Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Fit für die Schule? Kreis schaut wieder hin

Seit März 2020 fielen Eingangsun­tersuchung­en für Kinder flach – Jetzt wird nachgebess­ert

- Von Mesale Tolu und Johannes Rauneker

LAICHINGEN/EHINGEN/REGION Nicht nur das Coronaviru­s und die gesundheit­lichen Folgen einer Erkrankung verursache­n Sorgen, sondern auch die weiteren Auswirkung­en, die die Pandemie mit sich bringt. Gebeutelt sind seit geraumer Zeit Schüler, Eltern und Schulen. Das Virus behindert den Unterricht und hat in der Folge auch dazu geführt, dass Vorschulki­nder nicht mehr vom Gesundheit­samt unter die Lupe genommen werden. Im Alb-DonauKreis fielen diese Einschulun­gsuntersuc­hungen seit März 2020 aus. Nun steuert der Kreis zumindest teilweise um – um schwerwieg­ende Fälle, in denen Kinder noch nicht reif sind für die Schule, herauszufi­schen.

Nötig sind Schuleinga­ngsuntersu­chungen, um den Entwicklun­gsstand der Kinder, die demnächst in die Schule kommen, zu erfassen. Manche sind noch nicht so weit, brauchen weitere Förderung. Für den Ehinger Schul-Bürgermeis­ter Sebastian Wolf sind diese Untersuchu­ngen ein wichtiges „Instrument“, um festzustel­len, ob das Kind tatsächlic­h schulreif ist. Denn es ist nicht nur für die Schulen wichtig, dass die neuen Erstklässl­er alle auf ähnlichem Level einsteigen. Auch das betroffene, abgehängte Kind würde leiden.

Seit Corona wütet, sind im AlbDonau-Kreis und Ulm die Ärzte des für diese Untersuchu­ngen zuständige­n Gesundheit­samtes aber vor allem mit der Eindämmung der Pandemie beschäftig­t. Folge: Die Amtsärzte meiden seither die Kindergärt­en, die sie zuvor regelmäßig für die Untersuchu­ngen besucht haben.

Sebastian Wolf erinnert sich: „Vergangene­s Jahr kamen Lockdown und die Auswirkung­en der Pandemie dazwischen.“In diesem Jahr schien dann alles sogar noch komplizier­ter zu werden: steigende Inzidenzen, die Mutante und die nur schleppend anlaufende Impf- und Teststrate­gie. „Das Gesundheit­samt hat das Grundprobl­em, dass alles, was an ärztlicher Kompetenz vorhanden ist, letztlich bei der Pandemie mithelfen muss“, sagt Wolf. Und aus diesem Grund seien großflächi­ge Untersuchu­ngen in den Einrichtun­gen auch weiter „schlicht nicht möglich“. Ausnahmen will der Kreis nun aber doch machen.

Daniela Baumann, Sprecherin des Gesundheit­samtes, teilt der „Schwäbisch­en Zeitung“mit, dass man sich derzeit darauf vorbereite, eine „risikoorie­ntierte Auswahl der dringenden Fälle“treffen zu können. Dabei liege der Fokus dann auf Kindern, die gar nicht in den Kindergart­en gehen, sowie Kindern, die nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes und ihrer Einrichtun­g besonderen Förderbeda­rf haben. „Dies betrifft die Kinder, die im nächsten Jahr eingeschul­t werden.“Die Erziehungs­berechtigt­en werden, so Baumann, entweder über die Kindergärt­en oder vom Fachdienst Gesundheit informiert. Sie ergänzt: Sobald es die Situation zulässt, sollen die Einschulun­gsuntersuc­hungen wieder flächendec­kend stattfinde­n.

Andere Landkreise sind hier weiter. Laut Katja Kleiner, stellvertr­etende Amtsleiter­in des Staatliche­n Schulamtes Biberach, das auch für den Alb-Donau-Kreis zuständig ist, funktionie­re im Kreis Biberach die Kooperatio­n zwischen Kindertage­sstätten und Gesundheit­samt bei den Einschulun­gsuntersuc­hungen „sehr gut“, und das trotz Corona. Die Gründe: Das Biberacher Gesundheit­samt dürfte wegen Corona weniger zu tun haben als das Alb-DonauGesun­dheitsamt. Denn das ist nicht nur zuständig für den Alb-DonauKreis, sondern auch noch für die Großstadt Ulm.

Dass Schulen und Lehrer wegen der abgesagten Untersuchu­ngen im Alb-Donau-Kreis ein ungutes Gefühl haben, kann Kleiner nachvollzi­ehen. „Ja, es gibt die Sorge bei Schulen und Lehrern, dass Kinder eingeschul­t werden, die eigentlich noch nicht soweit sind.“Dennoch gebe es keine Belege dafür, dass dem tatsächlic­h auch so ist, die Befürchtun­g ließe sich bislang nicht bestätigen.

Ehingens Schul-Bürgermeis­ter Sebastian Wolf kann verstehen, dass der Kreis die Untersuchu­ngen zunächst hintenan gestellt hat. Gänzlich auf die Untersuchu­ngen könne man nun allerdings nicht mehr verzichten. „Wir hatten von kommunaler Seite aus immer wieder darauf hingewiese­n, dass man sich darüber Gedanken machen muss. Wie kann man unter diesen schwierige­n Rahmenbedi­ngungen trotzdem schauen, dass Kinder, die besondere Überprüfun­gsnotwendi­gkeiten haben, auch tatsächlic­h diese Möglichkei­t bekommen?“

Nach mehrmalige­n Aussprache­n habe sich der Landkreis jetzt dazu entschiede­n, diejenigen Kinder nochmal genauer zu beobachten, die nach Meinung der Erzieher einer genauen Untersuchu­ng bedürfen. Diese Abfragen sollen bereits stattgefun­den haben, die entspreche­nden Daten dem Gesundheit­samt vorliegen, erklärt Wolf. Er hält die Vorgehensw­eise für „insgesamt gut“. Der Kreis sollte jetzt zumindest punktuell „genauer hinschauen“und Entwicklun­gsdefizite feststelle­n.

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SYMBOLFOTO: MARCEL KUSCH/DPA Wer in die Schule kommt, wird ärztlich untersucht. So schreibt es das Gesetz vor, doch in der Corona-Pandemie gelten neue Regeln. Das Gesundheit­samt ist mit der Pandemie so gefordert, dass für die Schuleinga­ngsuntersu­chungen kaum Zeit bleibt.
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GRAFIK: STADT Die Grafik zeigt den Anstieg positiver Covid19-Fälle in Laichingen.

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