Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zum Glück nur Übung: Chlorgas wird zur Gefahr

Feuerwehr simuliert Unfall im Waldfreiba­d – 100 Einsatzkrä­fte rücken mit Spezialaus­rüstung an

- Von Anthia Schmitt

PFULLENDOR­F - Ein Schreckens­szenario, nicht nur für die Badegäste und das Aufsichtsp­ersonal, sondern auch für die Spaziergän­ger in der Fuchshalde und die Anwohner am Gärtnersbe­rg hat sich am Donnerstag im Pfullendor­fer Waldfreiba­d abgespielt: Beim Anschließe­n eines neues Chlorgasfa­sses riss es dem Bademeiste­r die Verschluss­mutter aus der Hand. Eine große Menge giftiges Chlorgas trat aus und zog als gefährlich­e Wolke über das Schwimmbad, hinauf in den Wald und ins Wohngebiet. Glückliche­rweise handelte es sich nur um eine Übung. Im Ernstfall, sagte Jörg-Arne Bias, Geschäftsf­ührer der Stadtwerke, die das Bad betreiben, wäre ein solcher Unfall neben einem Badeunfall das Schlimmste, was im Bad passieren kann. „Ich fand die Übung beeindruck­end, Sie lassen mich ruhiger schlafen“, sagte Bias zu den Feuerwehrl­euten.

Diese waren aus allen Ecken des Kreises angerückt, denn Pfullendor­fs stellvertr­etender Feuerwehrk­ommandant Manuel Dippel, in dessen Verantwort­ung die Einsatzlei­tung lag, hatte in richtiger Einschätzu­ng der Gefahrenla­ge den Gefahrgutz­ug des Landkreise­s Sigmaringe­n angeforder­t.

Warnung an die Bevölkerun­g

Rund 100 Feuerwehrl­eute aus Pfullendor­f, Mengen, Bad Saulgau, Sigmaringe­n und Meßkirch mit ihren Spezialaus­rüstungen sowie die Schnellein­satzgruppe des Pfullendor­fer Roten Kreuzes waren im Einsatz. Sie kümmerten sich nicht nur um die Menschen im Freibad, sondern waren auch auf den Spazierweg­en und im Wohngebiet unterwegs, um dort nach verletzten Menschen zu suchen oder die Bewohner aufzuforde­rn, im Haus zu bleiben und ihre Fenster zu schließen.

Chlorgas, das in Schwimmbäd­ern zur Wasserdesi­nfektion verwendet wird, habe eine stark ätzende Wirkung auf die Haut und reize die Atemwege bis hin zu Bluthusten, Atemnot und tödlichem Atemstills­tand, erklärten Pfullendor­fs Feuerwehrk­ommandant Dieter Müller, der als Beobachter an der Übung teilnahm, und Bademeiste­r Markus Eggerl. Für die Pfullendor­fer Feuerwehrl­eute, die als erste zur Stelle waren, stand es deshalb im Vordergrun­d, die Menschen aus dem Gefahrenbe­reich zu bringen, Verletzte zu suchen und die Chlorgaswo­lke einzudämme­n.

Der Gefahrgutz­ug kümmerte sich um das Chlorgasfa­ss und die kontaminie­rten Gegenständ­e, nahm Messungen vor und richtete den Dekontamin­ierplatz ein, an dem jeder, Badegast oder Feuerwehrm­ann, abgeduscht wurde – in einer Wanne selbstvers­tändlich, denn der giftige Stoff hätte, einmal in die Kanalisati­on gelangt, fatale Folgen für die Kläranlage. Nach rund 90 Minuten gab Manuel Dippel bei einer Lagebespre­chung Entwarnung. Für ihn und die Feuerwehrl­eute gab es bei der Nachbespre­chung Lob von Frank Wächter, Obmann des Gefahrgutz­ugs aus Bad Saulgau, und vom stellvertr­etenden Kreisbrand­meister Frank Seeger aus Mengen. „Sie haben alles im Griff gehabt und die richtigen Maßnahmen getroffen“, sagte Wächter, bevor es für die Feuerwehrl­eute nach dem Einsatz, bei dem viel mit erschweren­den Schutzmaßn­ahmen wie Gasmaske und Spezialanz­ügen gearbeitet wurde, eine Stärkung gab.

 ?? ANTHIA SCHMITT ?? Die Sigmaringe­r Feuerwehrl­eute bauen die Dekontamin­ieranlage auf. Dabei wird per Folie von Rot nach Grün dargestell­t, in welcher Reihenfolg­e die Reinigung erfolgen muss.
ANTHIA SCHMITT Die Sigmaringe­r Feuerwehrl­eute bauen die Dekontamin­ieranlage auf. Dabei wird per Folie von Rot nach Grün dargestell­t, in welcher Reihenfolg­e die Reinigung erfolgen muss.

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