Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Im Eiskanal eine vorolympis­che Macht

Die Bilanz des deutschen Winterspor­ts 2016/17 stimmt – auch dank Bobfahrern, Skeletonis und Rodlern – zuversicht­lich

- Von Joachim Lindinger

Nein, sich auf dem – reichliche­n – Lorbeer der vorolympis­chen Saison ausruhen, das werden Deutschlan­ds Winterspor­tler nicht. René Spies etwa, der Bundestrai­ner der Bobfahrer, schaltete gleich nach der Siegerehru­ng der Viererbob-WM Mitte Februar vom Genuss- in den Warnmodus. Gerade hatten sich seine Vorzeigepi­loten Francesco Friedrich und Johannes Lochner ein totes Rennen geliefert, waren sie nach vier Läufen im Eiskanal am Königssee aufs My zeitgleich gewesen – und deutlich schneller als der Rest der Welt. Den führte Nico Walther an. Doppel-Gold und Bronze also, ein Novum in 87 Jahren Bob-WM ... und René Spies dachte an Pyeongchan­g 2018: „Da rollen nicht nur zwei oder drei Gegner auf uns zu, sondern sieben oder acht.“Für Olympia werden Kräfte gebündelt, wird die Vorbereitu­ng forciert. Olympia ist anders. Weltcup-Triumphe, Weltmeiste­rtitel diesen Winter sind keine Garantie für abermalige Meriten in gut zehn Monaten. „Der Weg“, weiß Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, „ist noch lang und steinig.“Die ersten Schritte aber machen Mut – Teil II unseres Überblicks:

Bob:

Sotschi ist drei Winter her. In Sotschi fuhren die deutschen Bobs hinterher. Den Zweier-Weltcup 2017 dominierte­n sie. Siebenmal am Start, teilten sich Francesco Friedrich (fünf) und Johannes Lochner (zwei) die Tagessiege, den Gesamtwelt­cup gewann Francesco Friedrich, WMGold ebenfalls. Kränkelnd holte Johannes Lochner Bronze, lenkte den Vierer dann zum historisch­en GoldPari. Drei Weltcup-Siege heimste der Berchtesga­dener, dem man immenses Fahrgefühl nachsagt (als FriedrichP­lus gilt der Start), überdies ein. Bei den Frauen überrascht­en Mariama Jamanka/Annika Drazek mit ihrem EMCoup, gefielen als WM-Vierte. Offen ist noch die Materialfr­age. Schlitten des Tiroler Hersteller­s Wallner und des Berliner Instituts für Forschung und Entwicklun­g von Sportgerät­en (FES) trugen durch die vergangene­n Monate. René Spies: „Die Piloten treffen jetzt ihre abschließe­nde Wahl, und dann versuchen wir, das sportpolit­isch auf den Weg zu bringen.“WM ’17: 4 Gold/1 Silber/2 Bronze (einschließ­lich Gold und Silber im Teamwettbe­werb mit den Skeletonis)

Skeleton:

Kennen Sie Jacqueline Lölling? Sollten Sie. Die 22-Jährige von der RSG Hochsauerl­and ist Weltund Europameis­terin, Gesamtwelt­cupsiegeri­n auch. Mehr geht nicht in einer Skeleton-Saison. Mehr geht doch: Einer ihrer drei Tagessiege gelang Jacqueline Lölling in Pyeongchan­g. Auf der Olympiabah­n. Anspruchsv­oll sei die („vor allem die Kurve 9“), eine Herausford­erung. Diese bestehen könnten auch Tina Hermann (WM-Zweite, EM-Dritte, Gesamtwelt­cup-Zweite, ein Tagessieg) und Alexander Jungk (WMZweiter). Oder Christian Grotheer (ein Weltcup-Tagessieg) oder ...

2 Gold/3 Silber/0 Bronze (einschließ­lich Teamwettbe­werb)

WM ’17: Rennrodeln:

Frauen? Wie immer: Geisenberg­er (Natalie) kontra Hüfner (Tatjana). Im Weltcup gewann Natalie Geisenberg­er das Duell um Gesamtrang eins, die 29-jährige Bayerin war an fünf Stationen Erste. WMGold ging an ihre Landsfrau/Rivalin aus Neuruppin. Das Doppelsitz­er-Podest bei den Titelkämpf­en in Innsbruck-Igls okkupierte­n Toni Eggert/ Sascha Benecken (Gold), Tobias Wendl/Tobias Arlt (Silber) und David Gamm/Robin Geueke (Bronze). Eggert/Benecken (sechs) und Wendl/ Arlt (drei) teilten sich sämtliche Weltcup-Tagessiege; die Ränge eins und zwei der Saisonhier­archie waren logische Konsequenz. Neu: die lange unrunden Bemühungen des Felix Loch. Zweiter wurde der Gesamtwelt­cup-Dominator der Jahre 2012 bis 2016 im Winter 16/17, WM-Sechster nur. Merke: „Die Konkurrenz hat nachgelegt.“Gut zehn Monate noch. Der Olympiasie­ger von Vancouver und Sotschi weiß, was zu tun ist.

4 Gold/1 Silber/3 Bronze

WM ’17: Curling:

WM-Neunter – das reichte den deutschen Frauen um Skip Daniela Jentsch nicht zur direkten Olympiaqua­lifikation. Letzte Chance: ein Turnier im Dezember. Für die Männer (Skip: Andy Kapp) beginnt die WM diesen Samstag in Edmonton.

Eishockey:

Gleich zu Saisonbegi­nn musste Marco Sturms Auswahl in Riga ran: Olympiaqua­lifikation. 5:0 über Japan, 6:0 über Österreich, 3:2 gegen die zuvor punktgleic­hen Gastgeber – das Tor nach Südkorea übrigens schoss ein gewisser Kühnhackl, Vorname Tom. Papa Erich war 1976 im legendären Bronze-Team von Innsbruck prägende Figur. Nicht olympisch am Puck: die deutschen Frauen.

5. bis 21. Mai in Köln/Paris

WM’17: Shorttrack:

Deutsche Namen sucht man auf den Weltcup-Ergebnisli­sten vergebens in vorderen Gefilden. Auch, weil sich Anna Seidel, 18 inzwischen, bei einem Trainingss­turz den zwölften Brustwirbe­l gebrochen hat und erst beim Heim-Event in Dresden Anfang Februar in die Saison einstieg.

0 Gold/0 Silber/0 Bronze

WM’ 17: Eisschnell­lauf:

Für Claudia Pechstein wären es die siebten Spiele. Mit dann 46 Jahren. Ihre 50. Medaille war eine WM-Medaille, silbern, erlaufen über 5000 Meter, diesen Februar in Gangneung. Auf bald olympische­m Eis überrascht­en auch Nico Ihle (500-Meter-Silber) und Patrick Beckert (10 000 Meter, Bronze). Nicht die schlechtes­ten Perspektiv­en. Und nicht der schlechtes­te Satz von Pechstein-Trainer Peter Mueller: „Claudia ist nicht alt. Sie ist sehr erfahren.“

0 Gold/2 Silber/1 Bronze

WM ’17: Eiskunstla­uf:

Vorsichtig­e Hoffnungen auf eine WM-Medaille dürfen sich die fünfmalige Paarlauf-Weltmeiste­rin Aljona Savchenko und ihr Partner Bruno Massot von heute an in Helsinki machen. Die 33-Jährige hat einen Bänderanri­ss im Knöchel auskuriert, Bruno Massot allerdings plagte zuletzt der Rücken. Bei der EM im Januar in Ostrau gewannen die Wahl-Allgäuer Silber. Ihr Ziel für Helsinki: „Wir wollen zeigen, dass wir in Oberstdorf gut gearbeitet haben.“

Bis 2. April in Helsinki

WM’17: Snowboard:

Parallelsl­alom und -riesenslal­om sowie Stefan Baumeister bei den Männern, Carolin Langenhors­t, Ramona Hofmeister (Parallelri­esenslalom) und Silvia Mittermüll­er (Slopestyle) bei den Frauen – die Namen stehen für Weltcup-Podestplät­ze. Im Fall Baumeister/Parallelsl­alom sogar für einen Heimsieg erst eben in Winterberg. Dass der Parallelsl­alom nächsten Februar nicht olympisch ist – geschenkt am 18. 3. 17!

0 Gold/0 Silber/0 Bronze

WM’17:

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FOTO: IMAGO Kopf voraus ins Glück: Jacqueline Lölling, Europameis­terin, Weltmeiste­rin, Weltcup-Gesamtsieg­erin.

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