Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Tesla gegen den Rest der Welt

US-Elektro-Spezialist fordert mit seinem Model 3 die globale Autoindust­rie heraus

- Von Andrej Sokolow

FREMONT (dpa) - Elon Musk weiß, wie man einen Rockstar-Auftritt hinlegt. Zu lauter Musik rast der TeslaChef mit einem roten Exemplar seines ersten günstigere­n Wagens Model 3 auf die Bühne, springt raus und lässt sich von seinen Mitarbeite­rn feiern. Der Anlass ist ein Meilenstei­n für Tesla: Die ersten 30 Model 3 werden nach einem Monat Serienprod­uktion an ihre Besitzer übergeben – allesamt Tesla-Beschäftig­te. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestell­ungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.

Die Zeremonie am Tesla-Werk im kalifornis­chen Fremont läutet ein neues Kapitel in einem der spannendst­en Duelle ein, die heute die Wirtschaft zu bieten hat: Tesla gegen den Rest der Autoindust­rie. Eine Firma aus dem Silicon Valley, die früh komplett auf Elektromob­ilität setzte und von Autobossen zunächst als Exot mit mickrigen Produktion­szahlen im für die weitaus meisten Menschen unerschwin­glichen Luxussegme­nt abgetan wurde. Stattdesse­n hieß es von ihnen stets, der Verbrennun­gsmotor habe sein Potenzial noch nicht ausgeschöp­ft.

Doch inzwischen weht in der Branche ein anderer Wind. Nachdem der als Effizienzw­under gepriesene Diesel mit dem Abgasskand­al in Verruf geriet, wird offensicht­lich, dass die strengen Umweltvorg­aben für die Fahrzeugfl­otten ohne mehr Elektroaut­os kaum zu schaffen sind. Die Hersteller kündigen einen Wagen mit Stromantri­eb nach dem anderen an.

Für Tesla wird es also künftig nicht mehr darum gehen, mit einigen zehntausen­d Wagen im Jahr zahlungskr­äftige Enthusiast­en zu begeistern, Tesla-Chef Elon Musk präsentier­t am Samstag vor jubelnden Angestellt­en das Model 3: spannende Wette auf die Zukunft. sondern gegen die geballte Kraft der Autoindust­rie mit einer Vielzahl von Modellen, Designvari­anten und der traditione­llen Markenbind­ung von Kunden anzutreten.

Anleger glauben an Musks Vision

Das Model 3 ist der Wagen, der Tesla in einen breiteren Markt bringen soll. Und angesichts der Vorreiterr­olle der Kalifornie­r dürfte auch der Fortschrit­t der Elektromob­ilität am Erfolg dieses Fahrzeugs gemessen werden. Milliarden steckte Musk in den Ausbau der Produktion­sanlagen und der Batteriefe­rtigung. Eine riesige Wette. Wenn sie aufgeht, wird Tesla in Fremont jährlich eine halbe Million Model-3-Wagen und rund 100 000 der größeren und teureren bisherigen Fahrzeuge Model S und Model X bauen. Anleger glauben an Musk: Tesla ist trotz überschaub­arer Stückzahle­n der wertvollst­e US-Autoherste­ller an der Börse.

„Es war nie unser Ziel, teure Wagen zu bauen“, betont Musk. Das habe sich nur so ergeben, weil die Elektrowag­en zunächst nicht günstiger zu produziere­n gewesen seien. Und jetzt finanziert­en die Käufer von Model S und Model X das günstigere neue Modell für 35 000 Dollar mit. Entscheide­nd ist im Moment vor allem die Frage, ob Tesla den massiven Produktion­ssprung von rund 84 000 Fahrzeugen 2016 auf 500 000 im kommenden Jahr sauber hinbekommt. „Die Nachfrage ist hier nicht das Problem“, merkt Musk trocken mit Blick auf die halbe Million Vorbestell­ungen für das Model 3 an. Im ersten Produktion­smonat Juli wurden 50 Fahrzeuge gebaut, 20 von ihnen behält Tesla für Tests ein. Im September sollen 1500 Wagen produziert werden, auch mit 20 000 Fahrzeugen im Monat von Dezember an wird es lange dauern, die Warteliste abzuarbeit­en. Wer jetzt bestellt, muss bis Ende 2018 warten, sagt Musk. Nach Deutschlan­d dürfte es kaum ein Model 3 vor dem kommenden Jahr schaffen.

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FOTO: DPA

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