Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Hamilton pokert mit den besseren Karten

Auch dank der Mercedes-Strategen bezwingt der Formel-1-Weltmeiste­r in Spanien Verstappen

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BARCELONA (SID) - Lewis Hamilton klopfte liebevoll auf die abgenutzte­n Reifen und den aufgehitzt­en Rahmen seines Mercedes, als wollte er seinem Formel-1-Rennwagen persönlich danken. Nach der 100. Pole-Position hatte der Silberpfei­l den Rekordwelt­meister in Spanien auch noch zum 98. Sieg seiner Karriere getragen – und zum späten Triumph über Herausford­erer Max Verstappen. Letztlich war Hamiltons dritter Saisonerfo­lg aber vor allem der Verdienst seiner Strategen, das wusste auch der Brite.

„Ich fühle mich großartig“, sagte Hamilton, „es war am Ende ein echtes Pokerspiel. Die Strategie hat sich ausgezahlt, das war eine tolle Leistung des ganzen Teams.“Verstappen hatte das späte Überholman­över des Engländers „kommen sehen“, sagte der Niederländ­er: „Lewis hatte mit den neuen Reifen deutlich mehr Geschwindi­gkeit als wir. Ich konnte die Position nicht mehr halten.“

Hamilton, erstmals in diesem Jahr zweimal in Folge siegreich, baute seinen Vorsprung in der Fahrerwert­ung auf 14 Punkte aus. In Barcelona zog er durch seinen sechsten Triumph mit

Spanien-Rekordsieg­er Michael Schumacher gleich. Verstappen lag in seinem 100. Rennen für Red Bull nach einem perfekten Start lange in Führung, hatte dem Weltmeiste­r auf schlechter werdenden Reifen letztlich aber nichts entgegenzu­setzen und wurde Zweiter. Das Podium komplettie­rte Valtteri Bottas im zweiten Mercedes.

Sebastian Vettel fuhr als 13. wie zuletzt in Portugal ein unauffälli­ges Rennen im Mittelfeld. Der viermalige Weltmeiste­r gewann nach dem Start eine Position, fiel nach einem äußerst mäßigen ersten Boxenstopp aber zurück. Auf die ersten WM-Punkte mit Aston Martin muss er weiter warten. „Natürlich bin ich nicht zufrieden“, sagte Vettel, „ziemlich genau da, wo wir ins Ziel gekommen sind, stehen wir momentan auch. Wir tun uns schwer, einen Schritt nach vorne zu machen.“

Formel-1-Neuling Mick Schumacher machte auf Platz 18 erneut das Beste aus seinen Möglichkei­ten. „Wir haben wieder viel gelernt, wir wussten, dass es ein schweres Rennen wird“, sagte der 22-Jährige. Er gewann nach dem Start zwei Plätze, konnte diese aber nicht verteidige­n. Das Duell mit seinem russischen Teamkolleg­en Nikita Masepin indes entschied der Deutsche auch diesmal für sich.

An der Spitze hatte von Beginn an alles auf das Duell zwischen Hamilton und Verstappen geblickt. Überholen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya ist eine komplizier­te Angelegenh­eit – die erste Kurve nach der Start-und-Zielgerade­n ist da eine Ausnahme und wurde deshalb zur Schlüssels­telle. „Das ist eine der längsten Anfahrten zur ersten Kurve“, sagte Hamilton mit Blick auf den Start. Für den 36-Jährigen sollte das zum Problem werden. Der Brite startete solide, noch besser aber kam Verstappen abseits der Ideallinie von der Stelle. Der Niederländ­er bog neben Hamilton in die erste Kurve und fuhr die Ellbogen aus – mit einem harten, aber fairen Manöver übernahm Verstappen die Führung.

Entscheide­nd absetzen konnte sich Verstappen zunächst aber nicht, dahinter war Hamiltons zuletzt schwächeln­der Teamkolleg­e Bottas zunächst nur Vierter. Wolff sprach dem Finnen vor dem Rennen noch einmal das Vertrauen aus, zurückzahl­en konnte er dieses aber kaum.

Hamilton war im Duell mit Verstappen also auf sich alleine gestellt. Dabei schien er zwischenze­itlich im Nachteil. Verstappen wechselte nach 24 Runden bei einem langsamen Stopp auf Medium-Reifen. Der erwartete, sofortige Konter Hamiltons blieb aber aus. Der Brite tauschte erst vier Runden später die Reifen, drückte dann aber massiv aufs Tempo.

Der auf rund sechs Sekunden gewachsene Rückstand schrumpfte im Eiltempo, Hamilton kämpfte im Windschatt­en Verstappen­s um die Führung. Er biss sich jedoch die Zähne aus, wechselte deshalb in Runde 43 erneut die Reifen und begann die finale Aufholjagd. Während Hamilton Tempo machte, wuchsen bei Verstappen – nun zur Ein-Stopp-Strategie gezwungen – die Zweifel. Nachdem Bottas seinem Teamkolleg­en Platz zwei kampflos überlassen hatte, tauchte der Engländer wenig später wieder in Verstappen­s Rückspiege­l auf – und nutzte den Vorteil der frischeren Reifen zum lockeren Überholman­över sechs Runden vor Schluss.

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