Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kinder zum Lernen motivieren
Umstellung auf die Schule fällt nicht immer leicht – Ein paar Tricks von Experten
Die meisten Kinder freuen sich vor der Einschulung auf ihren neuen Lebensabschnitt. Endlich Schulkind! Aber die Umstellung von der spielerischen Kindergartenzeit zum Lernen in der Schule ist groß: Im Unterricht gilt es, aufmerksam und leise zu sein. Und ständig kommen neue Aufgaben, die gelöst und erledigt werden müssen. Ganz schön viel zu tun!
„Es ist keine Seltenheit, dass Kinder sich nach den ersten Wochen oder Monaten überfordert fühlen und eine Lernunlust entwickeln“, sagt Psychologe und Autor Fritz Jansen. Er befasst sich seit mehr als 20 Jahren mit der Lernmotivation bei Schülern. Es sei sehr wichtig, frühzeitig auf eine Lernunlust zu reagieren und die Kinder aktiv zu unterstützen.
Im Alltag ist oft wenig Zeit für Gespräche. Doch für die Lernmotivation ist es von großer Bedeutung, dass die Kinder von ihren Erlebnissen erzählen können. Eltern sollten sich aufrichtig für die Schule interessieren und nachfragen, statt auszufragen, empfiehlt Hanna Hardeland, Lehrerin und Lerncoach aus Hamburg. Mit den Eltern das neue Wissen und die Erfahrungen zu teilen, macht Kinder stolz und schenkt ihnen Wertschätzung. „Das ist ein ganz großer Motivator!“
Entspannung muss sein
Motivierend ist natürlich auch Lob. Doch oft schauen Eltern bei den Hausaufgaben eher auf Fehler oder Dinge, die noch unvollständig sind. Auch wenn diese Hinweise manchmal nötig sind, braucht es daneben mindestens genauso viel Anerkennung für das, was richtig gemacht wurde. Denn: Grundschüler machen ihre Hausaufgaben noch nicht für sich selbst, sondern aus der Motivation, der Lehrkraft und den Eltern zu gefallen, sagt Jansen.
Viele Kinder sind nach der Schule müde und kaputt. „Deshalb sollte man ihnen vor den Hausaufgaben eine Pause zum Entspannen einräumen“, sagt Imke Goldenstein, Lernund Erfolgscoach aus Oldenburg. Sie empfiehlt nach dem Mittagessen eine mindestens 15-minütige Pause. „Bei Kindern, die schlecht abschalten können, ist eine Fantasiereise sehr hilfreich, um wieder runterzukommen.“
Daneben sei es aber wichtig, dass die Hausaufgaben zu einer festen Zeit im Alltagsprogramm stehen. „Das fördert die Disziplin und Arbeitsbereitschaft, am besten an einem schönen und ruhigen Arbeitsplatz, an dem das Kind sich wohlfühlt.“Mit kleinen Extras, zum Beispiel ab und zu neuen Stiften oder anderen Arbeitsmaterialien, kann die Motivation zusätzlich unterstützt werden.
Hausaufgaben nerven, besonders wenn die anderen Familienmitglieder gerade nichts zu tun haben. Besser sei es deshalb, wenn auch die Eltern aktiv sind, sagt Hardeland. Ob Wäsche zusammenlegen oder Post erledigen: „Wenn Kinder sehen, dass die Eltern auch Aufgaben zu erledigen haben, fällt es ihnen schon etwas leichter, sich an die eigenen zu setzen.“Wenn alles erledigt ist, könne man dann gemeinsam zufrieden auf die erbrachte Leistung blicken.
Neben dem Blick auf die Leistung ist es wichtig, auch die Persönlichkeit des Kindes loben, sagt Jansen. Er rät dazu das Lob aufzuteilen: „50 Prozent für die Leistung und 50 Prozent für die Eigensteuerung.“Dafür können Eltern zum Beispiel betonen, wie aufmerksam oder geduldig das Kind bei den Hausaufgaben gewesen ist. „So lernen Kindern, dass sie nicht nur angenommen werden, wenn sie etwas leisten, sondern auch aufgrund ihres Charakters“, sagt Jansen. „Das stärkt das Selbstvertrauen.“
Wenn Kinder Schwierigkeiten haben, die Hausaufgaben alleine zu machen, hilft es, kleinere Etappenziele zu planen. „Die Eltern können sich dann in der Nähe aufhalten und gerufen werden, wenn eine Aufgabe erledigt ist“, sagt Hardeland. Wenn auf jede Etappe eine positive Bestätigung folgt, fällt es Kindern leichter, weiterzumachen. Langsam können die einzelnen Etappen dann größer werden.
Loben statt schimpfen
„Ich kann das einfach nicht“oder: „Das ist viel zu schwer“– Kinder betrachten ihre Leistung oft sehr auf den Moment bezogen. Diese belastende Sichtweise können Eltern auflockern, zum Beispiel mit dem Satz: „Du kannst das noch nicht, und das ist auch ganz normal. Deshalb gehen alle Kinder in die Schule.“
Imke Goldenstein erklärt: „Bei dem Gefühl von Misserfolgen geht es darum, dem Kind immer wieder deutlich zu machen, dass sich seine Fähigkeiten entwickeln.“Dazu gehört auch, ein positives Bild von der Zukunft zu vermitteln, etwa: „Wenn du so weitermachst, wirst du bald richtig gut in Mathe.“Auch die Erinnerung an vergangene Erfolge hilft – zum Beispiel an Lernsituationen, in denen das Kind zuerst Schwierigkeiten hatte, diese aber überwunden hat.
Über die Schule schimpfen oder über die Hausaufgaben der Lehrerin meckern? „Auf keinen Fall im Beisein des Kindes“, warnt Hardeland. Die Worte der Eltern, so berechtigt sie für den Moment auch sein mögen, übertragen sich dann auf die Haltung des Kindes gegenüber der Schule. Ähnlich ist es mit eigenen Erlebnissen aus der Schule, ergänzt Goldenstein: „Es macht keinen Sinn, einem Grundschüler, der über Mathe klagt, zu erzählen, wie furchtbar man das Fach früher selber gefunden hat.“