Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Jetzt verlagert auch Kärcher Jobs ins günstigere Ausland
Kurzarbeit bei Liebherr hält an – Bosch-Siemens baut in Giengen Stellen ab – Konsumunternehmen stehen unter Druck
- Immer mehr Vorzeigeunternehmen aus Baden-Württemberg verlagern Stellen ins Ausland oder drosseln ihre Produktion am Standort. Nach Bizerba und Bosch-Siemens-Hausgeräte hat auch der Weltmarktführer für Reinigungstechnik, Kärcher, angekündigt, Jobs in Baden-Württemberg abzubauen.
Im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“hatte KärcherChef Hartmut Jenner betont, Kärcher wachse auch in Deutschland und baue Mitarbeiter auf. Kurz danach wurde indessen bekannt, dass die Fertigung von Kehrmaschinen am Standort Reutlingen 2025 nach Raubeni, Lettland, verlegt wird. Trotz hoher Investitionen in den vergangenen Jahren und verschiedener Gegenmaßnahmen sei es „nicht mehr gelungen, dem stark gestiegenen Marktpreisdruck in diesem Segment standzuhalten“, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung. Betroffen sind 59 Mitarbeiter, für die Kärcher „auf Wunsch“die
Möglichkeit einer internen Weiterbeschäftigung prüfen will.
Im Interview hatte Jenner die Kostennachteile und immer neue Belastungen für die hiesigen Unternehmen angeprangert: „All das hat mein Mitbewerber in China nicht. Am Ende des Tages muss ich auf dem Weltmarkt gegen Unternehmen bestehen können, die
diese Belastungen nicht haben“, so Jenner: „Das wird Arbeitsplätze in Deutschland kosten.“
Auch andere Unternehmen ziehen Konsequenzen aus den wachsenden Standortnachteilen und der anhaltenden Konsumf laute. So hat kürzlich der Balinger Waagenhersteller Bizerba angekündigt, jede zehnte Stelle streichen zu wollen. Hart getroffen von der Verunsicherung der Verbraucher sind auch die Hersteller von Haushaltsgroßgeräten, also Kühlschränken und Waschmaschinen.
In der Kältefabrik von BoschSiemens-Hausgeräte in Giengen (Kreis Heidenheim) wurden zuletzt jährlich rund 1,6 Millionen Einbaukühlgeräte von rund 2900 Mitarbeitern produziert. 2019 hat der Konzern mit Sitz in München in das Werk Giengen einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Jetzt stehen die Zeichen auf Abbau.
Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“zum geplanten Stellenabbau nennt das Unternehmen keine Zahlen und bleibt vage. Die Nachfrage nach Haushaltsgeräten habe sich nach der Sonderkonjunktur während der Corona-Pandemie deutlich abgeschwächt. Daher sei es zwingend notwendig, bestehende Strukturen zu überprüfen und anzupassen. „Das beinhaltet auch die bedarfsgerechte Anpassung von Personalstrukturen und Personalkosten.
Dazu steht das Unternehmen in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern.“Betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen „möglichst vermeiden“. Insider gehen indessen von mehreren Hundert Stellen aus, die auf dem Spiel stehen. Kurzarbeit gebe es aktuell in Giengen nicht.
Im Kühlschrankwerk des Liebherr-Konzerns im oberschwäbischen Ochsenhausen sind 1350 Mitarbeiter seit Oktober 2023 in Kurzarbeit, die bis zum 31. März geplant ist. Auf Anfrage teilt das Unternehmen mit, dass bisher keine Verlängerung der Kurzarbeit geplant sei. Auf die Frage nach einem geplanten Stellenabbau antwortet Liebherr schriftlich: „Es sind zum aktuellen Zeitpunkt neben der beschlossenen temporären Kurzarbeit keine Folgemaßnahmen seitens der genannten Werke vorgesehen“, so das Unternehmen. „Ob sich weitere Handlungsbedarfe aus künftigen Marktentwicklungen ergeben, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vollumfänglich absehbar.“