Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Längst überfällig
Zu „Kliniken geraten an ihre Grenzen“und „Betten gibt es genug, aber Personal fehlt“(24.4):
Fakt ist, dass seit Jahrzehnten Betten abgebaut beziehungsweise Krankenhäuser geschlossen werden, auch 2020. Das Personalproblem in der Pflege und bei den Ärzten ist ebenfalls nicht neu. Wenn nicht schleunigst effektiv gegengesteuert wird, verschlechtert sich die Situation weiter, denn jetzt kommen diese Ärzte zunehmend ins Pensionsalter. Wer mit dem Medizinstudium beginnt, braucht mindestens sechs Jahre, bis er als Arzt tätig werden kann; eine Spezialisierung auf Intensiv- oder Innere Medizin beziehungsweise Anästhesie erfordert zusätzliche Jahre der Weiterbildung. Auch Pflegekräfte haben eine mehrjährige, hoch qualifizierte Ausbildung. Außerdem kommen jetzt die „geburtenstarken Jahrgänge“in das Alter, wo eine ärztliche oder sogar stationäre Behandlung notwendig werden kann. Nicht nur wegen Corona. Jedes Jahr sterben in Deutschland über eine halbe Million Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Eine nachhaltige Gesundheitspolitik ist längst überfällig!
Dr. med. Carmen Reichert-Schuhwerk, Sigmarszell
Es reicht
Zur Debatte um Privilegien für Geimpfte und Genesene:
So kann es nicht weitergehen. Die Schulen müssen endlich wieder öffnen und offen bleiben. Jetzt wird über Öffnungen für Geimpfte und Genesene diskutiert, und was ist mit den Schülern? Sie können Tests machen, müssen sogar auch noch Maske tragen, die Lehrer sind geimpft, Hygienekonzepte sind vorhanden, besser geht es nicht, sich und andere zu schützen. In jeder großen Firma dürfen alle arbeiten gehen und müssen nicht mal verpflichtend einen Test machen. Laut Bundesminister Heil könne man das nicht vorschreiben, da es um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ginge. Was machen die Politiker mit unseren Kindern? Was machen die Politiker mit den Familien? Es ist genug, es reicht. Unsere Kinder sind an der Reihe, sie haben ein Recht auf Bildung und soziale Kontakte.
Christine Böhm, Ellwangen
Wütend und fassungslos
Zu „Kinder im Zentrum der Pandemie“(30.4.):
Ich bin gelinde gesagt ziemlich wütend und fassungslos. Kinder, die als „Zentrum der Pandemie“bezeichnet werden. Es ist hinreichend bewiesen, dass Kinder am Infektionsgeschehen teilhaben, aber keine Treiber der Pandemie sind. Epidemiologisch folgen die Infektionen bei Kindern dem Infektionsgeschehen bei Erwachsenen, sie gehen diesem aber nicht voraus. Die Kollateralschäden mit ihren weitreichenden Dimensionen durch Schließungen von Schulen und Kitas werden in den Überlegungen zu neuen Maßnahmen in keiner Weise berücksichtigt. Schulen und Kitas sind für Kinder und Jugendliche absolut systemrelevant! Es entzieht sich meinem Verständnis, dass den Schülern, die den ganzen Tag Maske tragen, die Abstand zueinander halten, die jeden zweiten Tag getestet werden, die sich wirklich Mühe geben, sich an alle ihnen auferlegten Regeln zu halten, sobald die „magische Zahl 100“auch nur kurz überschritten wird, der Zutritt zur Bildungseinrichtung verwehrt wird. Realistisch betrachtet, wird sich die Sieben-Tage-Inzidenz um die 100 einpendeln. Heute 99, mein Kind darf in die Schule, morgen 101, zwei Tage später wieder zurück zum Homeschooling. Wie stellen sich die Regierungsvertreter da eine vernünftige Planung vor?
Dr. Agnes Schön-Morgenweck, Lindau
Urteil ist schallende Ohrfeige
Zu „Klimaschutzgesetz ist verfassungswidrig“(30. 4.):
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wertet Klimaschutz vom „nice to have“, von der Kür zum einklagbaren Pflichtprogramm politischen Handelns auf. Die Richter folgen damit nicht etwa einem vorübergehenden Zeitgeist, sondern tragen dem fortschreitenden Klimawandel, der insbesondere zukünftige Generationen bedroht, Rechnung. Das Urteil stärkt all jene Stimmen, die einen harten „KlimaLockdown“, den die Natur in absehbarer Zeit der jüngeren Generation aufzwingen könnte, abwenden wollen und daher schon heute ambitionierte Maßnahmen einfordern. Das wegweisende Urteil aus Karlsruhe ist auch eine schallende Ohrfeige für den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben mit seinem vorliegenden Regionalplan-Entwurf. Seit Jahren ignorieren die Verantwortlichen die sachlich fundierten Einwände aus Wissenschaft, Umweltverbänden und breiten Teilen der Bevölkerung. Die Planungsvorgaben für die nächsten 20 Jahre spalten mittlerweile nicht nur die Region, sondern untergraben augenscheinlich und auf unerträgliche
Art und Weise die nun aus Karlsruhe als unzureichend bewerteten Vorgaben aus Stuttgart und Berlin. Mit dem Verfassungsgerichtsurteil sollte auch den letzten Befürwortern aus Politik und IHK klar werden, dass der vorliegende Entwurf obsolet ist und vor Gericht nicht länger Bestand haben wird. Um nicht noch mehr Zeit im Kampf gegen den Klimawandel zu verlieren, erwarte ich als besorgter Vater und engagierter Bürger, dass der Regionalplan jetzt schnellstens unter Einbeziehung von Wissenschaft, Naturschutzverbänden und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft deutlich nachgebessert wird. So könnte ein konstruktiver Klimakonsens mit der Bevölkerung eingeläutet werden, der die vorhandenen Potenziale in der Region zur Entfaltung bringt, statt sie weiter auszubremsen.
Martin Lang, Oberankenreute