Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Leiser fahren“heißt das Ziel
Orte, Kreise und Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann sagen dem Motorradlärm den Kampf an
FORBACH (lsw) - Braucht es Tempolimits, Fahrverbote, Strafen? Anwohner haben es satt und machen Front gegen Motorradlärm. Rund 160 Orte und Kreise umfasst inzwischen die „Initiative Motorradlärm“der baden-württembergischen Landesregierung. Biker fühlen sich gegängelt. Dabei müsste die harte Tour gar nicht sein.
Warum gibt es Zoff ?
Es gibt immer mehr Motorräder: Seit 2011 stieg die Zahl der Neuzulassungen in Baden-Württemberg laut Statistischem Landesamt um knapp ein Viertel auf fast 700 000 im vergangenen Jahr. Laut ADAC sind das zwanzig Mal so viel wie vor 50 Jahren. Ein neuer Höchststand. Allein im nördlichen Schwarzwald sind nach ADACSchätzungen an Sommertagen zwischen 3000 und 6000 Biker unterwegs. Wenn die noch aufdrehen, den Auspuff für den richtigen Sound manipulieren und im Pulk fahren, ist es aus mit der Erholung anderer.
Ab wann wird Lärm gefährlich?
Laut Umweltbundesamt sollte ein Lärmpegel von 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht nicht überschritten werden. Bei einer Messung an der Bundesstraße 39 bei Löwenstein (Kreis Heilbronn) war laut Verkehrsministerium jedes zweite Motorrad mit 87 Dezibel oder lauter unterwegs.
Was wird dagegen getan?
Die Polizei kontrolliert verstärkt und geht gegen Raser vor. Die Beamten achten auf technische Manipulationen an Auspuffanlagen. Im Rahmen des ersten Aktionswochenendes der Polizei zum Saisonauftakt nehmen landesweit 600 Polizisten auffällige Motorräder unter die Lupe. Und sie klären auf. Das Ziel hat auch die ADAC-Schilder-Kampagne („Leiser fahren“). Rund 160 Orte und Kreise wehren sich inzwischen mit der „Initiative Motorradlärm“.
Und wenn alles nichts nutzt?
Dann kommt die harte Tour. „Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Den
Bundesrat hat er schon auf seiner Seite: Die Bundesregierung soll eine Lärmobergrenze erlassen, die ein Motorrad in keinem Fahrzustand überschreiten darf. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hält bei Verstößen Anzeigen und saftige Bußgelder für richtig. Diskutiert wird auch über Fahrverbote nach dem „Tiroler Modell“. Dort sind für laute Maschinen einige Bergstraßen von Juni bis Oktober gesperrt.
Was sagen Motorradfahrer?
Der Bundesverband der Motorradfahrer unterstreicht, dass sich die überwiegende Mehrzahl der Motorradfahrer an Regeln halte. Die meisten Motorradfahrer sind ordnungsgemäß unterwegs, meint der ADAC. Sie sollten nicht wegen einzelner Ausreißer benachteiligt werden. Schließlich sorgen auch Auto-Poser für Frust bei Anwohnern.
Was ist ohne Weiteres möglich?
Rücksicht. Wer sich an Tempolimits hält, einen höheren Gang wählt und vorausschauend fährt, ist leiser unterwegs. „Jeder kann durch seinen Fahrstil erheblich auf die Geräuschentwicklung seines Fahrzeugs einwirken“, sagt Karin Buhrke, Bürgermeisterin in Forbach. Aber viele Motorradfahrer kümmere das nicht.
Eine Digital-Reportage zum Streit über Motorradlärm in der Region auf www.schwaebische.de/ motorrad