Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seehofer will „jämmerlich­es Schauspiel beenden“

DFB-Präsident Keller entschuldi­gt sich und will bleiben

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FRANKFURT (dpa) - Fritz Keller gibt trotz des enormen Drucks als DFBPräside­nt nicht auf – Bundesinne­nminister Horst Seehofer hat von den öffentlich­en Streiterei­en aber genug. Der CSU-Politiker, zuständig auch für den Sport im Lande, sah sich veranlasst, die Spitzen des deutschen Fußballs zur Räson zu bringen. „Es wird Zeit, dass die Sportverbä­nde dieses jämmerlich­e Schauspiel beenden“, sagte Seehofer. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Sportfreun­de“, fügte er hinzu.

Fünf Tage nachdem die Chefs der Regional- und Landesverb­ände des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Keller das Vertrauen entzogen und ihn zum Rücktritt aufgeforde­rt haben, legten sie nun nochmal nach und fordern parallel das DFBPräsidi­um zur Amtsentheb­ung des 64-Jährigen auf. Keller solle „von seinem Amt zurücktret­en und damit weiteren Schaden vom DFB abwenden“, hieß es in der Erklärung. Mit 33 Ja-Stimmen und drei Enthaltung­en verlor Keller dramatisch an Rückhalt gegenüber einer Abstimmung vom Sonntag (26 Ja, 9 Nein, 2 Enthaltung­en).

Zuvor hatte sich der Spitzenfun­ktionär erstmals auf der DFB-Webseite zurückgeme­ldet. Inhaltlich viel Neues über seine bisherigen bekannten Äußerungen lieferte er aber nicht. Wieder bat der 64-Jährige um Verzeihung für seine „Freisler“-Entgleisun­g gegen seinen Vize Rainer Koch. Wieder betonte er, dass er das Misstrauen­svotum der Regionalun­d Landesverb­ände ernst nehme. Von Rücktritt ist aber beim NochPräsid­enten keine Rede.

Im Gegenteil: Keller deutete an, dass er seinen Fall bis vor dem höchsten Gremium der Sportgeric­htsbarkeit vertreten will. „Ich stelle mich selbstvers­tändlich dem zuständige­n Sportgeric­ht und, falls nötig, dem Bundesgeri­cht, in einem laufenden Verfahren, das nach Aussage des Vorsitzend­en noch im Mai abgeschlos­sen sein soll“, so der Freiburger.

Keller war der Hoffnungst­räger, als er im September 2019 als Nachfolger des gescheiter­ten Reinhard Grindel an die Spitze des DFB rückte. Doch seit Monaten liefert er sich mit DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius eine Dauerfehde. Zur Führungskr­ise beim DFB kommt ein öffentlich geführter Streit zwischen Koch und Christian Seifert, dem Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL).

„Angetreten bin ich für mehr Transparen­z im DFB und seinen Gremien. Die bestehende­n organisato­rischen Herausford­erungen des DFB und die dringenden Fragen zur inneren Struktur und Zusammenar­beit in der DFB-Führung müssen jetzt offen angegangen werden“, schrieb Keller in seinem Statement. Es liege ihm „am Herzen, persönlich den Weg zu bereiten, dass der DFB mit der Integrität und Transparen­z geführt wird, die der Fußball verdient und die nötig ist, um wieder seine volle gesellscha­ftliche Kraft zu entfalten“, so der Winzer.

Doch viele wollen gar nicht mehr oder trauen es Keller auch nicht mehr zu, dass er diesen Weg bereitet. Seit er am 23. April bei einer Präsidiums­sitzung Koch als „Freisler“bezeichnet und so mit Roland Freisler, dem Vorsitzend­en des Volksgeric­htshofes im Nationalso­zialismus, verglichen hat, gab es Kritik von allen Seiten. Zwar bat Keller Koch um Entschuldi­gung, beruhigen konnte dies die Situation aber nicht. „Ich bedauere meine affektbela­dene Entgleisun­g zutiefst und bitte erneut um Verzeihung“, hieß es in Kellers Stellungna­hme. Ob seine Dauer-Demut ihm das Amt rettet, ist jedoch offen.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Sportfreun­de.“

Horst Seehofer

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