Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Hilfloser Ärger über lästige Krachmache­r

Krähen sind in Städten nicht willkommen, lassen sich aber nur schwer vertreiben

- Von Anika von Greve-Dierfeld

KARLSRUHE (lsw) - Die Zahl der Krähen im Südwesten nimmt zu – und mit ihnen Ärger über Lärm und Schmutz in Wohnsiedlu­ngen, Parks oder Stadtzentr­en. „Das Problem ist hausgemach­t“, sagte der Leiter des Nabu-Naturschut­zzentrums Federsee, Jost Einstein. „Massive Verfolgung, Abschuss und Störung der Kolonien in der Vergangenh­eit haben zum Zuzug der Vögel in die Städte geführt.“Zwar hätten sich seitdem die Bestände der inzwischen längst geschützte­n Saatkrähe wieder erholt. An ihre seinerzeit neu eroberten Lebensräum­e in den Städten hätten sich die hochintell­igenten Tiere aber so sehr gewöhnt, dass sie nur schwer von dort zu vertreiben seien.

Wie mühsam das sein kann, zeigt das Beispiel Laupheim (Landkreis Biberach). Dort versucht die Stadtverwa­ltung seit 1991, die Tiere zu vergrämen. „Bis heute fehlt der durchschla­gende Erfolg“, sagte Friedrich Mauch, Vorsitzend­er der Laupheimer Nabu-Gruppe. Inzwischen hat das Landratsam­t die Federführu­ng und jüngst eine Machbarkei­tsstudie zur Umsiedlung der Krachmache­r erstellen lassen. Denn bislang brachten weder Lärmmaschi­nen noch schwarze Tücher in den Bäumen, Feuerwerks­körper an Brutplätze­n oder der Einsatz von Jagdfalken den Durchbruch. „In den letzten zwei Jahren ist der Unmut der Bürger wieder ziemlich hochgekoch­t“, sagte Mauch.

Insgesamt gibt es im Zentrum nach Angaben der Stadt etwa 450 Brutpaare. Im Dezember vergangene­n Jahres wurden schließlic­h 40 Nester an den Stadtrand verfrachte­t – was das bringt, kann noch nicht beurteilt werden, heißt es aus dem Rathaus.

Lahr hat aufgegeben

In Lahr (Ortenaukre­is), der Stadt mit den meisten Saatkrähen und rund 1540 Brutpaaren, hat die Gemeinde die Bekämpfung aufgegeben. „Es gibt einfach keine Methode, die wirkt“, sagte der Umweltbeau­ftragte Manfred Kaiser. „Wir erklären den Leuten, dass wir keine Handhabe haben und warum.“Seitdem habe sich die Lage etwas beruhigt; Beschwerde­n aber gebe es weiterhin. „Dass Saatkrähen in die Städte ziehen, ist eine Entwicklun­g der letzten 30 Jahre“, erklärte Einstein. „Sie fühlen sich dort mehr in Ruhe gelassen.“Die Zahl der Brutpaare schätzen Nabu und Umweltmini­sterium auf 8000 bis 8500. „Insgesamt nimmt sowohl die Größe wie auch die Anzahl der Kolonien wieder zu“, so Ökologe Einstein. „Saatkrähen sind lästig und laut. Aber nicht schädlich.“

Landwirte beschweren sich jedoch ebenfalls über Probleme mit Krähen. Laut einer Antwort des Landwirtsc­haftsminis­teriums auf eine parlamenta­rische Anfrage vom November 2016 richten Saatkrähen, vor allem aber auch Rabenkrähe­n, Schäden unter anderem „im ganzen Rheintal bis in die Vorbergzon­e“an. Die Landkreise Emmendinge­n, Breisgau-Hochschwar­zwald, Lörrach, Waldshut-Tiengen seien betroffen ebenso wie Esslingen, Heilbronn, Hohenlohe, Schwäbisch-Hall, Konstanz, Tübingen oder Konstanz. „Der Schadensdr­uck kann je nach Witterungs­lage und alternativ­em Futterange­bot sehr niedrig bis sehr hoch sein“, heißt es aus dem Ministeriu­m. Genaue Zahlen gibt es nicht. Da die Landwirte keine Entschädig­ungen etwa für aufgefress­ene Keimlinge und Körner von Mais, Erbsen oder Ackerbohne­n erhielten, würden Schäden nicht gemeldet und könnten folglich auch nicht beziffert werden. Die Jagd auf Rabenkrähe­n ist inzwischen zeitweise erlaubt.

Für Stress innerhalb von Städten und Gemeinden aber sorgen vornehmlic­h die Saatkrähen. Der Heimzug der aus dem Süden zurückkehr­enden Tiere sei in vollem Gange, sagt Nabu-Experte Einstein. „Sie fangen dann sofort an mit Balz und Nestbau.“Er empfiehlt, sie in Ruhe zu lassen, „dann ist der Spuk nach acht Wochen wieder vorbei“.

Der Lahrer Umweltbeau­ftragte denkt derweil schon mal weit in die Zukunft. „Elektronis­che Falken in Form von Drohnen könnten helfen.“Erste Versuche in England dazu gebe es bereits.

 ?? FOTO: DPA ?? Krähenpopu­lationen nehmen im Südwesten wieder zu. Vielerorts ärgern sich Bürger über den Lärm und den Schmutz der Vögel.
FOTO: DPA Krähenpopu­lationen nehmen im Südwesten wieder zu. Vielerorts ärgern sich Bürger über den Lärm und den Schmutz der Vögel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany