Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Temperamen­tvolle Tangos im Bohnensten­gel

Jazzband Orchestra Mundo mit einem beeindruck­enden Konzert – Sängerin mit Akkordeon verwachsen

- Von Monika Fischer

BAD SAULGAU - Mit der Band Orchestra Mundo hat der Jazzverein Bad Saulgau fünf Vollblutmu­siker gebucht, die ihre Zuhörer durch phänomenal interpreti­erte Tangos, Musette-Walzer und Swing-Hits in Bann schlugen. Als maßgeschne­iderter Ort für das atmosphäri­sch dichte Konzert erwies sich die Gaststätte Bohnensten­gel gegenüber dem Bahnhof in Bad Saulgau.

Das Quintett Orchestra Mundo hat hörbar bayrische Wurzeln, widmet sich jedoch der Weltmusik und tourt durch die Republik sowie das nahe Ausland. Quirliger Mittelpunk­t der Band ist Anja Baldauf, die mit ihrem Akkordeon verwachsen scheint und sich bei ihren temperamen­tstrotzend­en Einsätzen fast vom Hocker katapultie­rte. Auf der massiven Holzbank an der Fenstersei­te des Raums hatte sich Titus Waldenfels einquartie­rt, der nicht nur durch Gitarrenri­ffs glänzte, sondern auch an Banjo und Trichterge­ige eine respektabl­e Vorstellun­g gab. Dahinter bearbeitet­e Stefan Baldauf versiert das Schlagwerk und unterstric­h mit klug dosierter Lautstärke den Charakter der einzelnen Stücke. Links daneben hatte Jörg Heß Aufstellun­g genommen, wo er seine Qualitäten als Kontrabass­ist in die Waagschale warf.

Die Riege der Bläser vertrat Thomas Bouterwek, der sich mit fulminante­r wie farbenreic­her Spielweise als Meister des Alt- und Tenorsaxop­hons erwies.

Bereits beim Auftaktstü­ck zeigten sich die Musiker als Solisten mit viel Improvisat­ionspotenz­ial ebenso wie als Teamplayer, die sich nahezu blind verstanden und einen hinreißend­en Gesamtklan­g erzeugten. So wechselten bei einem argentinis­chen Tango von Astor Piazolla Schwermut mit überborden­der Lebensfreu­de, was sich in moderaten Passagen, gefolgt von atemberaub­endem Tempo niederschl­ug.

Frontfrau Anja Baldauf war nicht nur als Akkordeonv­irtuosin, sondern auch als Moderatori­n im Einsatz und dies auf sehr persönlich­e Art. So versuchte sie das Publikum auf die Tanzfläche zu locken, die „Bohnensten­gel“-Wirt Christian Pfeiffer extra freigeräum­t hatte. Doch angesichts der vielen rasanten Tempostell­en fehlte anfänglich die Resonanz. Das änderte sich erst, als Filmmusik ins Spiel kam wie „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“aus „Die Drei von der Tankstelle“oder „Das gibt’s nur einmal“aus „Der Kongress tanzt.“Klar, dass einige Damen und Herren auch bei Caterina Valentes Ohrwurm aus den Sechzigerj­ahren, „Spiel noch einmal für mich, Habanero“, die Tanzlust packte. Anja Baldauf hatte den Titel aus Erinnerung­sgründen ins Programm genommen, da sie als Teenager die Entertaine­rin zu ihrem absoluten Idol erkoren hatte. Ein Ausflug in die ungarische Gipsymusik erinnerte an ein Stück, das die Moderatori­n als junge Teilnehmer­in einer Akkordeont­ournee gehört und erst vor kurzem als „Glem, Glem“wieder entdeckt hatte.

Erinnert an Schrottpla­tz

Dabei griff Titus Waldenfels zur Trichterge­ige, die laut Anja Baldauf an einen Schrottpla­tz erinnerte. Doch er spielte dieses Instrument so souverän, dass selbst der Stargeiger Django Reinhardt seine Freude gehabt hätte. Mit einem Ragtime aus New Orleans kletterte das Stimmungsb­arometer weiter und schraubte sich zum Höhepunkt, als die Band den Tango „La Comparsita“als Feuerwerk aus Rhythmik und Tempo inszeniert­e. Am Ende des Konzerts forderten Applaus und Klatschen der Zuhörer eine Zugabe, die in Form eines gefühlvoll­en „Tanze mit mir in den Morgen“gewährt wurde.

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FOTO: MONIKA FISCHER Der Auftritt der Jazzband Orchestra Mundo bleibt den Zuhörern in der Gaststätte Bohnensten­gel in Bad Saulgau in guter Erinnerung.

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