Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Der SPD fehlt das thematisch­e Alleinstel­lungsmerkm­al“

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In Umfragen verharrt die SPD bei 15 Prozent. Woran liegt das? Die Politikwis­senschaftl­er Albrecht von Lucke (links) und Gero Neugebauer (Freie Universitä­t Berlin, Fotos: PR/privat) erklären, was der Partei im Wahlkampf fehlt.

Woran liegt es, dass die SPD in der Wählerguns­t nicht zulegt?

Albrecht von Lucke: Die SPD leidet bis heute in der öffentlich­en Wahrnehmun­g unter den letzten vier Jahren reiner Selbstbesc­häftigung und -demontieru­ng: beginnend mit der so euphorisch gestartete­n und dann kläglich gescheiter­ten Kanzlerkan­didatur von Martin Schulz 2017 über das ewige Hü-und-hott gegenüber der Großen Koalition 2018 bis hin zum Abgang von Andrea Nahles und zur Wahl der GroKo-Gegner Esken und Walter-Borjans Ende 2019 zu neuen Parteivors­itzenden – gegen den daraufhin, aller Logik zum Trotz, gekürten Spitzenkan­didaten Olaf Scholz. Gero Neugebauer: Der Spitzenkan­didat hat trotz der wegen Zeitablauf­s ohnehin wirkungslo­sen Abkehr von Hartz IV und trotz der

Bemühungen, politische alte Themen wie etwa Klimaschut­z für die SPD neu zu besetzen, bislang keine mobilisier­ende Wirkung entfalten können. Und: Die Schwäche der Union ist der SPD trotz einer insgesamt positiven Bilanz ihrer Arbeit nicht zugutegeko­mmen, weil ihr lange praktizier­ter Verzicht auf begrenzte Konflikte mit der Union dazu geführt hat, dass sie primär als leistungsw­illige Gehilfin der Kanzlerin, aber nicht als potenziell­e politische Alternativ­e wahrgenomm­en und anerkannt worden ist.

Fehlt der SPD ein überzeugen­des Wahlkampft­hema?

Neugebauer: Ja. Es fehlt ein Thema, das die SPD auf der Basis ihrer politische­n Werte kompetent und glaubwürdi­g vertreten kann. Die Schlagwört­er des Wahlprogra­mms „Zukunft, Respekt, Europa“bleiben ohne die umfangreic­hen Erläuterun­gen im Programm Schlagwört­er und sind als solche ohne weitere Kommunikat­ion wenig geeignet, Wählerinne­n und Wähler so zu mobilisier­en.

Von Lucke: Im Gegensatz zu den Grünen fehlt der SPD das thematisch­e Alleinstel­lungsmerkm­al. Außerdem harmoniert der mittige Spitzenkan­didat Scholz nicht mit der eher nach links orientiert­en Partei und ihrer Programmat­ik. Insofern gibt es keine Übereinsti­mmung der drei entscheide­nden Ps: Partei, Programm, Person.

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