Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sana will 56 Beschäftigten kündigen
Klinikbetreiber strukturiert Service und Logistik neu – Gerster und Verdi sind empört
LAUPHEIM/BIBERACH - Die Sana Kliniken AG plant bis Jahresende 2021 einen massiven Personalabbau im Service- und Logistikbereich. Deutschlandweit sollen 1020 Beschäftigte der Unternehmenstochter Sana DGS pro.service GmbH entlassen werden. Als Grund nennt Sana fachliche Spezialisierungen, die eine Umstrukturierung erforderten. Am Standort Biberach sind 41 und im Laupheimer Krankenhaus 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Kündigungen betroffen. Das erfuhr der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster Mittwoch früh auf Nachfrage im Biberacher Landratsamt. Sana hat die Zahlen am Nachmittag der „Schwäbischen Zeitung“bestätigt. In Summe gehe es in Biberach um etwa 26 und in Laupheim um knapp 6,5 Vollzeitstellen.
„Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass die Sana DGS pro.service GmbH in ihrer aktuellen Form nicht mehr zukunftsfähig aufgestellt ist“, teilte der Klinikbetreiber mit. Aus diesem Grund habe man sich entschlossen, den Service- und Logistikbereich
neu zu strukturieren und beide Teilbereiche zum Jahresende zu schließen. „Die Arbeitsverhältnisse mit den in diesen Teilbereichen beschäftigten Arbeitnehmern sollen, unter Berücksichtigung der allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzbestimmungen, zum 31. Dezember 2021 beendet werden.“Von der Maßnahme ausgenommen sei der Bereich Krankenhausreinigung, er bleibe bei Sana DGS.
Die Anforderungen an den Dienstleistungssektor im Krankenhaus seien deutlich gestiegen und zunehmend komplexer geworden, heißt es weiter in der Stellungnahme der Sana-Zentrale. Besonders stark sei dies in den Teilbetriebsbereichen Reinigung, Service und krankenhausinterne Logistikdienstleistungen der Sana DGS festzustellen. Eine fachliche Spezialisierung in separaten Strukturen sei für die Zukunft unerlässlich. In diesem Zusammenhang prüfe man auch externe Angebote und Problemlösungen, wäre es doch „schlicht fahrlässig, wenn wir uns nicht auch allgemein an führendem Branchenwissen orientieren würden“. Der bisherige Service- und Logistikbereich bei Sana DGS umfasst Hol- und Bringdienste, Patientenbegleitdienst, Dienstleistungen an Pforte und Empfang, Stationshilfsdienst, Wäscheservice, Archivdienstleistungen und Modulversorgung. Mit der Reorganisation werde ausdrücklich nicht bezweckt, solche Aufgaben und Tätigkeiten auf das Pflegepersonal zu übertragen, betont Sana. Die Geschäftsführung der GmbH will mit dem Gesamtbetriebsrat umgehend über die geplante Betriebsänderung und einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Es gebe Terminvorschläge für Mai und Juni. Die Sana DGS setze sich dafür ein, dass den Betroffenen „möglichst ein Arbeitsvertragsangebot offeriert wird“, versichert der Vorstand der Sana AG in einem Schreiben an den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags und betont ferner: „Ziel der Teilbetriebsschließung ist explizit nicht, eine gesellschaftsrechtliche Struktur zu erzeugen, die für die Beschäftigten eine tarifabsenkende Wirkung mit sich bringt.“
Im Biberacher Landratsamt zeigte man sich von den Plänen überrascht. „Wir waren vorab nicht über die geplante bundesweite Umstrukturierungsmaßnahme der Sana Kliniken AG informiert. Die Information darüber haben wir auf unsere Nachfrage hin heute erhalten“, verlautete am Mittwochnachmittag. Der Landkreis ist Gesellschafter der Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH.
Martin Gerster ist empört. „Mir fehlt jedes Verständnis für diese Entscheidung“,
kommentierte der Abgeordnete den Vorgang. Gerade jetzt, in der Corona-Krise, seien die Kliniken und ihr Personal höchsten Belastungen ausgesetzt – „in dieser Situation im Biberacher Klinikum die Zahl der Intensivbetten vorübergehend zu reduzieren, weil es an Fachkräften fehlt, und gleichzeitig 56 Beschäftigte zu kündigen, das schlägt dem Fass den Boden aus“.
Gerster hat Landrat Schmid aufgefordert, alle Register zu ziehen, um den Personalabbau zu verhindern.
„Stinksauer“ist er auch über die Informationspolitik von Sana. Der Konzern habe es offenbar nicht einmal für nötig befunden, den Landkreis als Mitgesellschafter der hiesigen Kliniken GmbH zu unterrichten.
Am Dienstag hatte Gerster, beunruhigt durch Berichte mehrerer Parlamentarierkollegen über geplante Entlassungen bei Sana in ihren Wahlkreisen, im Landratsamt nachgefragt. „Die wussten zu diesem Zeitpunkt nichts und wollten sich bei Sana erkundigen.“So kam die Sache ans Licht. Das nähre den Verdacht, dass der Konzern die Kündigungen möglichst im Verborgenen über die Bühne bringen wollte, mutmaßt Gerster.
Harsche Kritik übt auch Maria Winkler, Bezirksgeschäftsführerin der Gewerkschaft Verdi in Ulm. „Aus unserer Sicht geschieht das ohne Not“, bewertet sie den angestrebten Personalabbau bei Sana DGS. Es gehe offensichtlich nur darum, den Profit eines gut verdienenden Klinik-Konzerns weiter zu steigern. „Darunter leiden müssen Menschen, die ohnehin im unteren Drittel des Lohngefüges angesiedelt sind.“