Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein ganzes Dorf im Theaterfieber
Auf der Waldbühne Zußdorf ist heuer das Stück „WaldBus Blues“zu sehen – Tribüne erstmals überdacht
ZUSSDORF - Im Sommer wird das Sportplatzgelände in Zußdorf wieder zum Theater: Auf der Waldbühne steht im August die Eigenproduktion „WaldBus Blues“auf dem Programm. Fast alle der 900 Einwohner sind beteiligt – ob auf oder hinter der Bühne, an Kochtöpfen, mit Werkzeugen oder am Telefon. Ein Ortstermin.
„Wie der Kran hier heraufkommen soll, müssen wir noch klären“, sagt Peter Beck und zeigt in Richtung der schmalen Straße, die von Zußdorf durch den Wald zum Sportplatz heraufführt. Es ist ein warmer Vorfrühlingstag und am Waldsportplatz herrscht idyllische Ruhe. Das wird sich ändern, wenn die Tribüne für die Theaterzuschauer aufgebaut wird. Diese bekommt nämlich, zum ersten Mal in der Geschichte der Waldbühne, eine Überdachung. Und um die aufzustellen, braucht es den Kran. „Das wird spannend“, sagt Peter Beck. Er weiß aber, dass es schon irgendwie klappen wird. Denn bislang haben er und seine Mitstreiter noch alles hinbekommen, was sie sich für die Waldbühne so ausgedacht haben. Das liegt wohl daran, dass das ganze 900-Einwohner-Dorf hinter dem Projekt steht. 500 Mitglieder zählt der Verein, der seit 2007 alle drei Jahre ein Freilichttheater mit kulinarischem Markt organisiert.
Auch das Stück spielt im Wald
Dieses Jahr steht von 3. bis 6. August das Stück „WaldBus Blues“auf dem Programm. Für Text und Regie zeichnet Thomas Beck verantwortlich – und er sieht die Schauspieler vor seinem geistigen Auge schon dort im Scheinwerferlicht stehen, wo die Nachmittagssonne momentan noch auf Erde, Kies und Gestrüpp scheint. „Wir beziehen die Umgebung in das Stück ein“, erklärt der Regisseur mit einer ausladenden Handbewegung. So wird es um einen ausrangierten Bus am Waldrand gehen, der dem 60-jährigen Sonderling Koloman (Winfried Riegger) als Behausung dient. Die Dorfbewohner beobachten ihn skeptisch, die Jugendlichen haben Spaß daran, ihn zu ärgern. Als Koloman eines Tages auf die pubertierende Dora (Laura Marcadas)trifft, entwickelt sich ein spannendes Spiel über die Gräben zwischen den Generationen, aber auch über ihre Gemeinsamkeiten.
Doch nicht nur im Theaterstück, auch bei den rund 70 Schauspielern heißt das Motto „generationenübergreifend“: Dieses Jahr ist die jüngste Mitwirkende fünf Jahre alt, die ältes- ten über 70. Die Proben haben bereits begonnen. Noch finden sie im Rathaus statt, sobald es wärmer ist, auch draußen auf der Waldbühne.
Zelt mitten auf dem Sportplatz
Der Verein, der hinter dem Projekt steht, ist stolz auf die Eigenproduktionen. Und darauf, dass so viele Bürger anpacken. Denn zu tun gibt es jede Menge. Immerhin kommen pro Veranstaltungsabend rund 1500 Besucher zur Waldbühne. 1200 Gäste finden auf der Tribüne Platz, einige kommen aber auch nur, um den kulinarischen Markt zu besuchen, der jeweils ab 16.30 Uhr bis zum Beginn des Theaterstücks auf den Sportplatz einlädt, erklärt Konrad Abt. „Dieses Jahr stellen wir ein Zelt mit Boden in der Mitte des Sportplatzes auf“, kündigt er an. Rund um dieses Zelt herum gruppieren sich Stände – „so entsteht eine richtig schöne Marktatmosphäre“. Außerdem stehen Musik, Darbietungen und Ausstellungen, passend zum diesjährigen Thema des Theaterstücks, das Mit- und Gegeneinander der Generationen und die vereinende Kraft der Musik, auf dem Programm.
Aus den Erlösen des kulinarischen Marktes sowie aus den Eintrittsgeldern und mit Spenden finanziert der Verein die Veranstaltung, die rund 220 000 Euro kostet.
Vom Landesverband Amateurtheater gibt es eine Finanzspritze, und auch die Gemeindeverwaltung hilft, wo sie kann, etwa mit Bauhofgerätschaften. Dass die Zuschauer heuer unter einem Dach sitzen können, trägt nicht nur zum Komfort, sondern auch zum Fortbestand der Veranstaltung bei. „Bisher hatten wir immer großes Glück mit dem Wetter, aber wenn wir eine Vorstellung absagen müssten, wäre das unser Ruin“, sagt Peter Beck. Schon allein deshalb wird der Kran einen Weg zur Bühne am Waldrand finden müssen.