Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Startschuss zur möglichen SPD-Aufholjagd
Rund 600 Delegierte haben auf einem digitalen Parteitag Olaf Scholz zum Spitzenkandidaten gekürt
BERLIN - Vizekanzler Olaf Scholz ist von den Delegierten des SPD-Parteitags in Berlin mit 96,2 Prozent als Kanzlerkandidat bestätigt worden. Scholz war bereits im August von der Parteispitze als Kandidat vorgeschlagen worden. Vor der Abstimmung warb Scholz im Rennen um das Kanzleramt mit seiner Erfahrung. Er setzte sich von den Grünen ab und attackierte die Union.
Zuvor hatte Generalsekretär Lars Klingbeil die digital zugeschalteten Genossen und Genossinnen eingestimmt: „Die Konservativen im Land haben keine Kraft mehr. Eine Union, deren Spitzenkräfte Karliczek, Altmaier und Scheuer heißen, eine solche Union sollte nicht in der Regierung sein.“Aber Klingbeil hat eine Lösung für das Land: „Es braucht Erfahrung, es braucht Leadership, es braucht Kompetenz, es braucht Olaf Scholz für Deutschland.“
Der SPD-Spitzenkandidat hat auf jeden Fall die Partei hinter sich. Das „Zukunftsprogramm“für die Bundestagswahl wurde mit 99,4 Prozent der Delegiertenstimmen angenommen. Klimaneutralität bis 2045 bei sinkenden Strompreisen, zwölf Euro Mindestlohn und weitgehende Umwandlung von sechs Millionen Minijobs in reguläre Beschäftigungsverhältnisse, Bürgergeld statt Hartz IV, Tariflohn in der Altenpflege, Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen, Vermögenssteuer, Rentenniveaus
bei mindestens 48 Prozent, Mietenregulierung, Bürgerversicherung und eine Stärkung der EU, das sind nur einige Stichpunkte aus dem Programm.
Dann war Olaf Scholz an der Reihe. „Ja, wir haben mitregiert“, so Scholz, aber die SPD könne mehr, wenn sie nicht immer wieder von
„den anderen“gebremst würde. „Erfahrungen und die Fähigkeit Ideen durchzusetzen“würden gebraucht. Dafür stehe die SPD. Und für Zusammenhalt, für den Respekt die Voraussetzung sei. „Respekt ist meine Idee für die Zukunft des Landes“, so der Kanzlerkandidat.
Scholz versäumte es nicht, auf seine eigenen Leistungen hinzuweisen. Zum Beispiel in Sachen Wohnungsbau in seiner Zeit als Erster Bürgermeister von Hamburg. Das Thema Bauen und Wohnen ist ihm ohnehin wichtig. Scholz kündigte einen bundesweiten Mietenstopp an, sollte er die künftige Bundesregierung führen. Wenn es um die Zukunft gehe, habe die SPD eben, im Gegensatz zur politischen Konkurrenz „einen präzisen Plan“. Doch von dem müssen die Sozialdemokraten potenzielle Wählerinnen und Wähler in den kommenden Monaten erst noch überzeugen. Denn trotz der Querelen in der Union verharrt die SPD in Umfragen abgeschlagen bei 14 bis 16 Prozent. Ob der Sonntag also „Tag eins unserer Aufholjagd“war, wie Generalsekretär Klingbeil voraussagt, wird sich im September zeigen.