Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Beschuldigter
Der brasilianische Präsident Michel Temer muss um sein Amt bangen. Als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte des fünftgrößten Landes der Welt wurde Temer während seiner Amtszeit wegen Korruptionsverdachts angeklagt. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot reichte die Klage beim Obersten Gerichtshof in Brasilia ein.
Der 76-Jährige soll jahrelang Schmiergelder für seine Partei PMDB von dem Unternehmer Joesley Batista kassiert haben. Der Besitzer des größten Fleischkonzerns der Welt, JBS, hatte Temer angezeigt. In einem Untersuchungsbericht wirft die Bundespolizei dem Staatsoberhaupt zudem vor, Ermittlungen durch die Zahlung von Schweigegeld an den inzwischen inhaftierten früheren Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha behindert zu haben.
Temer war Mitte vergangenen Jahres nach einem umstrittenen Amtsenthebungsverfahren gegen die linke Präsidentin Dilma Rousseff an die Macht gekommen. Der bei seinen Landsleuten äußerst unbeliebte Konservative steht seit Wochen am Pranger – die Zustimmung zu seiner Amtsführung ist auf sieben Prozent gesunken.
Die Anklage gegen Temer könnte noch um weitere Punkte erweitert werden; der Präsident soll in weitere Korruptionsfälle verwickelt sein, und ihm wird die Behinderung der Justiz angelastet. Ob es zum Verfahren kommt, hängt von zwei Hürden ab: Zunächst müssten zwei Drittel der Volksvertreter im Parlament für die Aufhebung der Immunität stimmen – mindestens 342 der 513 Abgeordneten. Nach jetzigem Stand ist das unwahrscheinlich. Danach müsste der Gerichtshof für ein Verfahren stimmen; dann wäre Temer zunächst für 180 Tage seiner Aufgaben entbunden.
Temer gibt sich unbeeindruckt: „Nichts wird uns zerstören – nicht mich und nicht unsere Minister.“(dpa/AFP)