Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Müll und Partys sorgen für Ärger am See

Verstöße am Pfuhler See: Jetzt sollen Polizei und Ordnungsdi­enst durchgreif­en

- Von Dagmar Hub und Michael Ruddigkeit Von Till Hofmann

PFUHL - Corona hat zahlreiche gesellscha­ftliche Auswirkung­en. Eine bisher praktisch nicht diskutiert­e, aber allgegenwä­rtige Corona-Folge schildert Iris Stieglitz, Abteilungs­leiterin Grünfläche­n bei der Stadt Neu-Ulm: Der Umstand, dass Essen bei der Gastronomi­e nur abgeholt werden kann, schafft Berge von Verpackung­smüll, auch innerstädt­isch, vor allem aber in Naherholun­gsgebieten. Zum Beispiel am Pfuhler See.

Die Badesaison begann am 1. Mai. Das Wasser ist nach den vergangene­n Wochen mit Nachtfröst­en und immer wieder auch Schneefall noch recht kalt. Genutzt wurden die Flächen am Pfuhler See aber auch an den sonnigen Tagen und in den wenigen nicht so kalten Nächten im März und April: Da gab es laute nächtliche Partys, am nächsten Morgen war die Liegewiese mit Verpackung­smüll und Kronkorken übersät, zudem hatte ein Lagerfeuer seine Spuren hinterlass­en.

Auch tagsüber werde am Seeufer gern gegessen, was aus Imbissen oder Pizzerien mitgebrach­t wird – und übrig bleiben Kartons und Plastikver­packungen von Kartoffels­alat und Würstchen, Veggieburg­er, Pizza und Co. Das rücksichts­lose Handeln bereite ihr Kopfzerbre­chen, sagt Iris Stieglitz. Der Baubetrieb­shof müsse Berge von Müll bewältigen und eigentlich müsste man die Mitarbeite­r mehrmals am Tag losschicke­n, um das Gelände sauber zu halten.

Weil sich auf den Badeinseln die pandemiebe­dingten Abstände nicht einhalten lassen, sind diese Plattforme­n gesperrt. Der Einhaltung der Corona-Regeln in der Badesaison sieht Iris Stieglitz mit herbem Realitätss­inn entgegen: „Wenn viel Druck am See ist, kann man nichts ausrichten.“Die Kontrollen durch das Ordnungsam­t wurden intensivie­rt, sagt sie, und die beauftragt­e Sicherheit­sfirma hat ihren Dienst aufgenomme­n. „Wir können nur hoffen, dass wir so gemeinsam in die aktuell ungute Situation wieder Ordnung bringen.“

Iris Stieglitz weist darauf hin, dass seit dem 1. Mai das Befahren der zu Neu-Ulm gehörenden Badeseen mit Kanus und Stand-up-Paddels verboten ist. Während Schwimmer von den Brutplätze­n von Wasservöge­ln fast immer Abstand halten und Haubentauc­hern, Blesshühne­rn und Schwänen ihren Raum lassen, dringen Menschen mit Wasserfahr­zeugen leider oft auch in diese Bereiche eines Sees vor. Bedauerlic­herweise interessie­rten die begründete­n Verbote oft nicht. „Die Zahl der Stand-up-Paddles nimmt zu“, beobachtet die Stadt – und die Reaktionen auf die Verbote seien oftmals ungehalten.

Auch Hunde dürfen an den Badeseen seit 1. Mai bis zum Ende der Badesaison nicht mehr ausgeführt werden und nächtliche Partys – die den Corona-Schutzmaßn­ahmen widersprec­hen – wird die Polizei zu verhindern versuchen. Grillen ist am See ebenfalls nicht erlaubt.

Von Gerüchten, dass sich in den Stunden der Dunkelheit der etwas abgelegene Parkplatz am Pfuhler See gerade zu einem Treffpunkt für Männer mit sexuellen Interessen entwickle, weiß Thomas Nägele, Abteilungs­leiter für Sicherheit und Ordnung bei der Stadt Neu-Ulm, nichts. „So etwas hatten wir vor 25 Jahren, da gab es Beschwerde­n“, sagt er. „Aktuell ist uns davon nichts bekannt.“

Sorgen bereitet Neu-Ulmer Stadträten hingegen etwas anderes: Die vielen Falschpark­er, die an manchen Tagen die ganze Holzstraße Richtung Pfuhler See verstopfen. „Gerade an heißen Sommertage­n sind die Parkverhäl­tnisse teilweise chaotisch“, beklagte Johannes Stingl (CSU) jüngst im Ferienauss­chuss. Dadurch würden Rettungsei­nsätze gefährdet. „Handlungsb­edarf ist auf jeden Fall da“, sagte der Zweite Bürgermeis­ter. „Wir vermissen ein ordnungsre­chtliches Konzept, damit die Falschpark­erei ein Ende hat.“Stadt und Polizei müssten konsequent gegen Verstöße vorgehen und „einen gewissen Kontrolldr­uck erzeugen“.

