Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Notfallsprechstunde benötigt keinen Träger
Landrat Günther-Martin Pauli rechnet mit zügigem Start der Praxis in Albstadt
SIGMARINGEN/ALBSTADT - Schon wieder gibt es eine überraschende Wende beim kinderärztlichen Notdienst. Offenbar ist die Frage, wer eigentlich die Trägerschaft für die geplante Notfallsprechstunde in Albstadt übernehmen muss, geklärt: niemand. Wie gestern bei einem Vor-Ort-Termin in der Praxis im Ebinger Emma-Beck-Haus deutlich wurde, hat es offenbar ein Missverständnis mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gegeben. So stand zuletzt die Frage im Raum, wer im Fall der Fälle eigentlich haftet – beispielsweise für Behandlungsfehler, die im Zuge der Notfallsprechstunde geschehen. Bis dato waren die rechtlichen Rahmenbedingungen des Albstädter Konstrukts auch deshalb teilweise ungeklärt, weil es landesweit kein vergleichbares Modell gibt. Ohne rechtliche Absicherung war es für die beteiligten Ärzte jedoch ein Ding der Unmöglichkeit, die Notfallsprechstunde tatsächlich starten zu lassen.
„Aus haftungstechnischen Gründen steht der ganzen Sache aus unserer Sicht aber gar nichts entgegen“, sagt KV-Sprecher Kai Sonntag. „Die Ärzte sind ohnehin jeweils individuell versichert.“Das habe auch Johannes Fechner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV BadenWürttemberg, den Beteiligten in einer E-Mail mitgeteilt. Es gehe denn auch weniger um die Frage, wer aus rechtlichen Erwägungen heraus Träger der Praxis ist, sagt Sonntag. „Die beteiligten Ärzte müssen sich stattdessen überlegen, ob sie sich selbst eine übergeordnete Organisation geben.“Hintergrund dafür sei, dass die behandelnden Ärzte ihre erbrachten Leistungen zwar wie in ihren eigenen Praxen mit der KV abrechnen. Aber für Albstadt müsse ja auch Material wie Spritzen, Verbände und vieles mehr angeschafft werden. „Es muss einfach geklärt sein, wer das bezahlt.“
Vor Ort war die Stimmung gestern jedenfalls bestens. GüntherMartin Pauli, Landrat des Zollernalbkreises, mehrere Landratsamtsmitarbeiter sowie Vertreter der Elterninitiative im Zollernalbkreis waren in die fertig eingerichtete Praxis gekommen und brachten noch das Praxisschild an der Hauswand an. Im Inneren zeigten sie die großzügigen Praxisräume, die in einer regelrechten Hauruck-Aktion eingerichtet worden waren. Bezahlt wurde das Ganze per Eilentscheid vom Landkreis; es gab aber auch bislang 17 Geldspenden sowie medizinische Sachspenden wie eine Babywaage und Blutdruckmessgeräte. Auch Bücher und Spielsachen fürs Wartezimmer wurden zur Verfügung gestellt. Pauli war sichtlich froh, nach einer Phase der Probleme und Rückschläge nun die fertige Praxis präsentieren zu können. „Wir haben flexibel und pragmatisch auf die neue Situation reagiert und eine tolle Lösung gefunden“, sagte er. Michaela Czempiel, Mitinitiatorin der Elterninitiative im Zollernalbkreis, bekräftigte deren Forderung an die KV, die Sprechstunde auf den Samstag auszudehnen. Dafür fehlt bislang die Zustimmung – die insgesamt zehn am Albstädter Modell beteiligten Kinderärzte müssen daher bis auf Weiteres auch Notdienste an umliegenden Krankenhäusern machen.
Wann genau die Notfallsprechstunde starten kann, steht nicht genau fest. Pauli geht aber davon aus, dass es sich höchstens noch um Wochen handeln kann. Wenn es so weit ist, öffnet die Praxis sonntags von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr. Die Praxis befindet sich in Albstadt im Emma-Beck-Haus, Friedrichstraße 37/1.
Der kinderärztliche Notdienst war von der KV Anfang des Jahres umstrukturiert worden. Wechselten sich die Kinderärzte in den Kreisen Sigmaringen und Zollernalb abends und an den Wochenenden bis dato mit Diensten in ihren eigenen Praxen ab, müssen sie nun für Notdienste an den Wochenenden zu den Kliniken in Reutlingen, Tübingen, Singen oder Ravensburg fahren. Nach Protesten zweier Elterninitiativen und einem runden Tisch soll es jetzt die Notfallsprechstunde in Albstadt geben.
„Aus haftungstechnischen Gründen steht der ganzen Sache aus unserer Sicht aber gar nichts entgegen. Die Ärzte sind ohnehin jeweils individuell versichert.“KV-Sprecher Kai Sonntag