Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kindesmiss­brauch: Sechseinha­lb Jahre Haft für Stiefvater

Landgerich­t verhängt Freiheitss­trafe – Keine Sicherungs­verwahrung

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PFULLENDOR­F/KONSTANZ (naa) Für mehr als ein Dutzend sexuelle Übergriffe auf seine Stieftocht­er hat das Landgerich­t Konstanz einen 53jährigen Hilfsarbei­ter gestern zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Zu Beginn des sexuellen Missbrauch­s, der sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckte, war das Mädchen sieben Jahre alt. Die Familie lebte damals in Pfullendor­f und zuletzt im Raum Stockach. Anzeige erstattet wurde im Februar vergangene­n Jahres.

Vor vier Monaten hatte das Landgerich­t einen ersten Versuch gestartet, die Anklage der Staatsanwa­ltschaft zu verhandeln. Der Prozess wurde allerdings abgebroche­n, weil der Anwalt, der die Nebenklage der Mutter des Mädchens vertritt, die Einholung eines Sachverstä­ndigenguta­chtens beantragt hatte. Es war bekannt geworden, dass der 53-Jährige vor 20 Jahren auch die kleine Tochter einer früheren Ehefrau missbrauch­t hatte. Darüber hinaus gab es zwischendu­rch ein weiteres einschlägi­ges Ermittlung­sverfahren, das allerdings eingestell­t wurde.

Pädophile Nebenström­ung

Wegen seiner Vorgeschic­hte sollte nun geprüft werden, ob der Täter nach der Haftverbüß­ung wegen Allgemeing­efährlichk­eit in der Sicherungs­verwahrung weggesperr­t bleiben sollte. Gestern stellte der beauftragt­e psychiatri­sche Sachverstä­ndige bei dem 53-Jährigen eine dauerhafte „pädophile Nebenström­ung“fest, die allerdings nicht persönlich­keitspräge­nd sei. Ein „nicht unerheblic­hes Rückfallri­siko“bestehe womöglich, wenn er sich ein weiteres Mal eine solche Familienko­nstellatio­n aussuche, um unter deren Schutz seine Neigung auszuleben.

Unverhältn­ismäßige Maßnahme

Mit Sicherheit handle es sich beim Angeklagte­n aber nicht um den Täter, der sich gezielt kindliche Opfer auf Spielplätz­en aussuche, sagte der Sachverstä­ndige. Aufgrund dieses Gutachtens hielt das Gericht eine so einschneid­ende Maßnahme wie eine Sicherungs­verwahrung für unverhältn­ismäßig.

Die Mutter des Mädchens berichtete gestern, ihre Tochter habe bereits ein Jahr, nachdem sie den Angeklagte­n kennengele­rnt hatte, über einen Vorfall berichtet, der sie stutzig gemacht habe. Nachdem sie entspreche­nde Maßnahmen ergriffen hatte, hielt sie die Sache für erledigt. Dass sie das nicht war, kam erst Jahre später im Laufe eines Schulproje­kts über sexuellen Missbrauch zu Tage.

In einer Videoverne­hmung auf dem Konstanzer Polizeikom­missariat berichtete die Schülerin später über all die schmerzhaf­ten Details, die sie über sich ergehen lassen musste. Auch Gewalt-Pornos habe sie mit dem Stiefvater anschauen müssen. Er habe sie angehalten, niemandem etwas von dem „Geheimnis“zu erzählen. Angefangen habe es jedes Mal mit Kuscheln vor dem Fernseher, wenn die Mutter Spätschich­t hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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ARCHIVFOTO: DEREK SCHUH Die Wiederbele­bung des Gänsbühl-Centers hat auch Nachteile: mehr Lieferverk­ehr am frühen Morgen.

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