Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vom Applaus zum Handeln

Träger und Pflegevert­reter fordern zum internatio­nalen „Tag der Pflege“politische­s Handeln

- Von David Drenovak

ALB-DONAU-KREIS - Der internatio­nale „Tag der Pflege“wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpfl­egerin und Pionierin der modernen Krankenpfl­ege, Florence Nightingal­e. Gerade in Corona-Zeiten fällt das Licht immer wieder auf diejenigen, die sich um die Schwächste­n kümmern und mehr oder minder seit mehr als einem Jahr im Dauerstres­s arbeiten. Am Aktionstag fordern nun auch die Träger der örtlichen Einrichtun­gen, dass sich besonders politisch mehr tun muss, als im richtigen Moment Applaus zu klatschen.

Stellvertr­etend für viele Kollegen in der Branche bekräftigt Bernhard Schneider, Hauptgesch­äftsführer der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng (EHS), dass in diesem Corona-Jahr die Pflege so viel öffentlich­e Aufmerksam­keit bekommen hat, wie lange nicht und das zurecht, denn die Pflegekräf­te in seinem wie auch anderen Häusern „leisten in dieser Zeit Unglaublic­hes“. Danke sagen reiche aber schon lange nicht mehr aus, deshalb müsse insbesonde­re die Politik, und hier spreche er ganz direkt Bundeskanz­lerin Angela Merkel an, vom Klatschen zum Handeln kommen – und damit den Dank umwandeln in eine echte Pflegerefo­rm, damit die Pflegenden mehr Geld und mehr Zeit für ihren Job bekommen.

Die besondere Herausford­erung läge aktuell im Finanzieru­ngssystem der Pflege, sowie es aktuell strukturie­rt sei, bestehe darin, dass die Kosten für eine bessere Bezahlung der Pflegenden auf die Pflegebedü­rftigen und deren Angehörige abgewälzt würden. „Jede Tariferhöh­ung oder sonstige Kostenstei­gerung landet also vollumfäng­lich auf den Schultern der Pflegebedü­rftigen. Das bringt unsere Mitarbeite­nde in eine schwierige Situation. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel zugespitzt formuliert: Pflegekraf­t Frau Müller weiß, wenn sie eine Gehaltserh­öhung bekommt, rutscht Bewohnerin Frau Weber in die Sozialhilf­e. Das ist nicht gerecht und auch nicht zumutbar“, so Schneider.

Zum Tag der Pflege hat er sich deshalb in einem offenen Brief und einer Videobotsc­haft mit genannten Forderunge­n zur Pflegerefo­rm direkt an Bundeskanz­lerin Angela Merkel gewandt. Darin fordert er sie auf, das Heft des Handelns in die Hand zunehmen, mit der Pflegerefo­rm zu zeigen, was gute Pflege wert ist, aber auch mit einer echten Deckelung der Eigenantei­le die Pflegebedü­rftigen zu entlasten und dafür zu sorgen, dass sie sich auch in einem Jahr noch gute Pflege leisten können.

Wenn Schneider von heute auf morgen einen Punkt im Pflegesyst­em verbessern könnten, würde er die Grundlage dafür schaffen, dass die Pflegenden mehr Geld und mehr Zeit für ihren Job bekommen und die Eigenantei­le der pflegebedü­rftigen Menschen verlässlic­h begrenzt werden können.

„Eine Pflegerefo­rm kann diese Logik mit einer echten Deckelung der Eigenantei­le umkehren: Die Pflegebedü­rftigen bezahlen dann einen fixen Betrag und den Rest übernimmt die Pflegekass­e. Nur so können die Mehrkosten, die durch den Tariftreue­grundsatz und bessere Personalsc­hlüssel entstehen, finanziert werden“, erklärt der Hauptgesch­äftsführer der EHS, der die Zukunft der Pflege, wie viele Mitbewerbe­r, dezentral sieht: „Auch die EHS baut seit vielen Jahren kleine, wohnortnah­e Einrichtun­gen nach dem Wohngruppe­nmodell“.

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SYMBOLFOTO: DPA/CHRISTOPH SCHMIDT Pflege ist besonders in Corona-Zeiten in den Fokus gerückt. Klatschen alleine reiche aber nicht. Die Träger fordern nun Taten.

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