Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Daten-Desaster um Digitalen Impfpass?

Wieder mehr Rechte für Geimpfte – aber wer ist geimpft? Für Digitalen Impfpass fehlen in Bayern wohl die Daten

- Von Michael Kroha

LANDKREIS NEU-ULM - In Bayern gilt das schon seit Donnerstag, bundesweit sollte es dies voraussich­tlich ab dem Wochenende: Geimpfte und Genesene sind gleichgest­ellt mit Negativ-Getesteten. Aber wie lässt sich feststelle­n, wer immunisier­t wurde und wer nicht? Bei seinem TV-Auftritt im ZDF vor einem Millionenp­ublikum überrascht­e der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner auch Moderator Markus Lanz mit seinem Wissen: Demnach stünden Daten von Menschen, die in bayerische­n Impfzentre­n bereits ihr Vakzin erhalten haben, eigentlich nicht zur Verfügung. Stimmt das? Und was heißt das für den Landkreis Neu-Ulm?

Dass der Neu-Ulmer Allgemeinm­ediziner seit seinem Info-Zettel zur Corona-Impfung kurz vor Weihnachte­n immer wieder für Schlagzeil­en sorgen kann, haben mittlerwei­le auch überregion­ale Medien mitbekomme­n. Doch was Christian Kröner am Mittwochab­end erzählte, ließ auch den niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten Stephan Weil, der mit in der lockeren Gesprächsr­unde saß, zum Teil nur mit Schulterzu­cken zurück. „Ich bin davon ausgegange­n, dass sowas in Arbeit ist“, sagte der

SPD-Politiker und verwies an Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU), der dafür zuständig sei.

Es geht um den Digitalen Impfpass, der dazu beitragen könnte, dass Menschen, wenn sie gegen das Coronaviru­s geimpft wurden, schnell und einfach Zutritt in ein Geschäft und Restaurant bekommen oder auf Reisen gehen könnten. Geimpfte sollen also zumindest einen Teil ihrer Grundrecht­e zurückbeko­mmen.

Doch wo Rechte im Spiel sind, wird auch der Ruf nach Kontrolle laut. Der gelbe Impfpass aber gilt keineswegs als sicher. Dafür sei er bei seiner Einführung auch nicht gedacht gewesen, sondern lediglich als Gedankenst­ütze, was alles schon verimpft wurde. „Jeder 14-Jährige kann den in drei Minuten fälschen“, sagt der Pfuhler Hausarzt.

Aber schnell und einfach einen sicheren Digitalen Impfpass zu schaffen, scheint nicht so einfach zu sein. Vor allem dann nicht, wenn offensicht­lich die digitalen Daten der Geimpften gar nicht mehr zur Verfügung stehen – und das womöglich zumindest bayernweit.

Das vermutet der Pfuhler Hausarzt Kröner, der im Impfzentru­m in Weißenhorn tätig ist. Er bezieht seine Aussagen auf die „Datenschut­zinformati­on

zur Digitalen Impfverwal­tung Bayern“. Darin heißt es: Die personenbe­zogenen Daten würden nach der Impfung aus dem bayernweit­en Online-Anmeldepor­tal „BayIMCO“entfernt. Eine Dokumentat­ion werde nur noch in Papierform aufbewahrt. „Und liegt dann in LeitzOrdne­rn im Landratsam­t im Keller“, so Kröner.

Zwar würden die Daten zentral im „Bayerische­n Impfmonito­ring“abgespeich­ert, allerdings derart verschlüss­elt, dass sie nur vom Gesundheit­sministeri­um gelesen werden können – und das auch nur in Haftungsfä­llen. Eine Verwendung für einen Digitalen Impfpass scheint in dieser Schutzinfo­rmation nicht vorgesehen. „Wir brauchen den Digitalen Impfpass aber nicht in vier Monaten, sondern morgen“, so der selbsterna­nnte „Impfluence­r“Kröner. Doch wie das bewerkstel­ligt werden soll, ist ihm nicht ganz klar. Offensicht­lich auch Ministerpr­äsident Weil nicht.

Im Landkreis Neu-Ulm aber wäre ein Digitaler Impfpass tatsächlic­h sofort möglich. Die dafür notwendige­n Daten lägen vor, wie eine Sprecherin der Huber Group auf Anfrage bestätigte. Die Impfzentre­n in Neu-Ulm, Weißenhorn und Illertisse­n werden weiterhin mit der Software des Automobilz­ulieferers mit Sitz in Mühlhausen im Täle (Kreis Göppingen) betrieben und die Daten über Schnittste­llen in die bayernweit einheitlic­he IT-Infrastruk­tur eingespeis­t.

Notwendig ist das deshalb, weil zum Impfstart im Dezember des vergangene­n Jahres noch kein bayernweit­es System zur Verfügung stand. Das kam erst im Januar. Die Folge dieser Umstellung machte sich schon einmal bemerkbar, als die damals ausschließ­lich impfberech­tigten Senioren im Alter von über 80 sich nur noch mit einer E-Mailadress­e und nicht mehr telefonisc­h registrier­en konnten.

Rächt sich die bayernweit­e Lösung also jetzt wieder? Wie das NeuUlmer Landratsam­t auf Nachfrage mitteilt, sei die Möglichkei­t, dass ein externer Dienstleis­ter einen digitalen Impfnachwe­is gestalten und dass dieses Projekt im Kreis Neu-Ulm umgesetzt werden könne, an das Gesundheit­sministeri­um herangetra­gen worden. Dem sei aber mit Verweis auf offizielle Initiative­n auf Bundeseben­e nicht zugestimmt worden. Warum, dazu war vom Ministeriu­m am Mittwoch keine Stellungna­hme zu bekommen.

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