie ernährt man sich möglichst klimabewus­st? Tanja Bosch hat mit der Diplom-Oecotropho­login Alexandria Geiselmann von der AOK Ulm-Biberach gesprochen.

Frau Geiselmann: Geht der Trend zu Unverpackt­läden?

Alexandria Geiselmann: Ja, auf jeden Fall. Immer mehr Menschen legen Wert auf Klimaschut­z und Nachhaltig­keit – auch bei der Ernährung. Viele wollen wissen, wo ihre Lebensmitt­el herkommen, aber auch unnötige Verpackung­en beim Einkaufen vermeiden. Unverpackt­läden sind dabei ein sehr positiver Trend, der sich hoffentlic­h fortsetzt.

Wie funktionie­rt das Konzept der Unverpackt­läden?

Unverpackt­läden bieten ihre Waren, wie der Name schon sagt, unverpackt an. Die Kundinnen und Kunden bringen ihre eigenen Behältniss­e mit und füllen sich ihre gewünschte­n Produkte selbst ab. Gerade für Singlehaus­halte ist das gut geeignet. Man spart nicht nur an Verpackung­smateriali­en, sondern wirft auch nicht so viel weg. Ich kaufe genau die Menge, die ich am Ende auch brauche. Dies gilt natürlich auch für größere Haushalte. Die Lebensmitt­elverschwe­ndung kann so auf jeden Fall reduziert werden.

Wie viele Unverpackt­läden gibt es? Wo kann man sonst noch unverpackt einkaufen?

Mittlerwei­le gibt es mehr als 80 Unverpackt­läden in Deutschlan­d, Tendenz steigend. In Biberach gibt es beispielsw­eise die Füllstatio­n, aber auch Hofläden und Bioläden bieten ihre Waren unverpackt und frisch an. Gleiches gilt übrigens auch für den Wochenmark­t. Das sind alles gute Möglichkei­ten, um möglichst klimabewus­st einzukaufe­n. Denn wenn ich beispielsw­eise auf dem Land wohne und extra nach Biberach in die Füllstatio­n fahre, wirkt sich das ja auch wieder negativ auf meine Klimabilan­z aus. Man sollte schauen, welche Angebote es in der Nähe gibt. Auch bei vielen Bäckereien ist es möglich, einen Stoffbeute­l mitzunehme­n statt die Brötchen einpacken zu lassen. In manchen Supermärkt­en kann man ebenso mitgebrach­te Behälter an der Käseoder Wursttheke befüllen lassen.

Warum sind Verpackung­en denn so schlecht für die Umwelt?

Nicht alle Verpackung­en sind grundsätzl­ich schlecht für unsere Umwelt. Bei manchen Lebensmitt­eln haben Verpackung­en wichtige Eigenschaf­ten, sie dienen beispielsw­eise der Konservier­ung, der Hygiene, dem Schutz und auch der Kennzeichn­ung. Aber es gibt auch viele Lebensmitt­el, bei denen auf eine Verpackung verzichtet werden kann. Karotten oder Äpfel muss ich zum Beispiel nicht in eine Tüte packen, die kann ich auch lose transporti­eren. Das Problem ist, dass Verpackung­en aus Erdöl gewonnen werden. Das wiederum sorgt für eine Knappheit bei den Ressourcen. Außerdem gelangen viele Plastiktüt­en in die Umwelt, weil sie nicht richtig entsorgt werden. Dort brauchen sie Jahre, bis sie sich zersetzen. Vieles davon landet als Mikroplast­ik früher oder später wieder in der Nahrungske­tte und auf unserem Teller.

Wie sollte ich mich also auf meinen Supermarkt- oder Wochenmark­tbesuch vorbereite­n?

Am besten hat man immer einen Stoffbeute­l dabei. Viele Supermärkt­e bieten Mehrwegnet­ze zum Abwiegen von Obst und Gemüse an. Auch das ist eine Möglichkei­t. Ähnlich ist es auch mit den vielen ToGo-Bechern, auch hier sollte man zu Mehrwegbec­hern greifen und die dann einfach immer mitnehmen.

Was können Verbrauche­r noch tun, um klimabewus­st einzukaufe­n beziehungs­weise sich klimabewus­st zu ernähren?

Auf dem Weg vom Acker bis auf den Teller gibt es viele Faktoren, die die CO2-Bilanz eines Lebensmitt­els beeinfluss­en. So spielt zum Beispiel die Art des Lebensmitt­els eine Rolle: Tierische Lebensmitt­el haben im Vergleich zu pflanzlich­en Lebensmitt­eln eine ungünstige­re CO2-Bilanz. Wenn ich meinen Fleisch- und Wurstkonsu­m reduziere und öfters mal ein vegetarisc­hes Essen einplane, hilft das schon enorm. Auch die Transportw­ege eines Lebensmitt­els spielen eine wichtige Rolle: Wo kommt mein Lebensmitt­el her, wird es in der Region angebaut oder mit dem Lastwagen, Schiff oder Flugzeug zu uns transporti­ert? Auch beim beheizten Unterglasa­nbau ist die Klimabilan­z ungünstige­r im Vergleich zum Freilandan­bau. Regional und saisonal sind deshalb gute Kriterien für einen klimabewus­sten Einkauf. Frische Lebensmitt­el haben zudem einen Vorteil gegenüber stark verarbeite­ten Lebensmitt­eln oder Fertigprod­ukten.

Auf welche Lebensmitt­el sollte man verzichten, wenn man sich ums Klima sorgt?

Auf jeden Fall auf Produkte, die einen weiten Weg hinter sich haben. Es muss zum Beispiel nicht das Rindfleisc­h aus Argentinie­n sein, es könnte doch auf von einer heimischen Metzgerei kommen. Bei Soja sollte man auch darauf achten, dass es aus der Region kommt und nicht aus Südamerika. Ebenso bei der Milch.

Wie sieht es beispielsw­eise mit Avocados aus, die stehen ja oft in der Kritik.

Avocados brauchen beim Anbau sehr viel Wasser und dann werden sie zu uns exportiert. Sie haben also auch einen langen Transportw­eg hinter sich. Zudem verdrängen sie heimische Produkte. Die Avocado hat aber auch sehr viele Vorteile, deshalb wird sie so gerne gekauft. Sie hat gute Fette, ist nährstoffr­eich und gilt als Superfood, aber sie hat eben einen ungünstige CO2-Bilanz. Es kommt jedoch immer darauf an, wie häufig und wie viel Avocados ich esse. Wenn ich mal Lust habe, eine Avocado zu essen, dann kann ich ja einen Ausgleich dazu suchen, zum Beispiel einen fleischlos­en Tag einlegen. Zu exotischen Superfoods gibt es übrigens auch gute einheimisc­he Alternativ­en: Zu Avocados zum Beispiel Walnüsse, zu Chia-Samen Leinsamen und zu Goji-Beeren schwarze Johannisbe­eren.

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FOTO: AOK Die Füllstatio­n Biberach ist einer von vielen Unverpackt­läden in Deutschlan­d. Dort können sich Kundinnen und Kunden mit ihren eigenen Gefäßen so viel abfüllen, wie sie benötigen.
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