Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kampf gegen Keime
Sigmaringer Studenten helfen Gesundheitseinrichtungen, Hygienepläne umsetzen
SIGMARINGEN - Keimen, Viren und Pilzen hat Prof. Dr. Gerhard Winter von Berufswegen den Kampf angesagt: Er ist Dozent für angewandte Hygiene, Steriltechnik und Reinigungstechnik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Jedes Semester führt er mit Studenten Hygienechecksund Schulungen in verschiedensten Einrichtungen wie Restaurants, Metzgereien oder Bäckereien durch. Manchmal fragen auch medizinische Einrichtungen an, die Hygieneund Reinigungspläne ihres Betriebs auf den neuesten Stand zu bringen. So eine Kooperation ist für eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus unentgeltlich, aber von großem Nutzen. „Wir haben sehr positives Feedback bekommen“, so Winter, der Toxikologie, Biochemie und Umwelthygiene studiert hat.
Gesetzliche Vorgaben im Wandel
Der Gesundheitssektor ist einem ständigen Wandel unterworfen. „Die gesetzlichen Vorgaben für Reinigungsvorgaben ändern sich laufend“, sagt Winter. Hinzu käme für viele Mitarbeiter von Einrichtungen im Gesundheitssektor großer Zeitdruck, was es schwieriger macht, sich an Pläne zu halten. In aufwendigen Projektarbeiten sorgen seine Studenten dafür, dass die Hygieneund Reinigungspläne auf den neuesten Stand gebracht und besser eingehalten werden können. 2013 und 2014 gab es beispielsweise eine Kooperation mit dem SRH-Klinikum Sigmaringen. Dabei wurden die Hygienepläne der Onkologie, des OP und der Intensivstation aktualisiert und optimiert. Zudem richtete das Klinikum, das in Eigeninitiative auf die Hochschule zukam, vor einiger Zeit eine Reinraumapotheke ein, in der Zytostatika, gefährliche Stoffe zur Krebsbekämpfung, aufbereitet werden. Der Mitarbeiter muss dabei vor dem Produkt und vor dessen Verschleppung außerhalb des Reinraums geschützt werden. Winter und seine Studenten erstellten ein Konzept, wie die Reinraumapotheke sicher zu benutzen und sauber zu halten ist: „Wir schlugen Edelstahlutensilien im Gegensatz zu Kunststoff vor, wir haben beispielsweise in einem Plan vorgegeben, welche Flächen steril zu halten sind, welche nur desinfiziert werden müssen und was für Schutzkleidung angemessen ist.“Das Vorgehen der Studenten bei Projekten im Gesundheitsbereich ist immer gleich: Es beginnt mit einer Bestandsaufnahme, geht über in einen Abgleich mit geltenden Vorschriften und endet mit Verbesserungsvorschlägen, die die Einrichtung umsetzen kann, aber nicht muss. „Das Klinikum hält sich bis heute an unsere Tipps“, sagt Winter. Nach allgemeinem Krankenhausstandard war schon vor dem Projekt außen an jedem Patientenzimmer ein Desinfektionsmittelspender angebracht.
Winters Studenten schlugen vor, zusätzliche Spender zwischen den Betten anzubringen, denn Keimherde befinden sich häufig auf patientennahen Flächen. „Bis ein Arzt beide Betten abläuft und wieder vor die Tür geht, hat er bereits zwölf Meter zurückgelegt.“Für die alltägliche Praxis sei dies zu umständlich. Nun sorgen verkürzte Wege für erleichterte Hygieneroutine. Außerdem wurde angeregt, dass das Personal kleine Fläschchen Desinfektionsmittel am Kittel mit sich herumträgt. Eine andere Studentengruppe testete einen Mikrofaser Ceran-Mopp für die Gänge: Er kommt trocken und ohne Desinfektionsmittel zum Einsatz, nimmt dabei aber vergleichbar viele Keime auf, wie die herkömmlichen desinfizierender Nassreinigung. „Dabei kann man Desinfektionsmittel sparen und gleichzeitig schneller reinigen“, erklärt der Dozent.
Personalhygiene ist wichtig
Weil laut Winter Personalhygiene ein wichtiger Bestandteil der Reinhaltung von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen ist, hat ein Student im Sommersemester 2014 eine Projektarbeit unter dem Titel „Aktion saubere Hände“gestartet, die im SRH-Klinikum auch heute noch Verwendung findet. Dabei wurde herausgefunden, dass es auf die Dauer der Händedesinfektion (30 Sekunden) und die Menge an verwendetem Desinfektionsmittel (immer nass) ankommt und der Ablauf an sich nicht so entscheidend ist. Der Student demonstrierte dies den Klinikmitarbeitern mithilfe einer unter Schwarzlicht fluoreszierenden Flüssigkeit, wo diejenigen Stellen sichtbar werden, an die kein Desinfektionsmittel hingekommen ist. „Wenn man Menschen dazu bringen möchte, neue Abläufe zu verinnerlichen, muss man ihnen erst klar machen, warum das wichtig ist. Wenn sie dies selbst erkennen, tun sie es aus einem inneren Antrieb heraus“, weiß Winter.