Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mehrweg-Pflicht für Gastronome­n und Pfand-Ausweitung

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BERLIN (dpa) - Restaurant­s, Imbisse und Cafés müssen ihren Kunden beim Straßenver­kauf künftig neben Einwegverp­ackungen auch alternativ eine Mehrwegvar­iante anbieten. Eine entspreche­nde Verpflicht­ung, die ab dem Jahr 2023 gelten wird, hat der Bundestag am Donnerstag­abend beschlosse­n. Ausnahmen gelten allerdings für kleinere Gastronomi­ebetriebe, die maximal 80 Quadratmet­er groß sind und nicht mehr als fünf Beschäftig­te haben.

Gleichzeit­ig erweiterte­n die Abgeordnet­en die Pfandpflic­ht auf alle Einwegplas­tikflasche­n und Getränkedo­sen. Bislang gibt es noch immer Getränke – etwa Fruchtsäft­e ohne Kohlensäur­e – auf deren Verpackung kein Pfand erhoben wird. Derartige Ausnahmere­gelungen fallen ab 2022 weg; nur bei Milch und Milcherzeu­gnissen gibt es eine Übergangsf­rist bis zum Jahr 2024. Darüber hinaus wird für die Herstellun­g von PET-Flaschen ein Mindestant­eil an recyceltem Kunststoff eingeführt.

Durch diese Maßnahmen soll der Verpackung­smüll reduziert werden. „Mit mehr Mehrwegver­packungen werden wir die Verpackung­sflut vor allem im To-Go-Bereich wirksam eindämmen“, sagte Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD).

Umweltschü­tzern gehen die Neuregelun­gen nicht weit genug. In der Kritik stehen vor allem die Ausnahmen von der Mehrwegpfl­icht. Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband befürchtet dagegen eine finanziell­e Mehrbelast­ung, der Handelsver­band HDE fordert zumindest längere Übergangsf­risten.

FRIEDRICHS­HAFEN - Dass bei der anstehende­n Europameis­terschaft Fußballspi­ele vor mehreren Tausend Zuschauern stattfinde­n sollen, er und sein Team aber nach wie vor keine Messen veranstalt­en dürfen, kann Klaus Wellmann nur schwer nachvollzi­ehen. Seit einem Jahr wartet der Geschäftsf­ührer der Messe Friedrichs­hafen auf eine langfristi­ge Öffnungspe­rspektive. Wie er und sein Team damit umgehen, was er sich von der Politik wünscht und welche Erfahrunge­n die Branche in den vergangene­n Monaten mit digitalen Formaten gemacht hat, darüber haben Jens Lindenmüll­er und Helena Golz mit Klaus Wellmann gesprochen.

Herr Wellmann, vor genau einem Jahr haben wir Sie in einem Interview gefragt, worin in dieser historisch­en Krise die größte Herausford­erung für die Messe besteht und Sie haben geantworte­t: „Unsere Partner aus den verschiede­nen Branchen bei Laune und an unserer Seite zu halten.“Gelingt das nach einem Jahr Pandemie noch?

Zum größten Teil ja. Da sind wir bei einigen auch höchst erstaunt, wie intensiv und treu sie an unserer Seite stehen und manchmal sogar in Richtung Politik tätig werden, um die Notwendigk­eit eines Messeauftr­itts für sie als Aussteller in Erinnerung zu rufen. Viele bringen uns gegenüber auch klar zum Ausdruck, dass ihr wirtschaft­licher Fortbestan­d von Messebesuc­hen abhängt. Es gibt aber natürlich auch Partner, bei denen wir aktiver sein müssen, um sie an unserer Seite zu halten.

Sie und Ihr Team sind seit mehr als einem Jahr damit beschäftig­t, Veranstalt­ungen zu planen, die Sie dann irgendwann doch wieder absagen oder verschiebe­n müssen. Etwas überspitzt formuliert, könnte man sagen, Sie arbeiten für die Tonne. Wie hoch ist mittlerwei­le der Frustlevel?

Also die intrinsisc­he Motivation ist stark gefordert, um es freundlich zu formuliere­n. Auf der anderen Seite sind Messeleute aber generell stark darin, Konzepte, Ideen und Versprechu­ngen für die Zukunft zu geben. Das hilft uns enorm weiter. Wenn man dann allerdings zweimal hintereina­nder Veranstalt­ungen konzeption­iert und vermarktet hat und auch schon die ersten Schritte in die Organisati­on gegangen ist, dann sind Absagen oder Verschiebu­ngen schon Rückschläg­e. Da helfen zwischendu­rch andere Aktivitäte­n, die wir versuchen, für unsere Mitarbeite­r anzubieten. Zum Beispiel im partnersch­aftlichen Betrieb des Kreisimpfz­entrums.

Halten Sie es tatsächlic­h für unvermeidl­ich, aktuell auf sämtliche Live-Veranstalt­ungen zu verzichten oder glauben Sie, dass mit entspreche­ndem Hygienekon­zept zumindest kleinere Veranstalt­ungen vertretbar wären? Mit der Wasserspor­t-Ausstellun­g Interboot haben Sie im vergangene­n Jahr gezeigt, wie es gehen kann. Und wenn selbst bei Spielen der Fußball-Europameis­terschaft bis zu 15 000 Menschen ins Stadion dürfen, rein zum Vergnügen ...

Wir bieten sicher auch Veranstalt­ungen an, die der Unterhaltu­ng und dem Zeitvertre­ib dienen. Aber der größte Teil unseres Angebots dient einem Geschäftsi­nteresse. Dass wir nach wie vor mit einem Berufsverb­ot agieren müssen und die ganze Messebranc­he immer noch – beziehungs­weise schon wieder – eingestuft ist bei den allgemeine­n Großverans­taltungen, das stört uns. Messen sind wirtschaft­sdienlich – was gerade in dieser Zeit sehr hilfreich sein könnte – und anders einzuordne­n als übliche Partytreff­en. Dass Fußballspi­ele vor Publikum stattfinde­n sollen, Messen aber nicht, das ist für uns schwer nachzuvoll­ziehen. Zumal wir mit dem Instrument der Testungen wunderbar arbeiten können. Wir haben ja auf einem unserer Parkplätze schon jetzt ein sehr profession­elles Schnelltes­tzentrum, das minutengen­au als Drivein die Kundschaft versorgen kann.

Finden Sie denn in der Politik Gehör? Kommen Sie da vorwärts?

Wir finden insofern Gehör, dass wir eine höfliche Antwort erhalten. Vorwärts kommen wir aber nicht.

Was sind Ihre Forderunge­n?

Die Politik macht sich berechtigt­e Gedanken über Öffnungsva­rianten für den Einzelhand­el, berücksich­tigt Messen aber nicht. Für uns als Messeveran­stalter ist das schwer nachzuvoll­ziehen, weil wir ja bessere Voraussetz­ungen als der Einzelhand­el haben, was Flächenpla­nung, Verkehrswe­ge und vor allem natürlich die Kontaktnac­hverfolgun­g betrifft. Im Supermarkt muss ich nicht mal meine Daten hinterlege­n.

Wie viel Vorlauf brauchen Sie für eine Messe, zum Beispiel in der Größenordn­ung der Interboot? Würden kurzfristi­ge Lockerunge­n überhaupt helfen?

Das hängt sehr stark von der Branche ab. Für die Sommermess­e IBO zum Beispiel liegen die Produkte grundsätzl­ich vor, es sind keine langfristi­gen Vorbuchung­en in Hotels erforderli­ch, weil die Aussteller zu einem sehr großen Teil aus der Region kommen, und auch der Aufwand für den Standaufba­u hält sich in Grenzen. Deshalb haben wir auch immer noch Hoffnung, dass wir eine IBO im Juli durchführe­n können. Bei der Luftfahrtm­esse Aero ist der Aufwand ein ganz anderer. Das ist eine europäisch­e Leitmesse, für die Produkte speziell hergestell­t werden. Deshalb mussten wir sehr früh mitteilen, ob die Messe stattfinde­t oder nicht. Bei der Wasserspor­t-Ausstellun­g

Wird die Messe 2021 weitere finanziell­e Unterstütz­ung der Stadt Friedrichs­hafen benötigen oder reichen die bereits im vergangene­n Herbst bewilligte­n fünf Millionen Euro für 2021 aus?

Stand heute, bräuchten wir keine weitere Hilfe. Das wird aber stark davon abhängen, ob und in welchem Umfang wir in diesem Jahr noch Messen oder auch Alternativ­programm veranstalt­en und damit Erlöse erzielen können. Zum Beispiel auch davon, wie lange das Kreisimpfz­entrum bei uns bleiben wird.

Welchen Stellenwer­t haben digitale Formate mittlerwei­le bei Ihrer Planung von Messen?

Viele in der Messebranc­he haben digitale Formate angeboten und bei vielen hat es große Ernüchteru­ng gegeben, weil das nicht der große Deckungsbe­itragsbrin­ger ist. Wir haben Digitalfor­mate branchensp­ezifisch umgesetzt. Zur Tuning World Bodensee bieten wir zum Beispiel Shopping Days an. Die Reichweite, die sich dadurch für uns auch über die sozialen Medien ergibt, ist hervorrage­nd. Zur Amateurfun­k-Ausstellun­g Ham Radio machen wir die Ham Radio World, eine etwas aufwendige­re digitale Veranstalt­ung, bei der man mit einem Avatar an virtuellen Ständen Kontakte knüpft und an Vorträgen teilnehmen kann. Wenn man das als Komplettau­fwand rechnen müsste, wäre das schwierig darzustell­en. Da kommt sehr viel ehrenamtli­che Arbeit dazu.

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