Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Das Leben als Sonderling
„Wilson – der Weltverbesserer“: Woody Harrelson als verschrobener Einzelgänger
Es ist nicht so, dass Wilson keine Menschen mag. Es fällt ihm nur schwer, eine Beziehung zu diesen aufzubauen. Woody Harrelsons Darstellung des Eigenbrötlers macht die ansonsten eher durchwachsene Tragikomödie sehenswert.
Im richtigen Leben würde man es mit diesem Wilson wohl keine 90 Minuten aushalten, denn der Kauz ist einer jener Typen, bei denen man schnell weitergeht, wenn sie einem auf die Pelle rücken. So setzt er sich im Zug oder Café direkt neben Menschen, obwohl alle anderen Plätze leer sind und quetscht sie über ihr Leben aus. Seine grenzenlose Ehrlichkeit überschreitet dabei oft die Grenze zur Beleidigung.
Kein Wunder, dass Wilson neben seinem geliebten Hund nur einen einzigen Freund hat, der aber zu Beginn des Films die Stadt verlässt. Als dann auch noch sein Vater stirbt, fasst Wilson den Beschluss, wieder mehr Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen, vielleicht sogar eine Beziehung zu beginnen. Seine letzte liegt allerdings 17 Jahre zurück, und die Ehe mit Pippi (Laura Dern) ging so unglücklich auseinander, dass er seitdem keinen Kontakt mehr zu ihr hatte.
Über ihre spießige Schwester Polly (Cheryl Hines) erfährt Wilson dann aber, dass Pippi nach turbulenten Jahren wieder dabei ist, ihr Leben in den Griff zu bekommen und sucht sie prompt auf. Die beiden kommen sich sogar wieder näher. Wilson erfährt allerdings beiläufig, dass Pippi Plötzlich tut sich für Wilson (Woody Harrelson) die Möglichkeit auf, doch noch zu einer Familie zu kommen: Er nimmt Kontakt auf zu seiner Tochter (Isabella Amara, links) und seiner Ex-Frau (Laura Dern). nach der Trennung eine Tochter von ihm bekommen und zur Adoption freigegeben hat. Wer jetzt einen „Plötzlich Papa“-Wohlfühlfilm erwartet, dürfte enttäuscht werden. Zwar blüht Wilson bei dem Gedanken, doch noch so etwas wie eine Familie zu haben, sichtlich auf. Und tatsächlich reagiert die 17-jährige Claire (Isabella Amara) gar nicht mal abweisend, als ihre leiblichen Eltern plötzlich Kontakt mit ihr aufnehmen. Doch das neugefundene Glück währt für Wilson nicht lange.
Wenn der Ablauf des Films teils sprunghaft und episodisch wirkt, dann ist dies sicher auch der Vorlage geschuldet. Denn in der gleichnamigen Graphic Novel von Daniel Clowes wird die Geschichte in 70 einseitigen Comic-Strips erzählt, die nur lose miteinander verbunden sind. Der Film von Craig Johnson ist etwas zusammenhängender inszeniert, dennoch könnten sich die Zuschauer mit den teils harten Brüchen in der Handlung etwas schwertun. Auch wirken einige der Handlungen und Äußerungen Wilsons selbst für einen so eigensinnigen Charakter überzogen. Dass man dennoch für ihn nicht unbedingt Sympathie aber zumindest Mitgefühl entwickelt, ist eindeutig Harrelsons schauspielerischer Leistung zu verdanken, die vom übrigen Ensemble gut unterstützt wird. So kann man im Kino wagen, was man sich im wahren Leben vielleicht nicht trauen würde, und sich auf einen Sonderling wie diesen Wilson einmal einlassen.