Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Streit ums Nitrat
Politiker sieht Landwirte als „Erfüllungsgehilfen“
BAD SAULGAU (amm) - Auf dem Dreher-Hof in Lampertsweiler hat der Kandidat der Grünen für die Bundestagswahl, Erwin Feucht, mit Landwirten über das Thema Nitrat im Trinkwasser diskutiert. Das Problem existiert auch in Bad Saulgau. Der Nitratwert im Trinkwasser der Bad Saulgauer Wasserfassung Mannsgrab nähert sich über die Jahre dem zulässigen Maximalwert. Die Diskussion war Teil eines Besuchs in Bad Saulgau mit mehreren Stationen.
Der Gast aus Balingen informierte zunächst über die Novellierung der Düngeverordnung, die im September den Bundestag passieren wird und aus seiner Sicht ein „Kompromiss zwischen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt und Umweltministerin Barbara Hendricks“darstellt. Das Gesetz regelt unter anderem die Ausbringung von Gülle auf landwirtschaftlichen Flächen. „Deutschland wurde bereits 2012 von der EU angemahnt, hinsichtlich der Nitratbelastung etwas zu tun“, sagte Erwin Feucht. „Technisch lösen“könne man das alles, fuhr er fort. Doch das müssten letztendlich die Verbraucher zahlen.
Wie gefährlich ist Nitrat wirklich? Welches sind die Ursachen für die erhöhten Nitratwerte um die Wasserfassung Mannsgrab? Dazu kamen in der kleinen Gesprächsrunde im Hofcafe unterschiedliche Sichtweisen auf den Tisch. Ein Teilnehmer äußerte seinen Unmut darüber, dass „immer nur auf der Landwirtschaft herumgehackt wird“. Oder dass in der Presse „teils nur einseitig berichtet“werde. Als mögliche Auslöser für Nitratwert-Veränderungen wurden etwa „marode Abwasserkanäle“, die Moore oder Bodenbewegungen – wie etwa beim Brunnenneubau Mannsgrab – genannt.
Dreher verteidigt Maisanbau
Thematisiert wurden auch Veröffentlichungen von „Agrarstatistiker“Georg Keckl, der sich mit dem Thema seit vielen Jahren akribisch auseinandersetzt, dem Umweltministerium in diesem Zusammenhang eine „Angst-Propaganda“unterstellt oder den Nitratbericht 2016 als ein „Dokument der Irreführung“bezeichnet. „Nitrat selbst ist ungiftig, kann aber vom Körper in gesundheitsschädliches Nitrit umgewandelt werden“, sagt Stadtrat Wolfgang Lohmiller. Vor allem für Säuglinge sei zu viel Nitrat gesundheitsgefährdend. Nitrit-Verbindungen hätten sich bei Tieren als krebserregend erwiesen. „Hier gelten die gleichen Kriterien wie bei Glyphosat: Wer Nitrat einsetzen oder nicht verhindern will, dass es ins Grundwasser kommt, sollte zuerst nachweisen, dass es nicht gesundheitsschädlich ist“, so Lohmiller. Die aktuellen Nitratwerte vor Ort geben Tobias Dreher keinen Anlass zur Sorge. Und er nimmt auch den Maisanbau in Schutz. „Jedes andere Getreide wird mehr gedüngt als der Mais“, so der Jungunternehmer. Auch der Mais würde „blühen“und den Insekten Schutz bieten. Thematisiert wurde auch das 1000-KüheStallprojekt in Hahnennest. Erwin Feucht sieht den Stall aufgrund der zur Verfügung stehenden Fläche „am falschen Platz“.
„Die Bauern machen vieles mit bestem Wissen und Gewissen“, sagte Erwin Feucht. Landwirte seien letztlich „immer nur Erfüllungsgehilfen“.