Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Rechtsanwaltsbüro droht mit Klage vor Gericht
Bürger will die sofortige Einstellung des Backbetriebs im Sontheimer Backhaus - Aufforderung an die Gemeinde
HEROLDSTATT - Ein Schreiben einer Rechtsanwaltskanzlei ist in den vergangenen Tagen bei der Gemeindeverwaltung Heroldstatt wie beim Landratsamts des Alb-Donau-Kreises eingegangen. In dem mehrere Seiten umfassenden Brief wird die Gemeinde Heroldstatt aufgefordert, sofort den Betrieb des Backhauses in Sontheim einzustellen. Ein Anwohner des gemeindlichen Backhauses in Sontheim hatte ein Rechtsanwaltsbüro in Frankfurt eingeschaltet, das seine Interessen vertreten soll. Dieses droht mit einer Klage, sollte der Backbetrieb in der laufenden Form nicht beendet werden.
„Positive Angelegenheiten wie weniger erfreuliche Nachrichten gehören zum Alltagsgeschäft der Gemeindeverwaltung“, erklärte Bürgermeister Michael Weber gleich zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Montagabend in der Berghalle. Erfreuliches hatte er unter dem Tagesordnungspunkt „Bekanntgaben“zum Gemeindejubiläum 2023 anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Gemeinde Heroldstatt mit einem vielfältigen Festprogramm zu vermelden, weniger Erfreuliches dann zum Backhaus und zum Backhausbetrieb in Sontheim.
„Wir dachten, das Thema ist vom Tisch. Wir dachten, einen guten Kompromiss für die Backinteressenten wie die Anwohner gefunden zu haben“, meinte Weber, als er die Gemeinderäte mit dem Schreiben einer Anwaltskanzlei aus Frankfurt konfrontierte und regelrecht überraschte. Es vertritt die Interessen eines Sontheimer Bürgers, der auch den eingeschränkten und auf bestimmte Tage festgelegten Backbetrieb in Sontheim weiterhin nicht hinnehmen will. „Wir werden rechtliche Schritte gegen den Betrieb im Sontheimer Backhaus einleiten“, droht die Anwaltskanzlei und verlangt, das Backen sofort einzustellen.
Auf mehreren Seiten werde begründet, warum der Backbetrieb den Anwohnern in Sontheim nicht zugemutet werden könne, so Weber. Auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung und die hohen Emissionen, die bei den Backvorgängen frei gesetzt werden, werde verwiesen. Das Backen ohne Nachverbrennungsanlage oder Filter führe zu einer starken Rauchentwicklung.
Immissionsschutzrechtliche Prüfungen nach dem Bundesimmissionsgesetz werden in den nächsten Wochen folgen, erklärt Bernd Weltin, Pressesprecher beim Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Ulm. Sie werden zeigen, ob eine erhebliche Belastung vorliegt und ob diese den Richtwerten entsprechen. Die Prüfungen und Messungen sollen zeigen, ob die entweichenden Abgase den Anwohnern zugemutet werden können. Seitens der Rechtsanwaltskanzlei liege zwar die Aufforderung vor, den Backbetrieb zu unterlassen, doch noch stehe keinerlei Untersagung im Raum. „Wir müssen die Untersuchungsergebnisse abwarten“, erklärt Weltin.
Behördliche oder gar gerichtliche Entscheidungen könnten über die Zukunft des Sontheimer Backhauses entscheiden, meinte Hauptamtsleiterin Anja Sauer im Anschluss an die Gemeinderatssitzung gegenüber der SZ. Sie wie auch Bürgermeister Michael
Weber verweisen auf die Abnahme des Backbetriebs seitens des Bezirksschornsteinfegers und ein vom Gemeinderat verabschiedetes Backkonzept mit festgelegten Backzeiten alle zwei Monate.
Die Gemeinde sei bei der Debatte um die Backhäuser in Sontheim und Ennabeuren von den Fachbehörden des Landratsamts beraten und begleitet worden, lassen sie wissen. „Wir haben unsere Pflichtaufgaben getan und die Bürger mit ins Boot genommen“, meint der Rathauschef.
Anja Sauer verweist ferner auf ein Gerichtsurteil von 2013 in einem ähnlich gelagerten Fall in Hepisau, wo letztendlich das „historische Kulturgut des Backens“sich durchsetzen konnte.
Im vergangenen Jahr standen die Backhäuser in Sontheim und Ennabeuren über Monate im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Die Gemeinderäte hatten bei dem Betrieb der zwei Backhäuser zwischen Kulturgut mit Tradition und Emissionswerte mit Geruchsbelästigungen abzuwägen. Auslöser der Debatten bildeten die im Jahr 2001 eingebauten thermischen Nachverbrennungsanlagen in den Kaminen, die der Schornsteinfeger und das Landratsamt nicht mehr duldeten.
Diese verbrannten den beim Befeuern der Anlagen mit Holz erzeugten Rauch bei Temperaturen zwischen 700 und 1000 Grad. Die Nachverbrennungsanlagen reduzierten die Emissionen beträchtlich, stellten aber wegen der hohen Temperaturen für den Bezirksschornsteinfeger wie für das Landratsamt einen Risikofaktor dar. Sie mussten ausgebaut werden und erst nach dem Rückbau durften die Backhäuser wieder in Betrieb genommen worden.
Doch Widerstand regte sich in der Bevölkerung wegen der Emissionen und der Geruchsbelästigungen: Eine Unterschriftenliste mit 15 Unterzeichnern flatterte im Heroldstatter Rathaus ein, mit der Forderung, den Betrieb im Sontheimer Backhaus ohne Nachverbrennungsanlage zu stoppen. Der Gemeinderat war bestrebt, eine Kompromisslösung zu finden: Pelletbackofen, ElektroSteinbackofen und die herkömmliche Backweise im Holzsteinofen wurden gegeneinander abgewogen. In das Ennabeurer Backhaus wurde ein Labomat-Backofen eingebaut, die Backzeiten insgesamt eingeschränkt und zusammengelegt.
Übrigens: Großes Backen ist Ende Juni im Sontheimer Backhaus angesagt, wenn Musikverein und Albverein anlässlich ihres traditionelles Backhausfestes Leckeres aus dem Holzsteinofen wieder servieren möchten. „Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass das Backen wie geplant stattfinden kann“, sagt Bürgermeister Weber zuversichtlich. Das Backen sei ein Kulturgut.