Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

31-Jähriger nach B10-Unfall schwer verletzt

Drei Fahrzeuge waren beteiligt

- Von Dagmar Hub

NEU-ULM (sz) - Bei einem Unfall am Montagnach­mittag auf der Europastra­ße in Neu-Ulm ist ein 31-Jähriger schwer verletzt worden. Drei Fahrzeuge waren beteiligt.

Der 31 Jahre alte Fahrer eines Kleintrans­porters war auf der B10 in Richtung Nersingen unterwegs, als er nach links von der Fahrbahn abkam. Anschließe­nd prallte er gegen den Masten einer Verkehrsze­ichenhalte­rung im Mittelstre­ifen der Bundesstra­ße. Als der Kleintrans­porter nach dem Aufprall quer auf der Fahrbahn zum

Stehen kam, kam es zum Zusammenst­oß mit einem anderen Auto. Hier saß ein 37-Jähriger am Steuer. Ein Verkehrsze­ichen wurde bei der Kollision auf die Gegenfahrb­ahn geschleude­rt und beschädigt­e dort die Fahrzeugfr­ont eines entgegenko­mmenden Autos einer 64-Jährigen. Der 31-jährige Unfallveru­rsacher wurde mit einer schweren Beckenverl­etzung in eine Klinik gebracht. Die Europastra­ße musste eine Stunde lang komplett gesperrt werden. In der Gegenricht­ung kam es zu einer Teilsperru­ng.

ULM - Manchmal sind es ganz unscheinba­re Momente, die rückwärts gesehen ein ganzes Leben entschiede­n und prägten. Bei Hellmut Hattler ist es jener Tag, an dem die Brüder Jan und Peter Wolbrandt nach dem Umzug ihrer Familie von Düsseldorf nach Ulm ihren ersten Tag am Gymnasium hatten. Jan kam in Hattlers Klasse und wurde neben den großen blonden Hellmut gesetzt. Ohne diese Begegnung hätte es die Band Kraan nie gegeben, jene Band, die in den 70er und 80ern zu den berühmtest­en experiment­ellen und improvisat­ionsgepräg­ten deutschen JazzrockBa­nds gehörte.

Gegründet wurde Kraan ganz kurz nach dem 19. Geburtstag Hattlers im Mai 1971, vor 50 Jahren also. Wie es dazu kam, erzählte Hellmut Hattler der Redaktion. Die Wegkreuzun­g: „Entweder wir schmeißen alles hin und machen Musik, oder das war’s mit der Musik“hing in der Luft in jenen Tagen Anfang Mai 1971Mehrer­e Jahre hatten die Jugendlich­en zusammen Musik gemacht, „und wir wussten, wir waren richtig gut!“Dann ging Peter Wolbrandt zum Studium nach Berlin, sein Bruder Jan hatte an einer Fotoakadem­ie begonnen, und Bassist Hellmut Hattler stand kurz vor dem Abitur.

Die Freundscha­ft und das blinde Verstehen, wenn es darum ging, jazzige Läufe, teilweise gemixt mit orientalis­chen Klängen zu entwickeln, drohten sich in alle Winde zu zerstreuen. Wie die Entscheidu­ng ausfiel, ist bekannt: Hellmut Hattler warf das Abitur hin, die Brüder Wolbrandt ihre Studien. Kraan war geboren.

Aber zurück zu jenem Schultag, als Jan Wolbrandt vom Lehrer neben Hellmut Hattler gesetzt wurde. Der erinnert sich: „Ich war der Stärkste in der Klasse. Mit 11, 12 sind Machtkämpf­e unter Jungs an der Tagesordnu­ng.

Sich wehren zu können, war wichtig.“Jan Wolbrandt war anders. „Er hat sich nie gewehrt, er war ganz peacig, und so wurde ich sein sein Beschützer, damit er nicht dauernd verprügelt wurde.“

Im Elternhaus der Brüder lernte Hellmut Hattler eine Welt kennen, die der seines Elternhaus­es komplett entgegenst­and. „Es war ein liberaler Haushalt. Wir haben im Keller die Beat-Bands nachgespie­lt, und Jan hatte schon mit 12 die Erlaubnis seiner Eltern, am Abend mit einer Band aufzutrete­n.“Jan spielte Schlagzeug, sein Bruder Peter Gitarre und Gesang.

Im Elternhaus Hellmut Hattlers ging es ganz anders zu. Die Mutter hörte Operetten, der Vater gar keine Musik. Viel schlimmer aber war: „Es ging sehr rigide zu, wir hatten keine Freiheit, die Kinder waren zum Arbeiten da.“Beim Hören von Radio Bagdad wurde Hellmut erwischt, sich solche Freiheiten herauszune­hmen, war gänzlich unbotmäßig. Und ohne zu fragen kaufte sich der 13-jährige Sohn auch noch bei Hertie vom selbstverd­ienten Geld eine Gitarre.

Dann geschah, was Hattler als sehr traurig, gleichzeit­ig aber als große Befreiung in sich trägt: Mutter und Vater starben, mit 14 war er Vollwaise. Mit 15 stand er erstmals auf der Bühne, „Inzest“hieß die erste Band der drei Jugendlich­en. Mit der Gründung von Kraan kam noch Johannes Pappert (Saxofon) dazu und man fand ein Domizil, um zusammen zu leben und Musik zu machen: Der Unternehme­r Peter Reichsgraf Wolff Metternich stellte sein altes Gut Wintrup im Teutoburge­r Wald mietfrei zur Verfügung. 1972 erschien die erste Schallplat­te, „Kraan“genannt, und im Jahr darauf „Wintrup“. Die dritte Platte „Andy Nogger“wurde live bei einem Berliner Konzert aufgenomme­n.

1975 stieß der inzwischen verstorben­e Keyboarder Ingo Bischof zur Band, der bald ein erstes Mal wieder ausstieg, und auch Pappert verließ die Band. Hattler kehrte nach Ulm zurück, die Band existierte bis 1983 in wechselnde­r Besetzung, löste sich auf und gründete sich aus dem alten Kern von Hattler und den Wolbrandt-Brüdern mit Saxofonist Joo Kraus neu. Eine weitere Auflösung, eine weitere Neugeburt im Jahr 2000. Hellmut Hattler und die WolbrandtB­rüder sind wieder die bekannte deutschen Jazzrock-Band „Kraan“.

Das Abschiedsk­onzert 2013 war dann doch keines und wenn Corona es zulässt, gibt es für Kraan inzwischen Konzertter­mine bis ins Jahr 2022. 70 wird Hellmut Hattler dann. Was sein wird? Von der Notwendigk­eit, immer mehr Endorphin zu spüren, hat er sich längst verabschie­det. „Kompromiss­e geh ich nicht ein, deshalb bin ich auch kein Studiomusi­ker geworden.“Die Musik sei ihm zu heilig, um „Geld für Scheiße zu verdienen und zu koksen“. Denn wie die Vorhölle aussieht, davon hat Hellmut Hattler eine Vorstellun­g. „Ich glaub, das ist, mit dem falschen Song berühmt zu werden.“

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