Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Spahn warnt und versprüht Zuversicht
Minister: „Die dritte Welle scheint gebrochen“– Lockerungen für Geimpfte ab Sonntag
BERLIN (dpa) - Für Millionen Menschen, die gegen das Coronavirus vollständig geimpft oder von einer Erkrankung genesen sind, fallen viele Alltagsbeschränkungen weg. Einen Tag nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat einer Verordnung zu, die Grundrechtseinschränkungen für diese Gruppen aufhebt. „Das ist ein ganz wichtiger Schritt hin zu mehr Normalität“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Verordnung trete am Sonntag in Kraft. Trotz der sinkenden Infektionszahlen warnte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor Sorglosigkeit und zu schnellen Öffnungen.
Lambrecht erläuterte, Geimpfte und Genesene bräuchten künftig keinen negativen Test mehr, wenn sie einkaufen oder zum Friseur gehen. Sie könnten sich im privaten Rahmen ohne Einschränkungen treffen. Ausgangsbeschränkungen gelten demnach nicht mehr. Quarantäne kann nur noch in Ausnahmefällen angeordnet werden. „Wenn die Infektionszahlen weiter sinken, werden zügig weitere Schritte folgen“, sagte die SPD-Politikerin. Auch Geimpfte und Genesene müssen aber weiter, wenn dies regional vorgeschrieben ist, Masken tragen und Abstand halten.
Vollständig mit der nötigen zweiten Spritze geimpft sind inzwischen knapp 7,4 Millionen Menschen und damit 8,8 Prozent der Bevölkerung. Mindestens eine erste Impfung haben mittlerweile 26,2 Millionen Bürger erhalten. Dies entspricht einem Anteil von 31,5 Prozent.
Bundesweit sank die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) von Freitag weiter auf nun 125,7. Vor einer Woche waren es noch 153,4. RKI-Präsident Lothar Wieler mahnte dennoch zu Vorsicht. Bis man weitgehend auf Maßnahmen verzichten könne, müsse der Anteil immuner Menschen deutlich über 80 Prozent liegen. Auch dann werde es noch Infektionen geben, aber keine Wellen mehr. Gesundheitsminister Spahn sagte dazu: „Die dritte Welle scheint gebrochen.“Die Infektionszahlen gingen zurück, seien aber noch auf hohem Niveau. Nun müsse der Abwärtstrend verstetigt werden. „Das geht aber nicht mit vorschnellen Lockerungen. Zu viele öffnen gerade ziemlich viel bei relativ hoher Ausgangsinzidenz. Zu viel Ungeduld dagegen würde nur dem Virus helfen.“Trotz seiner Warnungen erklärte Spahn, es gebe Grund zu Zuversicht. Lockerungen sollten vorrangig draußen kommen, in der Gastronomie oder bei Kulturveranstaltungen, und abgesichert mit Tests.
In Bayern dürfen Landkreise und kreisfreie Städte mit einer stabilen Inzidenz unter 100 bereits ab Montag erlauben, Bier-, Wirtsgärten und Freischankflächen unter Hygienevorschriften zu öffnen. Dafür müssen die Kreise aber die Zustimmung des Gesundheitsministeriums einholen. Bis zum Freitagmittag lagen im Gesundheitsministerium zehn Anträge vor – unter anderem auch aus Lindau.