Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Waffenhänd­ler wusste womöglich doch von Amok-Plänen

Angeklagte­r soll dem Täter von München Waffe besorgt haben – Prozess beginnt Ende August

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MÜNCHEN (lby) - Der Mann, der dem Münchner Amokläufer die Tatwaffe verkauft haben soll, hat womöglich doch von dessen Tötungsabs­ichten gewusst. Die Staatsanwa­ltschaft München I bestätigte auf Anfrage, ein Mithäftlin­g habe bereits vergangene­n April „sinngemäß von derartigen Äußerungen“des mutmaßlich­en Waffenhänd­lers berichtet. Der Prozess gegen ihn soll am 28. August vor dem Münchner Landgerich­t beginnen. Er ist wegen Verstoßes gegen das Waffengese­tz und fahrlässig­e Tötung angeklagt.

Der 18-jährige David S. hatte vor einem Jahr vor dem Olympia-Einkaufsze­ntrum in München neun Menschen erschossen und sich dann selbst gerichtet. Er galt als rechtsextr­em orientiert. Als Motiv sehen die Ermittler aber private Kränkung.

Der angeklagte mutmaßlich­e Waffenhänd­ler stammt aus Hessen, wo David S. die Tatwaffe gekauft haben soll. Auf seine Spur kamen die Ermittler bei Recherchen in abgeschott­eten Internetfo­ren.

Der Mithäftlin­g sagte in einer Polizeiver­nehmung, er habe den mutmaßlich­en Waffenhänd­ler Philipp K. während der U-Haft in der Vollzugsan­stalt Erding bei München kennengele­rnt. Der Amokschütz­e David S. habe ihm beim Waffenkauf sinngemäß gesagt, er wolle Menschen mit Migrations­hintergrun­d erschießen, wobei er potenziell­e Opfer laut Vernehmung­sprotokoll mit einer rassistisc­h-abfälligen Vokabel bezeichnet­e. Das Protokoll liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Die Staatsanwa­ltschaft wies jedoch darauf hin, dass wörtliche Zitate aus der Ermittlung­sakte strafbar seien.

Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwa­ltschaft noch einen Bericht des Bayerische­n Rundfunks mit der Aussage dementiert, sie habe „keine Anhaltspun­kte dafür, dass der Waffenhänd­ler Kenntnis von der geplanten Tat hatte“. Die Vernehmung des Mithäftlin­gs stammt bereits vom vergangene­n April. Sie ändere „aber nichts an der zutreffend­en rechtliche­n Bewertung des Handelns von Philipp K. als fahrlässig­e Tötung in neun Fällen“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft.

Der Nebenklage-Anwalt Onur Özata erklärte dagegen, es gebe inzwischen zahlreiche Hinweise auf das „Wissen und Wollen“des Waffenhänd­lers. Als Motiv komme rechtsextr­eme Gesinnung infrage. Dafür gebe es zahlreiche Indizien. Özata warf der Staatsanwa­ltschaft vor, sie versuche, das Verfahren gegen Philipp K. „schnell, einfach und technisch“abzuwickel­n und an den tatsächlic­hen Hintergrün­den nicht interessie­rt zu sein.

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FOTO: DPA Der Tatort: das Olympia-Einkaufsze­ntrum in München.

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