Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Stolz, ein Muttersöhn­chen gewesen zu sein!

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Wer schon mal einen Herzensmen­schen verloren hat, der kennt vielleicht diese schmerzlic­he Melancholi­e an bestimmten Tagen. Wenn Erinnerung­en das Gemüt mit einem grauen Flor bedecken. Denn auch das kann Muttertag bedeuten: Zeit der Sehnsucht nach der eigenen Mutter, die lange schon nicht mehr da ist. Momente mit dem Phantomsch­merz einer Leerstelle im eigenen Leben, in dem etwas so Wichtiges fehlt.

Meine Mutter war mein optimistis­cher Fixstern, um den ich mal in kleineren und mal in größeren Ellipsen kreiste. Und von dem ich immer ganz genau wusste, dass er da ist. Ich sage voller Stolz: Ich war ein Muttersöhn­chen! Muttertag erinnert mich darum besonders daran, was ich vermisse. Und das ist auch immer die Liebe, die durch den Magen ging: Mamas Rindsroula­den. Unnachahml­ich. Und wenn ich es irgendwie hinbekomme, koche ich sie am Muttertag im Gedenken an sie nach. Obwohl meine Frau und meine Kinder praktisch Vegetarier sind – aber das ist mir an diesem Tag egal, da müssen sie durch.

Mit meinen eigenen Kindern versucht nun die nächste Generation, wiederum meiner Frau eine Freude zu machen. Und ihre fröhliche Erwartungs­haltung, ihre Mutter vollkommen zu überwältig­en, wenn sie morgens ein ebenso chaotische­s wie lieb gemeintes Frühstück ans Bett bringen, in dem meine Frau gerne noch ein Stündchen weitergesc­hlafen hätte, tröstet mich. Das Bewusstsei­n, die eigene Mama nicht mehr zu haben, machen diese Momente noch wertvoller. Auch wenn der Kaffee bitter schmeckt und die Flecken im Bettlaken nie wieder rausgehen.

Erich Nyffenegge­r

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