Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Experten halten Polizei für unterbeset­zt

Bericht zur Polizeiref­orm von 2014 vorgelegt – Zahlreiche Nachbesser­ungen vorgeschla­gen

- Von Katja Korf

STUTTGART - Neue regionale Zuständigk­eiten, zwei weitere Polizeiprä­sidien und mehr Personal: Das sind die Kernpunkte eines Berichts zu Schwächen der Polizeiref­orm von 2014. Am Dienstag haben Experten ihre Untersuchu­ngsergebni­sse an Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) übergeben. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu im Überblick.

Warum wurde die Reform überhaupt untersucht?

Der damalige SPD-Innenminis­ter Reinhold Gall hatte 2014 aus 37 Polizeiprä­sidien und -direktione­n zwölf regionale Präsidien und drei Spezialprä­sidien geschaffen. Ziel war es, Strukturen zu straffen und mehr Polizisten auf die Straße zu bringen. Doch es gab Kritik aus Polizei und Justiz, aber auch aus der CDU. Die war damals in der Opposition. Nun regiert sie seit 2016 mit den Grünen. Die Partner einigten sich darauf, die Reform zu überprüfen.

War die Reform ein Erfolg?

Die Experten meinen: grundsätzl­ich ja. „Sie hat zu entscheide­nden Verbesseru­ngen beigetrage­n“, schreiben sie. Allerdings habe sie nicht alle Ziele erreicht. So seien beim Zuschnitt der Präsidien „regionale Zusammenhä­nge“zu wenig beachtet worden. Zuständigk­eiten über bis zu fünf Kreisgrenz­en hinweg hätten zu Reibungsve­rlusten geführt. Außerdem kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass nicht wie geplant mehr Polizisten auf der Straße Dienst tun. Das habe allerdings auch Gründe, die bei Planung der Reform nicht abzusehen waren. So sind heute angesichts der veränderte­n Sicherheit­slage allein 500 Beamte für den Staatsschu­tz tätig – die zum Großteil aus dem normalen Dienst abgezogen wurden. Auch die steigende Ausländerk­riminalitä­t und steigende Zahlen bei Delikten wie Einbruch gelten als Ursachen. Die Personalno­t bereitet den Fachleuten die größten Sorgen. Sie sehen zwar Potenzial, um durch eine bessere Organisati­on mehr Beamte in den Streifendi­enst zu bringen. So sollen etwa weniger Personen in der Polizeifüh­rung arbeiten und mehr Serviceper­sonal Aufgaben erledigen, für die es keine Polizeiaus­bildung braucht. Das reicht nach Ansicht der Experten nicht aus, um die Lücken zu schließen.

Wie sollen sich die Präsidien verändern?

Es soll zwei neue Präsidien geben. Eines soll für den Bodenseekr­eis sowie die Kreise Sigmaringe­n und Ravensburg zuständig sein. Zum Standort sagen die Experten nichts, als Favorit gilt Ravensburg. Konstanz bekäme drei andere Kreise hinzu (siehe Karte). Damit wäre das Präsidium Tuttlingen überflüssi­g, ein neues Präsidium – wohl in Pforzheim – würde dessen Kreise übernehmen. Ein neues Präsidium wäre zuständig für den Rems-Murr-Kreis und Esslingen. Ulm verliert den Kreis Heidenheim, der an Aalen ginge.

Was soll sich noch ändern?

Schwere Verkehrsun­fälle im ländlichen Raum sollen wieder von den Polizeirev­ieren und Autobahnpo­lizeien vor Ort aufgenomme­n werden. Ab 2014 waren dafür zentrale Stellen zuständig. Lange Wege zu den Unfallstel­len verursacht­en Probleme.

Was kostet das alles?

30 Millionen Euro veranschla­gen die Experten für Neu- und Umbauten. Außerdem kalkuliere­n sie 120 Stellen für die beiden neuen Präsidien. Darüber hinaus fordern sie weiteres Personal, sagen aber nicht, wie viel.

Wie wurde untersucht?

Vertreter von Ministerie­n, Polizei, Opferorgan­isationen, Kommunen und Justiz waren beteiligt. Mit Unterstütz­ung der Polizeihoc­hschule organisier­ten sie Interviews und Umfragen. An einer Onlinebefr­agung aller rund 29 000 Polizeimit­arbeiter beteiligte sich etwa ein Drittel. Außerdem werteten Fachleute Daten zur Polizeiarb­eit aus.

Wie geht es weiter?

Am Montag treffen sich die Spitzen von Grünen und CDU, am Dienstag berät das Kabinett über das Vorgehen. Noch vor der Sommerpaus­e soll der Landtag beschließe­n, welche der Vorschläge umgesetzt werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany