Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vesper statt Fest: Musikverein mit Alternative
Schmiechner Vatertagsfest muss entfallen – Verantwortliche haben sich etwas überlegt
SCHMIECHEN (kou) - Keine Konzerte, kein Zusammenkommen, kein großes Vatertagsfest: Der Musikverein Schmiechen hätte allen Grund zu klagen – und doch, so betont Vorsitzender Hubert Stoll, wolle man nicht jammern, sondern optimistisch sein und etwas „den Leuten geben“, auch um nicht in Vergessenheit zu geraten. „Daher haben wir uns dieses Jahr auch wieder etwas einfallen lassen“, sagt Stoll. Statt eines Fests gibt es ein Rucksackvesper vom Musikverein, das individuell zusammengestellt und für eine Wanderung oder für zu Hause abgeholt werden kann.
Wie in den Vorjahren üblich, hätten an diesem Wochenende die fleißigen Helfer des Musikvereins auf der Wiese neben dem Sportplatz gearbeitet, das große Zelt aufgebaut und damit signalisiert: Es ist nicht mehr weit, bis das beliebte und weit über die Grenzen Schmiechens hinaus bekannte Fest beginnt. Allein für den Musikverein als Veranstalter fallen in der Festwoche üblicherweise 500 Arbeitseinsätze an. Die Enttäuschung im vorigen Jahr über den Ausfall – noch nie fand das Fest seit dessen Auftakt 1968 bis dahin nicht statt – sei vorhanden gewesen. Genauso aber die Hoffnung, dass es auch wieder anders wird, und auch an Ideen für eine Alternative mangelte und mangelt es nicht.
War es im Vorjahr ein Rückblickvideo auf Highlights des Fests, so gibt es in diesem Jahr das Rucksackvesper. Rucksäcke werden je nach Bestellung mit einem Vesper für eine oder zwei Personen gefüllt. Darin befindet sich dann je nach Wahl ein Schweizer Wurstsalat im Weckglas mit Brot, ein belegtes Brot mit Salami oder Käse oder ein Paar Landjäger mit Brot. Dazu zwei Getränke sowie ein Stück Obst, auch Gemüsesticks, etwas Süßes sowie zwei gekochte Eier gehören zum Angebot. Das Formular gibt es auf der Internetseite des Vereins zum Download. Die Rucksäcke können dann prall gefüllt am Vatertag beim Musikerheim zwischen 9 Uhr und 10 Uhr abgeholt und bezahlt werden.
Rund 80 Vorbestellungen seien bereits eingegangen. „Damit sind wir vollauf zufrieden. Aber ich wäre auch zufrieden gewesen, wenn es nur 20 gewesen wären“, sagt Stoll.
Wichtig sei es für den Verein, überhaupt im Blick der Menschen zu bleiben, schließlich gebe es sonst kaum andere Möglichkeiten, schon gar nicht öffentlich, um sich und die Musik zu zeigen. Auch an ein kleines Vatertagsfest oder einen Vatertagshock rund um das Musikerheim wurde gedacht, letzten Endes habe man sich aber für das Rucksackvesper entschieden.
Seit mehreren Wochen bereits bieten Mitglieder des Vereins zudem vor dem Musikerheim einen kleinen Wurst- und Getränkeverkauf an. Während viele Vereine unsicher waren, ob solche To-go-Angebote zulässig sind, musste sich der Musikverein zur Zulässigkeit keine Gedanken machen, wie Vereinsvorsitzender Stoll erklärt: „Im
Zuge des Baus des Musikerheims 1995 haben wir für draußen eine Gaststättenkonzession beantragt und erhalten.“Bedeutet: Nach Absprache mit der Stadt und unter Einhaltung aller Regeln, um die Ausbreitung des Virus nicht zu begünstigen, verkaufen die Mitglieder jeden Sonntag bei schönem Wetter zwischen 11 und 15 Uhr rote Wurst, Spezi und Co. vor dem Musikerheim. Zwar ist der Verzehr vor Ort nicht erlaubt „und reich wird man durch den Verkauf auch nicht“, so Stoll. Doch es werde ein für die Mitglieder ganz wesentlicher Punkt befriedigt: Man kann sich kurz Austauschen, miteinander reden – „und das macht die Leute glücklich“.
„Die Menschen sollen einfach auch sehen, dass es uns noch gibt“, so Stoll. Im Gegensatz zu anderen Vereinen, so sagt er, habe man bis jetzt noch nicht damit zu kämpfen, dass Mitglieder den Verein verlassen. Dennoch müsse man natürlich schauen, wie die Lage tatsächlich aussieht, wenn wieder geprobt werden darf. Persönlich gehe er davon aus, dass nach der mittlerweile über Monate anhaltenden Phase des Probenund Auftrittverzichts viele Mitglieder richtig Lust hätten, dass es endlich wieder möglich ist, gemeinsam zu proben und Konzerte zu spielen. „Wir wollen nicht jammern. Wir sind im Musikverein, weil es unser Hobby ist. Vielen anderen, gerade zum Beispiel Wirtschaften, geht es deutlich schlechter. Wir sind ganz hinten in dieser Schlange“, so Stoll.