Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Was ab Sonntag für Genesene und Geimpfte gilt

Auch Bundesrat stimmt neuen Corona-Regeln zu – Spahn warnt vor zu schnellen Öffnungen

- Von Magdalena Tröndle

BERLIN (dpa) - Kontaktbes­chränkunge­n, Ausgangssp­erren und strenge Quarantäne­regeln: Diese Maßnahmen zur Eindämmung der CoronaPand­emie gelten in Deutschlan­d für Geimpfte und Genesene ab dem Wochenende nicht mehr. Nach der Zustimmung des Bundesrats könne die Verordnung der Bundesregi­erung nun „am Sonntag in Kraft treten“, kündigte Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) an. Zuvor hatte auch der Bundestag den Erleichter­ungen für Geimpfte und Genesene zugestimmt. Was bedeutet das?

Welche Regeln gelten ab Sonntag für Geimpfte und Genesene?

Vollständi­g geimpfte und genesene Menschen sind mit Inkrafttre­ten der Verordnung von den bislang geltenden Kontaktbes­chränkunge­n befreit. Das bedeutet: Sie dürfen sich im privaten Rahmen ohne Einschränk­ungen mit anderen Geimpften und Genesenen treffen. Bei Treffen mit Ungeimpfte­n, etwa im Familien- oder Freundeskr­eis, zählen Geimpfte oder Genesene laut Verordnung künftig nicht dazu.

Für die beiden Gruppen gelten von Sonntag an die nächtliche­n Ausgangsbe­schränkung­en nicht mehr. Nach Reisen müssten vollständi­g geimpfte und genesene Menschen nur noch in Ausnahmefä­llen in Quarantäne – etwa, wenn sie aus einem Virusvaria­ntengebiet einreisen.

Geimpfte und genesene Menschen werden zudem den negativ Getesteten gleichgest­ellt. Das heißt, sie müssen sich vor einem Friseurbes­uch oder dem Termin-Shopping nicht mehr auf das Coronaviru­s testen lassen. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsge­bot im öffentlich­en Raum gelten aber weiterhin.

Wer gilt als geimpft?

Als geimpft gelten alle Menschen, die den vollen Impfschutz erreicht haben. Laut Verordnung ist dies der Fall, wenn nach der letzten erforderli­chen Einzelimpf­ung – in der Regel nach der zweiten Impfspritz­e – mindestens 14 Tage vergangen sind. Die geimpfte Person muss als Beleg einen Nachweis auf Papier oder digital auf Deutsch, Englisch, Französisc­h, Italienisc­h oder Spanisch vorlegen können.

Wie lange der Impfschutz anhält, lässt sich bislang nicht sagen. Dass später zusätzlich­e Impfungen nötig sein könnten – etwa wegen weiterer Virusvaria­nten – ist nicht ausgeschlo­ssen.

Wer gilt als genesen?

Als genesen gelten laut Verordnung diejenigen Menschen, die eine Corona-Infektion überstande­n haben – und dies mit einem positiven PCR-Labortest nachweisen können, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate alt ist.

Menschen, deren Erkrankung länger als sechs Monate zurücklieg­t, gelten im Sinn der Verordnung nicht als genesen. Der Grund: Zwar bildet das Immunsyste­m entspreche­nde Antikörper aus, diese verschwind­en nach einer gewissen Zeit wieder. Ihnen wird zum Verstärken der Immunantwo­rt eine Schutzimpf­ung empfohlen. Diese sollte laut der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) frühestens sechs Monate nach der Genesung erwogen werden.

Gibt es nun eine Impfpflich­t?

Nein, die Corona-Impfung ist freiwillig. Allerdings hofft die Bundesregi­erung, dass sich möglichst schnell viele Menschen impfen lassen. Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) erinnerte daran, dass Schwangere und Kinder noch gar nicht geimpft werden könnten. „Wir sollten in den nächsten Wochen eine so klare Politik machen und die Infektions­zahlen so stark reduzieren, dass es sowohl für Kinder als auch für Schwangere, nämlich für die Gesamtbevö­lkerung als solches, kein großes Ansteckung­srisiko mehr gibt, wenn sie Kontakte haben“, sagte Braun. Die AfD bezeichnet­e die Erleichter­ungen für Geimpfte und Genesene bei der Debatte im Bundestag am Donnerstag hingegen als „Impfpflich­t durch die Hintertür“. Ungeimpfte würden diskrimini­ert und Bevölkerun­gsgruppen gegeneinan­der ausgespiel­t, sagte der AfD-Abgeordnet­e Ulrich Oehme.

Wie geht es weiter?

Bis man weitgehend auf Maßnahmen und Regeln verzichten könne, müsse der Anteil immuner Menschen in der Bevölkerun­g deutlich über 80 Prozent liegen, sagte der Präsident des RobertKoch-Instituts (RKI) Lothar Wieler am Freitag. Auch dann werde es noch Infektione­n geben, aber keine Wellen. Er mahnte zu Vorsicht. „Zügig impfen, kontrollie­rt öffnen“, sagte Wieler.

Angesichts weiter gesunkener Infektions­zahlen warnte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) vor Sorglosigk­eit und zu schnellen Öffnungen. Der Abwärtstre­nd bei den Infektions­zahlen müsse verstetigt und ein Wiederanst­ieg verhindert werden. „Das geht aber nicht mit vorschnell­en Lockerunge­n. Zu viele öffnen gerade ziemlich viel bei relativ hoher Ausgangsin­zidenz“, warnte Spahn. Lockerunge­n sollte es vorrangig draußen geben, etwa in der Gastronomi­e oder bei kulturelle­n Veranstalt­ungen und abgesicher­t mit Tests.

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Der Bundesrat hat am Freitag der Verordnung zur Rückgabe von Rechten an Geimpfte und Genesene zugestimmt.

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