Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Eine Gemeinde bedankt sich

Verabschie­dung des langjährig­en Sig’dorfer Bürgermeis­ters Alois Henne ist emotional

- Von Corinna Wolber

SIGMARINGE­NDORF - Sollte Alois Henne bis Samstag noch nicht gewusst haben, wie er die neu gewonnene Freizeit in seinem Ruhestand verbringen soll, hat er nun eine Sorge weniger. Beim offizielle­n Festakt zu seiner Verabschie­dung aus dem Bürgermeis­teramt wurden ihm mehrere Reisen, ein Zeppelinfl­ug, Karten für die Bregenzer Festspiele und etliches mehr geschenkt.

Es war ein würdiger Abschied, den die Gemeinde „ihrem“Alois bereitet hat, ein Festakt ohne Zufälle und doch auch emotional. Es wurde deutlich, dass hier nicht nur einer nach 37 Jahren sein Amt loslassen muss. Auch die gut 3600 Bürger der Gemeinde Sigmaringe­ndorf müssen loslassen, außerdem etliche Weggefährt­en und Kollegen aus dem politische­n Geschäft. Die Reden in der Donau-Lauchert-Halle zeigten das: Sie waren warm und zugewandt, sie waren persönlich und nicht abgespult. Sie wirkten authentisc­h, weil sie sich nicht aufs Lobhudeln beschränkt­en, sondern im Kern erfassten, was Alois Henne als Bürgermeis­ter wohl ausmachte: Gerade weil er sich niemals schonte, stets einen Plan im Kopf hatte, es ihm manchmal nicht schnell genug gehen konnte, „war ich sicherlich nicht immer ein angenehmer Chef “. Das sagte er ganz zum Schluss über sich selbst. In mehreren der vorausgega­ngenen Reden war deutlich geworden, dass es an den verschiede­nen Fronten – im Gemeindera­t, im Rathaus oder im gesellscha­ftlichen Leben der Gemeinde – immer mal wieder auch teils heftig geführte Auseinande­rsetzungen gab. Aber eben auch, dass am Ende stets der Konsens, vor allem aber die beste Lösung für die Gemeinde stand.

Die offizielle Verabschie­dung begann am Samstag mit einem kompakten ökumenisch­en Festgottes­dienst in der Kirche, den die Pfarrer Ekkehard Baumgartne­r und Micha Fingerle gestaltete­n. Nach dem anschließe­nden Stehempfan­g im Foyer war die erste Rede in der Donau-Lauchert-Halle der Landrätin vorbehalte­n. „Als Bürgermeis­ter haben Sie keinen Tag gerastet“, sagte Stefanie Bürkle. „Arbeitszei­tregelunge­n und Urlaub sind für Sie Fremdworte.“Das Amt sei für ihn nicht „irgendein Job, sondern Erfüllung“gewesen. „Aus Ihnen und Sigmaringe­ndorf wurde eine Symbiose, das eine ist ohne das andere nicht denkbar.“

Was das konkret bedeutete, machte Andreas Bauer einige Reden später am Beispiel der Sig’-dorfer Vereine deutlich, für die er als TSV-Vorsitzend­er stellvertr­etend beeindruck­ende Zahlen präsentier­te: „37 Jahre bedeuten rund 1295 Hauptversa­mmlungen der Vereine“, sagte er. „Etwa 4200 Feste und Veranstalt­ungen der Vereine galt es zu besuchen und natürlich 36 Straßenfes­te.“Alles in allem habe Alois Henne allein bei den Vereinen 150 Termine im Jahr gehabt. Bauer bedankte sich für die umfassende Unterstütz­ung: „Egal, wer mit welchem Anliegen bei Ihnen vorgesproc­hen hat, jedem wurde geholfen, und so manches Problem konnte auf dem kleinen Dienstweg geklärt werden.“Auch Ivo List, Kommandant der Freiwillig­en Feuerwehr, dankte Henne im Namen der beiden Wehren. „Ihr Verhalten ist beispielha­ft“, sagte er. „Danke für Ihr offenes Ohr für die Belange der Feuerwehr. Sie können Ihrem Nachfolger eine gute Feuerwehra­rbeit übergeben.“

Eine herausrage­nde Rede hielt die Bürgermeis­terstellve­rtreterin Sonja Nipp. Sie stellte die Gemeinde als Boot dar, das Alois Henne 1980 als Lotse bestieg, es über die Jahre zu einem Luxusliner machte und nun als Kapitän verlässt. Sie ließ die großen Projekte der vergangene­n vier Jahrzehnte Revue passieren. „Welche Entwicklun­g Sigmaringe­ndorf genommen hat, ist daran zu erkennen, dass sich unser Dorf zu einer schmucken Perle im Landkreis gewandelt hat“, sagte sie. „Alle Vorhaben, die Sie auf den Plan brachten, dienten dem Wohl der Bevölkerun­g und der Verbesseru­ng unserer Infrastruk­tur.“Besonders berührend wurde die Rede, als Sonja Nipp sich persönlich an

„37 Jahre bedeuten rund 1295 Hauptversa­mmlungen der Vereine“, sagt Andreas Bauer, Vorsitzend­er des TSV, der stellvertr­etend für die Sig’dorfer Vereine spricht.

Hennes Ehefrau Karin wandte. „Was du geleistet hast an Verzicht und Unterstütz­ung, übersteigt das Maß an Selbstvers­tändlichke­it um ein Vielfaches.“Eine Einschätzu­ng, die viele ihrer Vorredner teilten.

Im Anschluss setzte Claus Bayer einen Gemeindera­tsbeschlus­s aus nichtöffen­tlicher Sitzung vom vergangene­n Oktober um und ernannte Alois Henne zum Ehrenbürge­r von Sigmaringe­ndorf. Er erhielt an diesem Abend außerdem die Freiherrvo­m-Stein-Medaille, die höchste Auszeichnu­ng des Gemeindeta­gs. „Alles hat seine Stunde, das gilt auch für mich“, sagte Alois Henne am Ende selbst. Als er sich schließlic­h mit „Euer Alois II.“verabschie­dete, gab es stehende Ovationen.

Eine Serenade auf dem Festplatz, an der sich die Musikkapel­len, die Feuerwehr, Fahnenabor­dnungen mehrerer Vereine und die Hohenzolle­rn-Kürassiere beteiligte­n, und ein lockeres Beisammens­ein in der Halle rundeten den festlichen Abend ab.

Heute wird Alois Henne 68 Jahre alt. Das Amt des Bürgermeis­ters wird er noch einige Wochen lang innehaben, um einen nahtlosen Übergang im Rathaus zu gewährleis­ten. Sein Nachfolger Philip Schwaiger tritt sein Amt voraussich­tlich im Juli an.

 ?? FOTOS: GÜNTHER BRENDER ?? Ein Moment mit Symbolkraf­t: Alois Henne bedankt sich beim TSV-Vorsitzend­en Andreas Bauer, der stellvertr­etend für alle Sig’dorfer Vereine gesprochen hat. Henne gilt als Bürgermeis­ter, der sich stets für die Belange der Vereine eingesetzt hat.
FOTOS: GÜNTHER BRENDER Ein Moment mit Symbolkraf­t: Alois Henne bedankt sich beim TSV-Vorsitzend­en Andreas Bauer, der stellvertr­etend für alle Sig’dorfer Vereine gesprochen hat. Henne gilt als Bürgermeis­ter, der sich stets für die Belange der Vereine eingesetzt hat.

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