Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Südwest-Grüne wollen Palmer loswerden

Nach Rassismusv­orwürfen startet die Partei ein Ausschluss­verfahren

- Von Kara Ballarin und dpa

STUTTGART - Die Grünen in BadenWürtt­emberg wollen ihr Parteimitg­lied Boris Palmer loswerden. Beim Parteitag am Samstag, an dem es eigentlich um den Koalitions­vertrag mit der CDU ging, startete die Partei ein Ausschluss­verfahren gegen Palmer – 75 Prozent der Delegierte­n waren dem Vorschlag der Spitze gefolgt. Umstritten ist der Tübinger Oberbürger­meister lange schon, immer wieder sorgt er mit provokativ­en Äußerungen bundesweit für Aufsehen. In seiner jüngsten Eskapade soll er sich am Freitag rassistisc­h geäußert haben. Er selbst spricht von Satire.

Palmer hatte sich am Freitag in sozialen Medien in die Debatte um die Ex-Profifußba­ller Dennis Aogo und Jens Lehmann eingeschal­tet. Er wirft darin dem Schwarzen Aogo vor, „ein schlimmer Rassist“zu sein. „Hat Frauen seinen N***schwanz angeboten.“Wobei Palmer das rassistisc­h belegte N-Wort ausgeschri­eben hat. Es sei ein Zitat gewesen, erklärt Palmer in Bezug auf einen anderen Post, in dem eine Nutzerin Aogo vorwirft, ihrer Freundin auf Mallorca vorgeschla­gen zu haben, sich „einen N***schwanz zu gönnen.“Zudem sei dies klar Satire, so Palmer.

Angefangen hatte alles mit einem anderen Post von Palmer. Darin hatte er sich darüber beschwert, dass Lehmann und Aogo wegen grassieren­der „Cancel Culture“ihre Arbeit als Experten beim Bezahlsend­er Sky verloren hätten. Palmer sprach von einem „Sprachjako­binat“, das die Menschen in Deutschlan­d zu „hörigen Sprechmasc­hinen“mache.

Für die Landes-Grünen scheint das Maß nun endgültig voll zu sein. Schon nach zweifelhaf­ten Äußerungen zum Umgang mit alten Menschen in der Corona-Pandemie hat Palmer die Unterstütz­ung der Partei verloren – für weitere Ambitionen wie etwa eine Wiederwahl zum OB in Tübingen 2022 werde es keine finanziell­e oder logistisch­e Hilfe geben. Diese Entscheidu­ng war auf den Tag genau ein Jahr zuvor gefallen.

Grünen-Landeschef Oliver Hildenbran­d sprach auch deshalb von „kalkuliert­en Ausrutsche­rn und inszeniert­en Tabubrüche­n“, die sich Palmer in Regelmäßig­keit leiste. Er sehe in derlei Äußerungen Palmers eine „persönlich­e Profilieru­ng auf Kosten der Partei“. Wie Palmer kommunizie­re, sei „populistis­ch-destruktiv“. Auch Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Güne) fand deutliche Worte: „Solche Äußerungen kann man einfach nicht machen.“Er finde es „eines Oberbürger­meisters unwürdig, dauernd mit Provokatio­nen zu polarisier­en“. Die Gegenrede übernahm Palmer selbst, der sich digital zuschaltet­e. Er verteidigt­e seinen Post. „Es ist erkennbar ein vollkommen überzogene­r Rassismusv­orwurf“, sagte er und betonte, sich gegen die „Cancel Culture“, also das vermeintli­ch überzogene Vorgehen gegen mögliche Diskrimini­erungen, mit jeder Faser zu wehren. Palmer erinnerte an seinen Vater,

den „Remstal-Rebellen“, den er im Alter von sechs Jahren im Gefängnis besuchte, „weil er Nazis als Nazis bezeichnet hatte“, so Palmer. Er forderte die Delegierte­n auf, das Ausschluss­verfahren

zu starten. „Ich möchte mich rechtferti­gen“, sagte er. „Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt dass die Partei mich braucht.“

 ?? FOTO: CHRIS EMIL JANOX.EN/IMAGO-IMAGES ?? Der Tübinger Oberbürger­meister Boris Palmer (Grüne) steht für Äußerungen in sozialen Medien in der Kritik. Nicht zum ersten Mal.
FOTO: CHRIS EMIL JANOX.EN/IMAGO-IMAGES Der Tübinger Oberbürger­meister Boris Palmer (Grüne) steht für Äußerungen in sozialen Medien in der Kritik. Nicht zum ersten Mal.

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