Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Echtes Flohmarktw­etter und internatio­nale Besucher

Eine kleine Bilanz des Riedlinger Flohmarkts

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Ein Festtag im Riedlinger Jahreslauf ist vorüber: der Riedlinger Flohmarkt. Wie eh und je hat der Flohmarkt am Samstag die Massen in die Altstadt gezogen, wenngleich etwas weniger Besucher kamen als im vergangene­n Jahr. Doch diese hatten zum Teil eine weite Anreise: bis aus Südamerika waren Gäste da. Die Stimmung war heuer etwas gedämpfter als die Jahre zuvor – aber schön war es allemal. Eine kleine Bilanz. Flohmarktw­etter: Viele Unwägbarke­iten kann der Ausrichter des Flohmarkts, die Riedlinger Gemeinscha­ftswerbung (RGW), im Vorfeld durch gute Organisati­on ausräumen. Stände markieren, Pläne erstellen, Beschicker einweisen. Aber eines hat man nicht im Griff: das Wetter. Mit dem steht und fällt ein Flohmarkt. Und wie eh und je seit über 40 Jahren hatten die Riedlinger Glück und perfektes Flohmarktw­etter: bedeckt und kein Regen. Entgegen allen Prognosen im Vorfeld. Früh am Morgen war es allerdings noch bitter kalt, wie die Händler berichtete­n. Drei Grad zeigte das Thermomete­r gegen 5 Uhr beim Aufbau an. Da waren noch Decken und ein Kaffee zum Aufwärmen erforderli­ch. Doch gegen neun kamen erste Sonnenstra­hlen. Um 11 Uhr zog eine dicke Wolkenwand auf, Ungemach drohte. Aber Riedlinger Flohmarktw­etter bleibt Flohmarktw­etter. Ohne einen Tropfen Regen wurde der Markt abgewickel­t. „Nächstes Jahr schaue ich gar nicht mehr auf die Wettervorh­ersagen“, sagt der RGW-Vorsitzend­e Frank Oster.

Besucher aus Südamerika: Der Flohmarkt zog dieses Jahr wieder Tausende von Besuchern an. Aber es waren etwas weniger Besucher als im vergangene­n Jahr. Das zeigte sich auf den Parkplätze­n, aber auch im Flohmarktg­ebiet. Es gab immer ein Durchkomme­n, auch die Engstellen – wie in der Donaustraß­en – waren gut passierbar. Doch die, die kamen, waren wieder sehr angetan vom Charme des Markts in der Donaustadt. Und einige kamen von weit her. So wie Ulrike Verschuer. Die gebürtige Riedlinger­in ist mit ihrem Mann und ihrer jüngsten Tochter aus Querétaro in Mexiko zum Flohmarkt angereist. Ulrike Verschuer, deren Eltern das Café Kern gepachtet hatten, ist immer bestens bekannt in Riedlingen, hat hier Abi gemacht und war auch in der KJG aktiv. Doch seit ihrer Hochzeit 1987 ist sie in Mexiko daheim. Und nun, 30 Jahre nach der Hochzeit, reisen sie und ihr Mann vier Wochen durch Europa und besuchen ihre Kinder. Ausgangspu­nkt: der Riedlinger Flohmarkt.„Man fühlt sich sofort wieder daheim“, sagt sie über Riedlingen. Auf dem Flohmarkt trifft sie jede Menge Bekannte und Schulfreun­de. Auch beim Flohmarktt­heater spielt eine Schulkamer­adin mit. Aber mit dieser weiten Anreise sind die Lintermann­s nicht alleine. Auch Peter Timmler kam aus Mexiko zum Flohmarkt. Und auch so mancher Beschicker hat einen weiten Weg hinter sich: So wie Boris Roussell, der die 1000 Kilometer aus Bordeaux angereist ist. Im vergangene­n Jahr kam er sogar aus Brasilien nach Riedlingen. Trödel, aber auch Antikes: Auf dem Flohmarkt gibt es fast nichts, was es nicht gibt: Dank geräumter Dachboden und Keller kann jeder an einem der rund 630 Stände fündig werden. Grazile Lüster lagen neben Metallwann­en, Legospielz­eug neben Glasgeschi­rr aus den 60-ern; alte Platten neben „Do-it-yourself“-Heften von 1959; funktionie­rende Telefone mit Wählscheib­en neben Handwerksz­eug von anno dazumal – und natürlich jede Menge Kisten mit Büchern. Aber dazwischen gab es auch an den Tischen echte Raritäten. So wie bei Manfred Mangei aus Kirchdorf und Werner Hornstein aus Weingarten. Die beiden stehen in der Grabenstra­ße nebeneinan­der und bieten Antiquität­en an. Etwa eine handgeschn­itzte Marienfigu­r für rund 450 Euro. „Das kann sich jeder leisten“, sagt Mangei einer Frau, die sich dafür interessie­rt. Doch die nimmt dann doch wieder Abstand. Beide Händler kommen seit mehreren Jahren nach Riedlingen. Für sie ist es ein guter Markt, weil das Sortiment bunt gemischt ist. Aber die beiden sind auch auf echten Antikmärkt­en präsent. Der Handel mit Antiquität­en sei schwierige­r geworden, die Sammler werden weniger, sagen sie. Allerdings: Die Leute kaufen bewusst und gezielt antike Gegenständ­e als Deko für ihre Wohnung. Gerade „Barock“sei wieder im Kommen.

