Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Rumänienhilfe mit traurigen Nachrichten
Kinderheim Lacramioara muss schließen – Das sind die Gründe und so ist die Lage in weiteren Einrichtungen
FELDSTETTEN/WESTERHEIM/ DONNSTETTEN (sz/msc) - Schlechte Nachrichten von der Rumänienhilfe: Das Kinderheim Lacramioara in Carei muss schließen. Die Vorstände der „Rumänienhilfe Kinderglück“aus Feldstetten, Christian Horn und Jakob Barth, mussten in den vergangenen Wochen laut Mitteilung einige traurige Telefonate mit der Gründerin und Heimleiterin Katalin Orosz führen. Sie hatte sich mit dem Coronavirus angesteckt und war im Dezember und Januar im Krankenhaus. Die Hoffnungen auf Gesundung haben sich bisher nicht erfüllt, so dass sie ihre Arbeitsstelle und die Heimleitung in absehbarer Zeit nicht wieder übernehmen kann.
Schon dies alleine bringe das Heim in große Nöte. Ausschlaggebend für die Schließung waren laut der Rumänienhilfe aber in erster Linie die durch die Folgen der CoronaPandemie entstandenen zusätzlichen Kosten.
Seit März 2020 sind die Schulen und Kindergärten in Rumänien geschlossen, abgesehen von wenigen Wochen im vergangenen Herbst. Dies sei nicht nur für die Kinder schwer zu ertragen, die nun seit mehr als einem Jahr in Haus und Garten „eingeschlossen“seien und keine Kontakte zu ihren Spielkameraden außerhalb mehr hätten, sondern bedeute auch erhebliche Mehrkosten für das Heim. Kindergarten und Schule sind in Rumänien ganztägig und es gibt ein Mittagessen. Dafür muss nun das Heim aufkommen. Zudem mussten für die ganztägige Betreuung mehr Helferinnen eingestellt werden. Manche der seither ehrenamtlich Tätigen mussten um Bezahlung bitten, weil ihre Männer arbeitslos geworden waren, so die Rumänienhilfe. Kurzarbeit gebe es in Rumänien nicht. Viele Firmen hätten schon aufgeben müssen. So sind allein die Lohnkosten auf 5500 Euro im Monat gestiegen, teilt die Rumänienhilfe mit. Für deutsche Verhältnisse erscheine dies bei zehn Erzieherinnen und Hilfskräften nicht viel, aber doch übersteige es die auf Dauer tragbaren Kosten bei weitem.
Katalin Orosz habe bis Dezember als Leiterin der Betriebskantine in der Reifenfabrik Continental gearbeitet und die Erlaubnis, jeden Abend das übrige Essen für die Kinder mitzunehmen. Diese kostensparende Möglichkeit gibt es seit ihrer Erkrankung nicht mehr. Die Firmen, die das Heim seither unterstützt hatten, sind dazu wegen eigener Schwierigkeiten als Folge der Pandemie nicht mehr in der Lage. „Eine Corona-Hilfe für die Wirtschaft in dem riesigen Ausmaß wie bei uns gibt es in Rumänien nicht. Nur Continental bezahlt weiterhin die Monatsmiete und eine große Brotfabrik spendet die Backwaren“, berichtet der Vorstand der Rumänienhilfe weiter.
Auch in der jüngeren Vergangenheit musste Orosz Jahr um Jahr um die Finanzierung ihres privaten Heimes kämpfen, weil die staatlichen Stellen zwar die Kinder eingewiesen haben, ihre Unterstützung aber immer stärker gekürzt hätten. „Der weitere Betrieb war nur durch rigorose Einsparungen und die stark ansteigenden Spenden auch unserer Hilfsaktion möglich. Dank der finanziellen Unterstützung durch den Förderverein des Lions Club BlaubeurenLaichingen, der evangelischen Kirchengemeinden von Feldstetten und von Westerheim-Donnstetten und durch viele hochherzige private Spender konnten wir die jährlichen Überweisungen auf mehr als das Doppelte aufstocken“, so der Vorstand und ergänzt: „Angesichts der nun in der Corona-Krise explodierten Kosten ist aber nun keine finanzierbare Möglichkeit für den weiteren Betrieb des Heimes abzusehen, ohne dass sich sehr schnell ein nicht mehr zu bewältigender Schuldenberg auftürmt. So musste das Heim schweren Herzens zum Monatsende April geschlossen werden. Frau Orosz ist verzweifelt: Sie musste ihr Lebenswerk aufgeben, dazu kommt noch ihre schwere Erkrankung.“
Am schlimmsten aber sei es für die Kinder, die nun wieder ihre Heimat verlieren, wo sie nach einem schlimmen Start ins Leben Zuwendung, Sicherheit und Förderung gefunden hatten. Es waren, so die Rumänienhilfe, tränenreiche, herzzerreißende Abschiede und „es wird für sie schwer sein, sich in der neuen Situation einzuleben“.
Orosz habe es aber doch trotz ihrer Krankheit geschafft, alle Kinder gut unterzubringen: Ein Kind wurde adoptiert, zwei wurden von älteren Geschwistern aufgenommen, bei zwei Kindern hatten sich die Familienverhältnisse so gebessert, dass sie dorthin zurückkehren konnten. Für alle anderen habe sie einen Platz in anderen kirchlichen oder staatlichen Heimen gefunden.
„Bestehen bleibt die private Stiftung, die bisher Heimträgerin war und über die unsere Spenden ausbezahlt wurden. Auf jeden Fall wollen wir unsere Sorgenkinder weiter unterstützen: die kleinwüchsige Monika, die alle sechs Monate in eine Klinik muss, und Vivien, die durch die Mangelernährung in ihren ersten Lebensjahren eine Knochenschwäche hat. Ohne unsere Spenden war auch in den vergangenen Jahren ihre Behandlung nicht möglich. Ob und wie wir den anderen Kindern noch helfen können, muss die Zeit zeigen. Momentan ist die Situation noch nicht zu überschauen. Sobald dies wieder möglich ist, werden die Vorstandsmitglieder einen Besuch in Carei machen.“
Vom Kindergarten in Curtuiseni sei nichts Neues zu berichten. Er sei seit über einem Jahr geschlossen und im Dorf gebe es mehrere Corona-Tote. Allerdings kommt die Impfung jetzt voran, so die Rumänienhilfe.
Das Altenheim in Petrifeld ist derzeit coronafrei und die Bewohner sind alle geimpft. Über Tote gebe es keine Auskunft. „Die Pandemie-Entwicklung wird in Rumänien nicht so offen mitgeteilt, wie es bei uns üblich ist. Für unsere Spende wurde uns herzlich gedankt. Die Heimleitung hat davon vor allem Masken und Desinfektionsmaterial gekauft“, berichtet der Vorstand weiter.
Die Kinder- und Jugendhilfe in Beschened lebt mit Einschränkungen als Folge der Pandemie weiter. Auch der neue Pfarrer Turturian Robert setzt sich mit seinem Team weiter stark ein. „Unsere Spende wurde dankbar aufgenommen. Er konnte damit im Weihnachtsgottesdienst 70 Geschenktüten mit Grundlebensmitteln und einigen Süßigkeiten an die Kinder aus armen Familien verteilen.“
Der Vorstand ergänzt: „Auch die Mitglieder der Rumänienhilfe Kinderglück trauern um das Kinderheim Lacramioara (Maiglöckchen). Seit seiner Gründung vor 16 Jahren hatten wir es unterstützt, die Kinder und ihre Betreuerinnen regelmäßig besucht und uns daran erfreut, wie es in einer privaten Einrichtung gelungen ist, allen Kindern Liebe und Glück zu schenken und sie so zu stärken, dass sie, mit einer einzigen Ausnahme, bei Verlassen des Heimes und auch in den seither vergangenen Jahren einen guten Platz in der Gesellschaft gefunden haben. So schauen wir trotz der Enttäuschung dankbar zurück und können feststellen, dass wir dank der Unterstützung für viele Menschen Vieles zum Besseren wenden konnten.“
Weitere Informationen finden Interessierte im Internet unter
www.rumaenienhilfekinderglueck.de