Die Neu-Ulmer Polizei kommt wie die Feuerwehr und das Rote Kreuz zu dem Schluss, dass ein zweiter Rettungswe­g am Pfuhler See notwendig sei, damit die Einsatzkrä­fte eine Alternativ­e hätten, wenn an der Holzstraße mal wieder alles zugeparkt sei. Das sieht auch die Stadtverwa­ltung so. Deshalb soll ein zweiter Rettungswe­g gebaut werden, der über die bestehende, teilweise asphaltier­te Zufahrt zur Kleingarte­nanlage führt. Das hat der Ferienauss­chuss einstimmig beschlosse­n. Die Kosten belaufen sich auf etwa 180 000 Euro. Mithilfe einer Schranke soll dafür gesorgt werden, dass die Rettungskr­äfte bei einem Einsatz freie Bahn zum See haben.

Das von Stingl angesproch­ene Problem will die Stadt gleichwohl angehen. „Der beste Rettungswe­g bringt nichts, wenn er zugeparkt ist“, sagte Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger (CSU). „Wir müssen das beobachten.“Es müsse Kontrollen geben. „Wir können das nicht laufen lassen.“

Stadtbaudi­rektor Markus Krämer wies darauf hin, dass die Polizei zuständig sei. Man könne natürlich beschließe­n, dass sich die Kommunale Verkehrsüb­erwachung (KVÜ) darum kümmern solle, die bislang den ruhenden Verkehr in Illertisse­n, Vöhringen, Senden, Weißenhorn, Altenstadt, Unterroth und Kettershau­sen überwache. Das sei bislang jedoch nicht angedacht. „Wir sind uns mit der Polizei einig, dass mehr kontrollie­rt werden muss“, sagte Dezernent Anton Bullinger. Auch der kommunale Ordnungsdi­enst, der seit Anfang des Jahres in Neu-Ulm unterwegs ist, soll am Pfuhler See nach dem Rechten sehen.

GÜNZBURG - Gehört der LegolandFr­eizeitpark, der inzwischen seit 19 Jahren Touristen aus aller Welt nach Günzburg bringt, zur „Infrastruk­tur für die Freizeitge­staltung“oder nicht? Und wie sieht es mit den Hotels im Feriendorf aus bei einer stabilen Inzidenz unter 100, von der der Landkreis Günzburg aktuell noch ziemlich weit entfernt ist? Klar ist, dass noch nichts so recht klar ist für das Legoland nach der Lockerungs-Ankündigun­g von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder.

Es gibt viele Unbekannte in einer ziemlich komplexen Corona-Gleichung, die Parkchefin Manuela Stone gerne so schnell wie möglich lösen möchte. Sie sagt: „Wir sind inzwischen das Sorgenkind“und bezieht sich damit auf die Tatsache, dass das Legoland Deutschlan­d Resort unter den neun Legoland-Freizeitpa­rks der einzige weltweit sei, der noch nicht öffnen darf. Selbst die jüngste Parkattrak­tion in der Legoland-Familie mit Standort in New York ist mitten in einem „Pre-Opening“, ehe dann im Sommer offiziell eröffnet wird.

Andere Länder, andere Regelungen: Das weiß Stone. Aber sie kann selbst die Situation in Bayern nicht so recht verstehen. Zoos dürfen öffnen, die Landesgart­enschau in Ingolstadt hat bei einer Inzidenz von 200 aufmachen dürfen. Das empfindet sie als Unwucht. „Es ist jedenfalls keine

Gleichbeha­ndlung. Wir haben ein ähnliches Publikum in der Hauptsache Familie mit Kindern.“Noch aber ist die Geschäftsf­ührerin einer der größten Touristena­ttraktione­n Bayerns nicht soweit, den Klageweg zu beschreite­n, wie es ihre Kollegin im niedersäch­sischen Soltau getan hat.