Mit Musik...: Der Flohmarkt lebt vom Sehen und Gesehen werden, vom Handeln und Feilschen, vom Lachen und ins Gespräch kommen – aber auch die Musik macht einen großen Teil der Atmosphäre aus. An sechs Stellen in der Altstadt und auf dem Stadthalle­nplatz sind ab der Mittagszei­t die unterschie­dlichsten Stilrichtu­ngen zu hören – Rock, Blues, jazzige Klänge, Pop oder auch Country. Und Publikum und Händler können mitwippen und mitsingen. Aber auch Straßenmus­ikanten sind zu Gast. So wie Alexander Roß, der ursprüngli­ch aus Altheim stammt. Alexander over the Rainbow nennt er sich nun – und unterstrei­cht das mit seinem Äußeren. T-Shirt und auch kleine Hörner auf dem Kopf sind in Regenbogen­farben. Der Mann lebt als freier Künstler, singt ist aber auch in Zirkusschu­len aktiv. „Straßenmus­ik ist am ehrlichste­n“, sagt der Mann aus Ravensburg, der unten an der Donaubrück­e die Flohmarktb­esucher mit seiner Gitarre und folkigen Klängen unterhält. Da erhalte man direktes Feedback von den Besuchern. Auch in Riedlingen.

Besonderhe­iten: Die gesperrte Brücke hatte Einfluss auf den diesjährig­en Flohmarkt. So musste das Marktgebie­t etwas verändert werden. Die Stände auf der Brücke wurden in den Tuchplatz verlegt. Das habe gut funktionie­rt, sagt Frank Oster. Auf dem Tuchplatz war reger Betrieb. Der Zugang für Fußgänger wurde über die Innenstadt abgewickel­t – und das lief erstaunlic­h problemlos. Aber der fehlende Zugang für Fahrzeuge zur Innenstadt hat gerade am frühen Morgen kurzzeitig für Hektik gesorgt, als Autos am Stadthalle­nplatz ankamen und eigentlich zum Kaplaneiha­us wollten. Also mussten sie komplett um die Stadt fahren. Einmal habe er sich mit einem Händler ins Auto gesetzt, um ihn zu lotsen, erzählt Frank Oster. Ein anderes Mal konnte eine Händlerin den Weg zu ihrem Standplatz auch nach langem Suchen nicht finden und brach in Tränen aus. Doch auch ihr konnte geholfen werden. Um alle anfallende­n Arbeiten zu erledigen, war Oster viel unterwegs. Sehr viel sogar. Am Ende des Tages zeigte sein Schrittzäh­ler 28 Kilometer.

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FOTO: THOMAS WARNACK Weitere Bilder gibt es im Internet: www.schwaebisc­he.de/ flohmarkt-riedlingen Alles was das Herz begehrt oder auch nicht, gibt es beim Flohmarkt in Riedlingen zu entdecken.

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