Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gemeinschaftsunterkunft schließt Ende September
Landratsamt verärgert den Bürgermeister und den Arbeitskreis Asyl – Neuer Wohnraum für Flüchtlinge gesucht
MENGEN - Mit einem zweisprachigen Schreiben in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Mengen hat das Sigmaringer Landratsamt den Mengener Bürgermeister Stefan Bubeck und die Helfer des Arbeitskreises Asyl gegen sich aufgebracht. Das Schreiben kündigt die Schließung der Unterkunft für Ende Juli, also für kommendem Montag, an – dabei hatte der Kreistag im Herbst 2016 entschieden, den Mietvertrag erst zum Ende des Jahres zu kündigen. „Die Informationspolitik des Landratsamts ist katastrophal“, sagt Bubeck. Und auch die Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Asyl sind ganz schön sauer.
Das Schreiben des Landratsamts in der Flüchtlingsunterkunft hatte angekündigt, dass deren Bewohner spätestens am 31. Juli nach Sigmaringen, Gammertingen und Meßkirch umgezogen sein müssen, weil das Haus geschlossen wird. Ein Schock für die Beteiligten war es deshalb, weil Stadtverwaltung, Arbeitskreis Asyl und Bewohner davon ausgegangen waren, dass der Umzug auf Oktober und die Schließung auf Ende Dezember terminiert sind.
„Wir als Stadtverwaltung und die Ehrenamtlichen des Arbeitskreises hätten erwartet, vorab über die vorgezogene Schließung informiert zu werden“, sagt Stefan Bubeck. Seit 2014 arbeiten Mengener Bürger ehrenamtlich an der Integration von Asylbewerbern. Einige Flüchtlinge haben bereits eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz gefunden. Wenn sie nach Meßkirch, Gammertingen oder Sigmaringen umziehen müssten, dann sei ihr Arbeitsplatz gefährdet, sagt Bubeck. Wenn jemand beispielsweise für den Schichtdienst eingeteilt sei, passten die Fahrpläne des öffentlichen Personennahverkehrs nicht.
Jetzt herrscht Verunsicherung
Die Ehrenamtlichen suchen bereits Wohnungen für die Flüchtlinge, doch innerhalb weniger Tagen ist es fast unmöglich, im Stadtgebiet etwas zu finden. Stefan Bubeck hat dem Landratsamt seinen Unmut mitgeteilt und betont, dass man mit Bürgern, die sich ehrenamtlich engagieren, so nicht umgehen könne. „Die Ehrenamtlichen planen ein Begegnungsfest für Bürger und Flüchtlinge“, sagt Bubeck. „Nun sind alle verunsichert, ob es überhaupt noch stattfinden soll.“
Das Landratsamt hat sich beim Arbeitskreis Asyl inzwischen per EMail für die „verursachten Irritationen“entschuldigt. Der Umzug sei nun auf Ende September verschoben, sodass mit mehr Ruhe geplant werden könne, sagt Sabine Stark, Pressesprecherin des Landratsamts. Die Behörde werde zusammen mit den Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Asyl und jedem einzelnen Flüchtling individuell beraten, wo ein geeigneter Wohnort ist. „Wir werden dabei Dinge wie Schule, Sprachkurs, Ausbildungsplatz, Arbeitsplatz und Nationalität berücksichtigen“, sagt Stark und verspricht, dass die Rolle der Ehrenamtlichen damit deutlich gestärkt werde.
Einige legen ihr Ehrenamt nieder
Mitglieder des Arbeitskreises Asyl hatten sich vor drei Tagen zu einer Krisensitzung getroffen. Der Tenor: Seit Jahren bemühen sich die Ehrenamtlichen mit viel Energie und Zeitaufwand darum, die Flüchtlinge zu integrieren – und das Landratsamt macht alles zunichte. Dass ihre Arbeit so wenig Wertschätzung erfährt, empfinden sie als kränkend. Manche haben sich über den Umgang des Landratsamts so geärgert, dass sie mit sofortiger Wirkung ihr Amt niedergelegt haben.
Doch die meisten Ehrenamtlichen arbeiten weiter. Sie suchen nun Wohnungen für mindestens zehn Flüchtlinge. Stefan Bubeck hat zwei Plätze in städtischen Wohnungen zugesagt. „Es ist keine Pflichtaufgabe der Stadt, aber wir helfen mit, um Lösungen zu finden“, sagt der Bürgermeister. Dafür ist ihm der Arbeitskreis dankbar. „So bringen wir schon mal zwei Flüchtlinge, die im Schichtdienst arbeiten, unter“, sagt Liane Schmid. Alle wissen: Die Suche nach Zimmern und Wohnungen ist in Mengen schwierig. Auch die katholische Kirchengemeinde arbeitet aktiv mit. Das Team, das intensiv nach Wohnraum sucht, wartet nun darauf, dass sich das Landratsamt meldet, um die Gespräche zu führen und die Umzüge zu planen.
Der Arbeitskreis Asyl verkleinert sich. Aktiv bleiben die Sportgruppe, das Asylcafé im Jugendraum, die Sprachpaten und Betreuer. „Vor Ort wohnen ja einige Flüchtlinge, die wir schon lange und weiterhin begleiten“, sagt Horst Reinauer.