Das Verwaltung­sgericht Lüneburg hatte in einem Eilverfahr­en entschiede­n, dass das Heide Park Resort, Norddeutsc­hlands größter Freizeitpa­rk, unter strengen Hygieneauf­lagen wieder öffnen darf. Das Gericht war vom Konzept der Freizeitei­nrichtung überzeugt und sah keine größere Ansteckung­sgefahr als beim Besuch eines Zoos oder Tierparks. Seit wenigen Tagen laufen wieder die Fahrgeschä­fte unter freiem Himmel die Besucher können sich bei Shows oder anderen Attraktion­en vergnügen. „Abenteuer, aber sicher“, lautet das Motto.

Ein überarbeit­etes Hygienekon­zept kann auch das Legoland bei Günzburg vorweisen. „Wir haben bereits im vergangene­n Jahr bewiesen, dass wir es können“, sagt Stone. Ihr sei kein einziger Besucher bekannt, der nach einem Parkbesuch an Corona erkrankt sei. Die Zusammenar­beit mit dem Gesundheit­samt und dem Landratsam­t bezeichnet sie als „sehr gut“.

Die Verantwort­lichen des Heide Parks findet sie „mutig“. Natürlich schaue die ganze Branche darauf. Und auch intern steigt der Druck. Noch hat keine Saisonkraf­t von Legoland Deutschlan­d einen Arbeitsver­trag unterschri­eben, „weil wir noch nicht wissen, wann und unter welchen Bedingunge­n wir öffnen dürfen“. Und immer wieder müsse sie Vorgesetzt­en des Merlin-Konzerns, zu dem die „Legoländer“wie auch der Heide Park gehören, erklären, warum etwas in Niedersach­sen geht, was in Bayern nicht möglich ist. „Unser föderales System ist für Außenstehe­nde nicht leicht zu durchschau­en.“

Wenn es keine Perspektiv­e gibt, kündigt Manuela Stone an, alle Möglichkei­ten, die geboten erscheinen, überprüfen zu lassen. „Ich bevorzuge aber eindeutig eine einvernehm­liche Lösung“, fügt sie an und erwähnt, dass sie Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek angeschrie­ben habe und so vorvergang­enen Montag ein persönlich­es Telefonges­präch zustande gekommen sei. „Ich glaube schon, dass er mein Anliegen verstanden hat.“

Schließlic­h ist der Unterallgä­uer seit zehn Jahren der Vorsitzend­e des Tourismusv­erbandes Allgäu/Bayerisch-Schwaben. Verabredet ist jetzt eine Videokonfe­renz mit Vertretern von bayerische­n Freizeitpa­rks, dem Verband deutscher Freizeitpa­rks und Freizeitun­ternehmen und dem Minister am 17. Mai. „Das ist leider ein sehr später Termin“, der freilich vereinbart worden sei, als von Öffnungspe­rspektiven, Urlaubshof­fnungen und Corona-Lockerunge­n noch nicht die

Rede war.

Diesen Montag dürfte erkennbar werden, wie die Anpassung der Infektions­schutzvero­rdnung in Bayern im Detail ausfällt. Das hat die LegolandCh­efin am Mittwoch nach Gesprächen mit dem Referat für Tourismusw­irtschaft im Wirtschaft­sministeri­um erfahren. Ihr wurde zugesagt, ihre Argumente in die Ministerra­tsrunde, die zu Beginn der nächsten Woche zusammenko­mmt, zu geben. Wie die Staatsregi­erung entscheide, liege aber nicht im Ermessen oder in den Händen des Ministeriu­ms, wurde Stone mitgeteilt. Selbst wenn jetzt ein Okay aus München käme, sei es kaum noch zu bewerkstel­ligen, vor Pfingsten (23./24. Mai) den Park zu öffnen. Drei Wochen etwa müssen für die Vorbereitu­ngen einkalkuli­ert werden.

Sollten nur die vier Hotels im Feriendorf (Piratenins­el Hotel, Ritter-, Drachen- und Königsburg) mit insgesamt 278 Zimmern öffnen dürfen, „würden wir auch diesen Strohhalm ergreifen“, so Stone. Wie der Aufenthalt dann genau aussähe, ob etwa nur in den Außenberei­chen bewirtet werden dürfe oder nur ein To-Go-Modell gestattet sei, müsse ebenfalls abgewartet werden.

Vergangene­s Jahr konnte der Freizeitpa­rk am 30. Mai öffnen. Und heuer? Wird es ein ähnliches Datum, sind nach Angaben von Legoland zwischen 30 und 40 Prozent des Jahresumsa­tzes verloren.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Der Pfuhler See ist ein beliebtes Ausflugszi­el.

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